16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren
verloren. Ich werde dieses Wort nie aussprechen, außer du zwingst mich dazu. Ehe ich in dieser Weise an dir zum Verräter werde, bediene ich mich lieber eines anderen Wortes, eines Wortes, welches man nicht hört, sondern sieht und fühlt. Und wenn du wissen willst, welches dieses Wort ist, so blicke her; ich habe es in der Hand!“
Er zog sein Messer aus dem Gürtel und schwang es über dem Mübarek.
„Allah! Willst du mich erstechen?“ rief dieser erschrocken.
„Heut nicht und auch fernerhin nicht, wenn du mich nicht dazu zwingst. Vergiß das nicht! Und nun gute Nacht!“
Er steckte das Messer wieder zu sich, entfernte die Bündel und kroch hinaus. Auf einen Wink Habulams folgte ihm Humun, der Diener, vorsichtig nach. Als dieser nach kurzer Zeit wiederkehrte, meldete er, daß der Miridit sich wirklich entfernt habe.
„Dem hat Allah den Verstand genommen!“ murrte Barud el Amasat. „Auf ihn ist nun nicht mehr zu rechnen.“
„Nein, nun nicht mehr“, stimmte der Mübarek bei. „Aber er hat mir nicht umsonst gedroht. Ich werde dafür sorgen, daß er uns nicht zu schaden vermag.“
„Willst du ihn töten?“ fragte Manach el Barscha.
„Was ich tun werde, das weiß ich noch nicht. Aber wir haben wieder deutlich ein Beispiel, wie notwendig es ist, diesen Deutschen mit seinen Genossen aus der Welt zu schaffen. Jetzt fragt es sich, wer von den anderen den Omar töten soll.“
„Ich nehme ihn auf mich“, sagte Humun, der Diener.
„Gut! So bleibt nur noch der kleine Hadschi übrig. Leider kann ich nicht dabei helfen, weil ich verwundet bin.“
„So gebt ihn in meine Hand“, meinte Manach el Barscha. „Es soll mir eine Wonne sein, ihm das Lebenslicht auszulöschen. Er ist klein und scheinbar schwach; aber man darf ihn nicht unterschätzen. Dieser Zwerg hat den Mut eines Panthers und ist gewandt wie ein Atmadscha (Sperber). Auch haben wir gehört, daß er bedeutende Körperkraft besitzt. Ihr dürft es mir also nicht etwa als einen Mangel an Mut auslegen, wenn ich mir ihn erwähle. Und was die Zeit betrifft, in welcher wir den Streich ausführen, so schlage ich vor, uns nicht für eine bestimmte Stunde zu entscheiden. Wir werden von Zeit zu Zeit lauschen. Sobald wir bemerken, daß sie sich niedergelegt haben, gehen wir an das Werk.“
„Das ist auch meine Meinung“, erklärte Habulam. „Ich habe die Vorbereitungen zu treffen und werde mich also nun entfernen. Humun geht natürlich mit mir; ich werde ihn aber von Zeit zu Zeit senden, um nachzufragen, ob wir beginnen können.“
Er stand von seinem Sitz auf.
„Warte noch einen Augenblick!“ bat der Mübarek. „Ich möchte dich noch um einiges Nebensächliche fragen.“
Das gab mir Veranlassung, mich zurückzuziehen. Nach der Entfernung des Wirtes wäre es mir vielleicht nicht leicht möglich geworden, die Feime zu verlassen. Es war anzunehmen, daß die andern sich schweigsam verhalten würden, und in diesem Fall mußten sie mich im Stroh rascheln hören. Jetzt aber ertönten die Stimmen der Sprechenden so laut, das niemand das Geräusch meines langsamen und vorsichtigen Rückkriechens vernehmen konnte. Es gelang. Wie aber nun nach dem Turm kommen? Es war zwar nicht weit, aber ich hatte nichts, worauf ich mich stützen konnte. Da wurde die Tür geöffnet, und Osco steckte den Kopf heraus, was er alle zwei bis drei Minuten getan hatte. Er bemerkte mich, kam hergeeilt, nahm mich huckepack auf seinen Rücken und trug mich in den Turm. Dort ließ er mich auf den Teppich nieder, da wo ich zuvor gesessen hatte, so daß ich die Tür vor mir hatte. Ich ließ dieselbe soweit öffnen, daß man von draußen einen Blick hineinwerfen konnte.
„Warum das?“ fragte Omar. „Es regnet ja herein.“
„Nicht viel. Das Wetter kommt von der anderen Seite. Der Wirt soll hereinblicken können, um zu sehen, daß wir alle beisammen sind. Janik aber mag sich so stellen, daß er nicht gesehen werden kann.“
Der Diener nahm den betreffenden Platz hinter der Tür ein, und nun erzählte ich, was ich gesehen und gehört hatte. Dabei hütete ich mich aber, aus meinen Mienen erraten zu lassen, daß unsere Unterhaltung eine so wichtige Angelegenheit betraf! Wenn Habulam und Humun jetzt hereinblickten und mich sprechen sahen, mußten sie denken, daß wir uns über einen höchst harmlosen Gegenstand unterhielten.
Mein Bericht dauerte so lange, daß ich nach seiner Beendigung annehmen konnte, Murad Habulam sei nun in das Schloß zurückgekehrt. Darum ließ ich die Tür
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