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1597 - Abschied von der Unsterblichkei

Titel: 1597 - Abschied von der Unsterblichkei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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auf ihr Zeichen.
    Anna lächelte nicht mehr. Sie war todernst und reichte Noro persönlich den Becher. In der anderen Hand hielt sie den, der für sie selbst bestimmt war. „Auf ein anderes Leben, Noro", sagte sie. „Dort, wo es keine Qualen mehr gibt. Wir werden wieder zusammen sein ..."
    „Ja", flüsterte die Marsianerin. „Ja ..."
    Anna stand auf und hob ihre freie Hand. Hunderte Augen waren auf sie gerichtet. Die Worte, die die letzten in ihrem Leben sein sollten, lagen schon auf ihren Lippen, als die Fremde erschien. „Wartet noch!" rief die Frau, deren Gesicht behaart war. Sie streckte einen Arm in die Höhe. „Bitte wartet und hört mich an ...!"
     
    *
     
    Noro hatte den Becher schon an den Mund gesetzt, mit zitternden Fingern, den Körper von Krämpfen geschüttelt. Ihre Kehle war schon bereit, doch sie sah sich unwillkürlich nach der Ruferin um.
    Das Erstaunen über ihr plötzliches Erscheinen und ihr fremdartiges Aussehen rettete ihr wahrscheinlich das Leben.
    Natürlich hatte sie schon viel von den Linguiden und ihren Friedensstiftern gehört. In ihrem jetzigen Zustand sah sie eine Zeitlang nur eine Fremde, die beschwörend auf die Selbstmörder einzureden begann.
    Noro wußte nicht, was mit ihr geschah. Die ersten Worte der Linguidin waren so geschickt gewählt, daß sie ihr einfach weiter zuhören mußte.
    Und das tat jeder.
    Mit einem schnellen Blick sah Noro, daß selbst Anna der Fremden zu lauschen begann. Anna, die Prophetin des Exodus. Anna, die Geheimnisvolle mit immer den richtigen Worten, um das zu erreichen, was sie wollte und was sie für richtig hielt.
    Doch dieser anderen Frau gegenüber zog sie den kürzeren.
    Anna setzte mehrmals zu einer Erwiderung an, während die Linguidin redete und auf eine faszinierende Art und Weise sanft gestikulierte.
    Nie brachte sie es fertig, die Linguidin zu unterbrechen.
    Irgendwann, als der Becher mit dem Gift längst aus Noros Hand geglitten war, sprang Anna vom Podest und näherte sich zaghaft der Behaarten.
    Noro wußte nicht, was mit ihr vorging. Die Fremde sprach davon, daß diese schlimmen Tage vorbeigehen würden. Sie beschwor die Versammelten, ihr Leben nicht voreilig zu verschenken, und es war wie ein Zauber, der auf alle wirkte. Die qualvollen Visionen vom Ende der Zeit und dem alles Verschlingenden blieben zwar, aber sie verloren einen großen Teil ihrer Schrecken.
    Diese fremde Frau - und plötzlich erkannte Noro die Friedensstifterin Dorina Vaccer in ihr - gab ihnen die Kraft zurück, an das Morgen zu glauben. Ihre Worte waren wie ein Feuer. Sie gaben die Kraft und den Willen zu leben.
    Als Dorina Vaccer schwieg, standen die Marsbewohner, die sich zum Massenselbstmord eingefunden hatten, mit gesenkten Köpfen vor ihr, still und beschämt.
    Noro verstand wirklich nicht, was diese Frau mit Worten geschafft hatte, aber das interessierte sie jetzt auch nicht sehr. Sie sah wieder ein Morgen. Sie hatte den Glauben daran zurückgefunden, gegen das Monster bestehen zu können, und sie hatte in diesen Minuten nur den einen Wunsch, dieser wunderbaren Frau zu danken.
    Anna stand vor der Linguidin und hielt deren Hand.
    Noro hörte sie Worte sagen, die sie nicht für möglich gehalten hatte. Während ringsum alle anderen aufbrachen und zu ihren Wohnungen zurückkehrten, erklärte Anna der Friedensstifterin ihre Bewunderung und bat sie, von ihr lernen zu dürfen. Sie weinte, als sie bekannte, fast ein fürchterliches Verbrechen begangen zu haben - ohne es als solches angesehen zu haben. Sie hatte tatsächlich das Beste für diejenigen gewollt, die ihre Botschaft gefolgt waren. Jetzt sah sie ein, daß es ihr nicht anstand, den Zeitpunkt zum Sterben für sich und andere Wesen zu bestimmen.
    Sie tat Noro leid. Gleichzeitig fühlte Noro eine noch größere Bewunderung für Anna als bisher schon. „Ich möchte bei dir bleiben", sagte sie zu Anna. „Jeth ist tot, und nach allem, was ich durchgemacht habe, habe ich hier keinen Halt mehr."
    Anna legte einen Arm um ihre Schulter und blickte die Linguidin fragend an.
     
    8.
     
    25. März 1174 NGZ; Mars Zwei Tage lang hatten Perry Rhodan, sein Sohn Michael und Atlan darauf warten müssen, Dorina Vaccer gegenüberzutreten. Das Treffen hatte sich immer wieder verschoben, nachdem die Friedensstifterin zuerst die Katastrophe im Prydania-Park verhindern konnte und anschließend, zusammen mit einigen ihrer Schüler, in die Metropolen des Mars reiste und dort half, wo es nur ging. Sie konnte viele Marsianer von

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