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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der letzten Zeit erlebt haben.“
    „So mag er beginnen; ich höre.“
    Daß Halef erzählen sollte, war diesem sehr lieb. Aber daß der Mann ihn in so kurzer, halb befehlender Weise dazu mahnte, das ärgerte ihn. Ich wußte, was da gleich kommen würde.
    „Erlaube mir zunächst“, begann er, „dir zu sagen, wer derjenige ist, welcher die Güte hat, dir seine Worte zu widmen. Ich bin Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah. Mein berühmter Stamm reitet die besten Hassi-Ferdschahnstuten der Wüste, und die Krieger meiner Ferkah töten den Löwen mit der Lanze. Der Urahne meines Urgroßvaters ritt mit dem Propheten in die Schlacht, und der Aberurahne dieses Helden hat mit Abram, dem Vater Issaks, Wassermelonen verspeist. Ist die Reihe deiner Vorfahren auch eine so vollkommene?“
    „Die Reihe meiner Ahnen reicht hoch hinauf“, antwortete Murad Habulam etwas verlegen.
    „Das ist gut, denn man darf den Mann nicht nach seinen Pfeifen und Tassen, sondern nach der bekannten Zahl seiner Väter schätzen. Im Paradies harren Tausende meines Kommens, deren geliebter Nachkomme ich bin. Ich würdige nicht einen jeden meiner Rede, aber da mein Freund und Herr, der Hadschi Effendi Kara Ben Nemsi Emir es gewünscht hat, daß ich erzählen soll, so verlange ich, daß du mir deine ganze Aufmerksamkeit widmest.“
    Das kam alles so ruhig heraus, als sei er selbst dabei gewesen, als dieser Aber-urgroßahne mit Abraham Wassermelonen aß! Er tat ganz so, als ob es eine Gnade für unsern Wirt sei, daß er ihn seiner Rede würdigte.
    Nun lieferte er in wohlüberlegten Worten einen Umriß der letzten Ereignisse. Kein Jurist hätte es besser machen können, als der kleine Hadschi. Er sagte keine einzige Silbe, welche den früheren Lieferanten auf den Gedanken hätte bringen können, daß wir wußten, woran wir mit ihm waren.
    Ich hatte meine stille Freude über ihn und nickte ihm anerkennend zu, als er geendet hatte und mir nun einen fragenden Blick zuwarf, wie er seine Sache gemacht habe.
    Murad Habulam tat, als ob er ganz außer sich vor Erstaunen sei. Er legte seine Pfeife weg, was bei einem Muselmann sehr viel bedeutet, faltete die Hände und rief:
    „O Allah, Allah, sende doch deine Boten der Rache herunter auf die Erde, daß sie mit Feuer verzehren die Missetäter, deren Verbrechen zum Himmel schreien! Soll ich glauben, was ich vernommen habe? Ich vermag es nicht, nein, ich vermag es nicht!“
    Er fiel in Schweigen, nahm seinen Rosenkranz her und ließ die Perlen durch die hageren Finger gleiten, als ob er bete. Dann hob er plötzlich den Kopf empor, sah mich forschend an und fragte:
    „Effendim, bestätigst du die Wahrheit der Worte dieses Hadschi?“
    „Wort für Wort.“
    „Man hat euch also fast an jedem der letzten Tage töten wollen?“
    „Es ist so.“
    „Und ihr seid den Mördern so glücklich entgangen? Ihr müßt große Lieblinge Allahs sein!“
    „So wären also die Mörder, wenn ihnen ihre Absichten gelungen wären, Allahs Lieblinge?“
    „Nein, aber euer Tod wäre im Buch des Lebens verzeichnet gewesen, und was da verzeichnet steht, kann selbst Allah nicht ändern. Es ist Kismet.“
    „Nun, so will ich hoffen, es sei das Kismet dieser Halunken, daß sie schon hier auf Erden von ihrer Strafe ereilt werden.“
    „Das hat an dir gelegen, denn du hast sie verschont.“
    „Ich wollte nicht ihr Richter sein.“
    „Erzählst du das alles in deinem Buch? Von dem Schut, von den Aladschy, von Manach el Barscha, Barud el Amasat und von dem alten Mübarek?“
    „Alle erwähne ich.“
    „Das ist eine entsetzliche Strafe für sie. Und glaubst du, daß du nochmals mit ihnen zusammentreffen wirst?“
    „Ganz gewiß, denn sie verfolgen mich. Hier in deinem Hause bin ich freilich sicher; das danke ich dir und dem guten Schneider Afrit. Aber morgen, wenn ich weiter reite, werden die Missetäter wieder über mir sein.“
    „Du wirst meinem Hause nicht die Schande antun, daß du nur eine Nacht unter meinem Dach verweilst.“
    „Ich werde es mir überlegen. Übrigens ist es ja nach deiner eigenen Ansicht bereits seit Ewigkeit im Buch des Lebens verzeichnet, wie lange ich bei dir bleibe. Keiner von uns beiden kann hieran etwas ändern. Ja, selbst Allah kann es nun nicht anders machen.“
    „So ist es. Aber ich hoffe, daß ich noch lange das Licht deiner Augen über mir leuchten sehe. Ich wohne einsam in meinem Hause, und du wirst mir mein Dasein verschönern und die Leiden meiner Füße

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