1599 - So rächt sich eine Horror-Braut
Schultern.
»Aber der Portier hat sie heute schon gesehen«, verriet ich ihr.
»Was?«
»Ja…«
»Dann ist das an mir vorbeigegangen. Ich liege ja nicht auf der Lauer und beobachte meine Nachbarn. Es ist ja nichts Illegales, wenn sie die Wohnung betritt.«
»Das sehe ich auch so.«
»Wollen Sie denn hinein?«
»Das würde ich gern.«
»Dann sollten Sie klingeln.«
»Habe ich bereits getan. Es wurde mir leider nicht geöffnet. Entweder ist sie wieder weg oder sie will keinen Besuch. Der Portier jedenfalls hat sie nicht weggehen sehen.«
Rosa Shield lächelte und sagte leise: »Ich habe ja noch den Schlüssel.«
»Darum wollte ich Sie gerade bitten.«
Sie reagierte nicht sofort und schaute mich erst einmal lange an. »Gern tue ich das nicht. Aber Sie sind ja nicht irgendwer.«
»Da haben Sie recht.«
»Moment.« Rosa Shield erhob sich aus ihrem Sessel. »Ich muss in die Küche. Dort habe ich ihn aufbewahrt.«
»Okay.«
Ich war froh, dass alles so gut abgelaufen war und dass Rosa Shield zu mir Vertrauen hatte.
Ich lauschte in mich hinein und dachte daran, dass auch dieses Gespräch nicht viel gebracht hatte. Julia Potter und Tony Foster hatten gelebt wie ein normales Ehepaar, daran gab es nichts zu rütteln.
Trotzdem gab es ein Geheimnis zwischen ihnen, das ich nur zu gern ergründet hätte.
Ich fragte mich auch, ob man beide Menschen noch als ein normales Ehepaar bezeichnen konnte. Der smarte Tony hatte seine Julia bestimmt nicht aus Liebe geheiratet. Ich ging davon aus, dass es sich mehr um Berechnung gehandelt hatte. Nur war seine Rechnung nicht aufgegangen. Er war jetzt tot. Und ich suchte seinen Mörder.
Aber auch Julia war tot. Davon hatte Rosa Shield nichts gewusst. Nur war sie offiziell verstorben, damit ihr Mann an die Geldsumme herankam.
Wahrscheinlich war sie auch nicht von der Klippe gestürzt. Sie und ihr Mann hatten ihren Tod vorgetäuscht. Das Geld hätte ihnen beiden gut getan.
Aber warum hatte Foster trotzdem sterben müssen?
An dieser Frage verzweifelte ich fast. Jedenfalls hatte ich eine Geschichte mit viel Lug und Trug gehört und war bereit, die Vorhänge zur Seite zu reißen, um Klarheit zu bekommen.
Mit dem Wohnungsschlüssel in der Hand kehrte Rosa Shield wieder zurück. »So, hier ist er.«
Ich stand auf und bedankte mich. Den Schlüssel bekam ich noch nicht.
Dafür fragte sie: »Soll ich nicht lieber mit in die Wohnung gehen, Mr. Sinclair?«
»Nein, lassen Sie das mal. Ich bin der Polizist.«
»In der Tat.«
»Jedenfalls bedanke ich mich für den Schlüssel. Ich werde ihn wieder zurückbringen.«
»Danke.«
Die Frau brachte mich noch zur Tür und schaute zu, wie ich den Flur betrat.
Ob sie die Tür ganz schloss, wusste ich nicht. Ich konnte sie nicht dazu zwingen.
Geschellt hatte ich bereits. Das wollte ich nicht wiederholen. Behutsam ließ ich den Schlüssel ins Schloss gleiten und drehte ihn so langsam wie möglich herum.
Jetzt war die Tür offen, und ich konnte sie nach innen drücken. Auch dabei versuchte ich, so wenig Geräusche zu machen wie möglich. Wenn sich jemand in der Wohnung aufhielt, sollte er mich so spät wie möglich bemerken.
Es meldete sich niemand. Es war keine Alarmglocke zu hören. Ich glitt in einen Flur hinein, der sich vor der Tür in die Länge zog. Zu beiden Seiten gingen Türen ab. Schon jetzt sah ich, dass diese Wohnung größer war als die von Rosa Shield.
Und sie war leer.
Keine Musik, keine Stimmen, auch keine leichten Schritte oder das Klappern von Geschirr. Auch ich achtete darauf, so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen.
Eine Tür stand so weit offen, dass Helligkeit bis in den Flur drang.
Ich warf einen Blick in den dahinter liegenden Raum, sah zuerst eine breite Fensterfront und einen Balkon. Die Gardinen waren zur Seite gezogen, sodass mein Blick ins Freie ging.
Das Zimmer war eingerichtet, aber es sah auch leer aus. Ich ging über die Schwelle und sah meine Vermutung bestätigt.
Aber ich hörte zugleich hinter mir ein leises Geräusch und dann die kalte Frauenstimme: »Wenn ich dir jetzt eine Kugel in den Kopf schieße, wird man das als Notwehr ansehen. Deshalb würde ich dir raten, die Arme zu heben und die Hände hinter dem Kopf zu verschränken…«
***
Reingelegt!, dachte ich. Diese Julia Potter war doch raffinierter, als ich es gedacht hatte.
»Okay«, sagte ich mit leiser Stimme. »Sie können sich die Kugel sparen. Ich werde tun, was Sie verlangen.«
»Coole Antwort.«
»Wir sollten uns doch
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