Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gut gehen. Darum habe ich ihr einen Räderstuhl machen lassen, auf welchem sie sich fahren läßt. Jetzt ist sie nicht daheim, und du kannst ihn also benutzen.“
    „Das ist eine sehr große Wohltat für mich.“
    „Ich werde den Stuhl gleich holen lassen. Humun wird dich fahren und euch überhaupt bedienen.“
    Dieser Bursche sollte uns jedenfalls beobachten, so daß wir nichts unternehmen konnten, ohne daß er es bemerkte. Ich erwiderte also:
    „Ich darf dich deines Leibdieners nicht berauben und bin gewöhnt, mich von meinen Gefährten unterstützen zu lassen.“
    „Das kann ich nicht dulden“, entgegnete er. „Sie sind ebenso meine Gäste wie du, und es wäre eine Unhöflichkeit von mir, sie als untergeordnete Personen zu behandeln. Rede mir also nichts darein. Humun ist beauftragt, eure Befehle auszuführen und immer bei euch zu sein.“
    Immer bei uns zu sein! Das heißt, wir waren unter seine Aufsicht gestellt. Wie konnte ich ihn nur los werden?
    Er brachte den Stuhl, ich setzte mich hinein und verabschiedete mich von unserem Wirt. Der Diener schob mich hinaus, und die anderen folgten.
    Wir kamen durch den weiten Flur des Hauptgebäudes zunächst in einen Hof, welcher als allgemeine Düngerstätte benutzt zu werden schien. An zwei Seiten standen niedrige, schuppenähnliche Gebäude, welche mit Stroh gefüllt waren. Die vierte Seite des Hofes enthielt Stallungen und hatte in der Mitte einen Durchgang, durch welchen wir in den Garten gelangten.
    Dies war ein Rasenplatz, auf welchem zahlreiche Heuschober standen. Dann kamen wir an einige Beete mit Küchengewächsen, zwischen denen einige Blumen blühten. Sollte dies der berühmte ‚Garten der Glückseligen‘ sein? Nun, in diesem Fall hatte der Prophet von dem Geschmack der Moslemim gar keine sonderliche Vorstellung gehabt.
    Als wir an diesen Beeten vorüber waren, erreichten wir abermals einen Rasenplatz, welcher größer als der vorige war. Auch hier standen mehrere große Feime, aus Heu und verschiedenen Getreidearten errichtet. Und da ragte nun der ‚Turm der alten Mutter‘ auf.
    Er war ein rundes, sehr altes Bauwerk mit vier Fenstern übereinander, also von ziemlicher Höhe. Fenster aus Glas aber waren, wie gewöhnlich, nicht da. Der Eingang stand offen.
    Das Erdgeschoß bestand aus einem einzigen Raum, aus welchem eine ziemlich gebrechliche Treppe nach oben führte. Ich sah, daß Matten an der Wand hingelegt waren, auf denen einige Kissen lagen. In der Mitte des Raumes stand auf niedrigen Füßen ein viereckiges Brett, welches uns wahrscheinlich als Tisch dienen sollte. Weiter gab es nichts.
    „Dies ist eure Wohnung, Herr“, erklärte Humun, nachdem er mich hineingeschoben hatte.
    „Wohnen öfters Gäste hier?“
    „Nein. Dieses Zimmer ist das beste, welches wir haben, und der Gebieter will dich dadurch auszeichnen, daß er es euch anweist.“
    „Was für Räume sind über uns?“
    „Noch zwei ebensolche, wie dieser hier, und dann kommt das Gemach des schönen Blickes in die Ferne; aber sie sind nicht möbliert, weil niemals jemand darin wohnt.“
    Die Wand, welche uns umgab, sah fast so aus, als ob hier öfters ein kleines Erdbeben die Mauersteine aus ihrer Fassung zu bringen pflege. Einen Bewurf der Mauer, ein Kamin gab es nicht. Es war ein kahles Loch.
    Übrigens war mir unterwegs ein Gedanke gekommen, wie ich den Diener loswerden könnte. Wir waren einem Arbeiter begegnet, welcher böse, triefende Augen hatte, und ich war dadurch unwillkürlich an den Umstand erinnert worden, daß die Orientalen alle den Aberglauben hegen, es gebe einen ‚bösen Blick‘. Die Italiener nennen das bekanntlich Jettatura.
    Sieht einer, welcher mit dem bösen Blick behaftet ist, den andern nur scharf an, so hat dieser alles mögliche Schlimme zu erwarten. Ein Mensch, welcher ganz zufälligerweise einen scharfen, stechenden Blick besitzt, kommt leicht in den Verdacht, ein Jettatore zu sein, und wird sodann von jedermann gemieden.
    Um Kinder gegen den bösen Blick zu schützen, bindet man ihnen rote Bänder um den Hals oder hängt ihnen ein Stückchen Koralle um denselben, welches die Form einer Hand besitzt.
    Erwachsene kennen nur ein einziges Mittel, sich vor den Folgen des bösen Blickes zu schützen. Dasselbe besteht darin, daß man die ausgespreizten Finger der erhobenen Hand dem Betreffenden entgegen hält. Wer das tut und sich dann schnell entfernt, bleibt vor den schlimmen Folgen der Jettatura bewahrt.
    „Ich bin sehr zufrieden mit dieser Wohnung“,

Weitere Kostenlose Bücher