1596 - Dämonengold
aus der Nähe anschauen.«
»Danke.«
Ich winkte ab und ließ Johnny erst trinken, bevor ich ihn erneut ansprach.
»Einige Informationen brauche ich schon noch von dir. Wales ist groß, die Küste lang.«
Er nickte heftig.
»Ricky lebt recht einsam. Nicht mehr bei seinen Eltern. Er hat sich auch einen Job gesucht, der ihn in dieser einsamen Gegend sogar ernährt.«
Das wunderte mich, und so fragte ich: »Was macht er denn?«
»Ganz einfach. Er ist ein Fremdenführer. Man kann ihn mieten. Dann führt er Gruppen oder Einzelpersonen durch das Gelände und zeigt ihnen Stellen, wo es etwas Besonderes zu sehen und erkunden gibt.«
»Was ist das?«
»Alte Burgen und Gemäuer. Auch Orte, an denen es spukt. Er führt sie auch in kleine Museen und so weiter. Wie ich beim Telefonieren heraushören konnte, macht ihm der Job Spaß.«
»Gut.«
So richtig überzeugt war Johnny noch nicht.
»Und du willst wirklich los?«
»Ja, das habe ich dir doch gesagt.« Ich grinste. »Menschen mit einer goldenen Haut haben mich schon immer interessiert. Ob du es glaubst oder nicht.«
Er atmete auf und sagte mit leiser Stimme: »Ah, das hört sich richtig gut an.«
Ich freute mich, dass er so erleichtert war.
»Keine Sorge, Johnny, das werde ich schon hinkriegen. Ich sage auch deinen Eltern nichts.«
»Das ist gut.«
»Und nimmst du Suko mit?«
Da schüttelte ich den Kopf. »Nein, Johnny. Das ist ja kein offizieller Auftrag. Einer von uns muss hier in London bleiben. Du weißt selbst, dass wir nie Ruhe bekommen.«
»Das ist wohl wahr.« Er hob seine Augenbrauen und flüsterte: »Wann kannst du denn fahren?«
»Morgen.«
»Die Strecke ist verdammt weit.«
»Das weiß ich. Mit einem Flieger werde ich sie wohl abkürzen. Da habe ich weniger Probleme.«
Er war beruhigt, lehnte sich zurück und lächelte. Ich glaubte ihm alles, denn Johnny war kein Aufschneider oder Spinner. Und Gold, das verflucht worden war, das interessierte mich schon.
Aber noch mehr diese geheimnisvolle Stimme, die Johnnys Bekannter gehört hatte. Es konnte die Stimme des toten Kapitäns gewesen sein.
Das hörte sich zwar unmöglich an, aber ich kannte mehr als einen Fall, wo jemand, der eigentlich hätte tot sein müssen, nicht tot war. Da spielten dann Mächte eine Rolle, die mit der Hölle zu vergleichen waren.
»Möchtest du noch was trinken, Johnny?«
»Nein, John, danke.«
»Okay, dann machen wir uns wieder auf die Socken. Oder ist dir noch etwas eingefallen, was ich wissen müsste?«
»Nein.«
»Gut, dann wollen wir mal sehen, wie sich ein Mensch mit goldener Haut verhält.«
Johnny sah mich sehr ernst an. »Bestimmt nicht freundlich, John. Hinter so etwas kann nur der Teufel stecken.«
»Kann sein. Gold war schon immer etwas, mit dem er die Menschen gelockt hat, und das hat sich in der Gegenwart nicht geändert und wird auch in Zukunft so bleiben…«
***
»Möchten Sie noch einen Tee, Mrs. Barkin?«
Die Frau, die aus dem Fenster in die Landschaft geschaut hatte, zuckte leicht zusammen, nachdem sie angesprochen worden war.
Sie drehte sich um und sah die Pensionsinhaberin neben sich stehen.
»Danke, Mrs. Orwell, aber es reicht.«
»War das Frühstück gut?«
»Bestens.«
»Dann bin ich zufrieden.«
»Das können Sie auch sein.« Ciaire Barkin nickte der Wirtin zu, die sich umdrehte und das Zimmer verließ, in dem sich außer Ciaire Barkin niemand aufhielt.
Um diese Jahreszeit verirrte sich kaum jemand in eine einsame Gegend wie dieser. Kälte und Herbststürme hielten die Menschen davon ab.
Ciaire Barkin arbeitete als Stuntfrau freiberuflich für Filmgesellschaften.
Sie fungierte nebenbei auch als Scout. Man konnte sie mieten, und das taten die verschiedenen Filmfirmen gern, wenn es darum ging, dass für bestimmte Filmszenen die entsprechenden locations gesucht wurden.
Besonders in den Action-Streifen gab es zahlreiche Außendrehs.
Ciaire war nicht aus privaten Gründen unterwegs. Sie hatte den Auftrag, eine location zu finden, die sich für einen Piratenfilm eignete. Möglichst mit einer wilden Küste. Dafür war Wales das richtige Land.
Ciaire kannte die Gegend nicht besonders gut. Sie war in ihrem Leben zweimal dort gewesen, aber viel gesehen hatte sie damals von dieser Landschaft nicht.
Und so war es ihr nach einigem Suchen gelungen, einen Führer zu finden, der sich auskannte und ihr alles zeigen wollte. Ein junger Mann mit dem Namen Ricky Waiden.
Sie hatten sich treffen wollen, und Ciaire wusste auch, wohin sie
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