16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren
her. Er hatte einen Gedanken. Dann blieb er vor dem Diener stehen, legte demselben die Hand auf die Achsel und sagte:
„Janik, du bester und treuester der Freunde! Ich habe dich lieb, aber ich würde dich noch hundertmal mehr lieben, wenn du hättest, was ich brauche.“
„Nun, was bedarfst du denn?“ fragte der Angeredete.
„Ich bedarf eines Gegenstandes, welcher hier bei euch jedenfalls nicht vorhanden ist. Denn nicht wahr, bei euch gibt es keine Tulumba (Spritze, Feuerspritze)?“
„Eine große nicht, dafür aber eine Bostan fyschkyrmajü (Gartenspritze), welche auf zwei Rädern läuft.“
„Mensch! Mann! Freund! Bruder! Was für ein prächtiger Kerl bist du! Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß ihr eine Spritze habt!“
„Der Herr hat sie im vorigen Jahr aus Uskub kommen lassen, weil ihm immer die Feime angezündet wurde. Sie steht stets zum Gebrauch bereit im Garten.“
„Wie viel Wasser faßt sie denn?“
„Etwas mehr, als was in eine große Kurna (Badewanne) geht.“
„Das ist gut; aber was nützt mir die herrliche Bostan fyschkyrmajü, wenn die Hauptsache dazu nicht vorhanden ist.“
„Was meinst du denn?“
„Einen Kyrba (Schlauch), einen möglichst langen Kyrba. Aber ein solcher ist wohl nicht da?“
Der kleine Hadschi war ganz begeistert. Er sprach seine Fragen so angelegentlich aus, als ob es sich um das höchste Glück der Erde handle.
„O, einen Kyrba haben wir, nicht etwa zur Aufbewahrung des Wassers während der Reise, sondern einen Akar su getirdschi (Wasserbringer), wie er beim Löschen eines Feuers gebraucht wird. Nur fragt es sich, wie lang er sein soll.“
„So lang, daß er bis auf die Zinne des Turmes reicht.“
„So lang ist er, wohl sogar noch ein wenig länger.“
„Mann, ich muß dich umarmen! Komm an mein Herz; du bist die Freude meines Daseins, die Wonne meines Lebens und das Glück meiner Tage! Also eine Spritze ist vorhanden und auch ein Schlauch. Das ist zum Entzücken! Einen Schlauch, so lang, wie ich ihn brauche! Wer hätte geglaubt, diesen Gegenstand hier in Kilissely zu finden!“
„Dies ist leicht begreiflich. Ohne diesen Schlauch würde die Spritze uns nicht viel helfen, da wir das Wasser weit zu schleppen hätten.“
„Meinst du von dem Fischteich da draußen herein?“
„Nein; das wäre zu weit. Wir haben gleich hinter dem Turm, ganz an der Mauer desselben, ein großes Su deliki (Wasserloch), welches stets gefüllt ist. Dahin kommt die Spritze zu stehen, und den Schlauch führt man natürlich dorthin, wo es brennt.“
„Ein Su deliki, aus welchem man die Spritze füllen kann! Ist es tief? Ist es groß? Ist viel Wasser in demselben vorhanden?“
„Ich weiß nicht, wozu du das Wasser haben willst; aber ich glaube, daß es dir zu deinem Vorhaben nicht daran mangeln wird.“
„Glaubst du? Das ist wirklich herrlich! Deine Worte sind wie der Tropfen des Taues, welcher auf die verschmachtende Flur fällt. Deine Rede ist mehr als hundert Piaster wert, und wenn ich einst ein Bin kire bin sahibi (Millionär) geworden bin, sollst du sogar tausend erhalten. Du weißt also nicht, wozu ich das Wasser brauche?“
„Nein.“
„Du ahnst es auch nicht?“
„Nein.“
„So schütze Allah dein Gehirn, welches einer ausgetrockneten Zisterne gleicht. Merke auf, mein Sihdi wird sofort erraten haben, was ich beabsichtige. Nicht wahr, Herr?“
Da diese Frage an mich gerichtet war, so nickte ich mit dem Kopf.
„Und was sagst du dazu?“
Seine Augen leuchteten vor innerer Lust. Der Gedanke erfüllte ihn mit Entzücken, unsern Feinden einen Streich spielen zu können. Darum war er auch ziemlich enttäuscht, als ich ihm ernsten Tones antwortete:
„Es ist ein Tschodschukluk (Kinderei), weiter nichts!“
„Sihdi, das darfst du nicht sagen. Die Schurken besteigen den Turm, um uns zu töten. Du willst dafür sorgen, daß sie nicht herab können und während der ganzen Nacht oben bleiben müssen. Nun gut, so will ich das Meinige hinzufügen, daß sie sich nicht etwa übermäßig wohl da oben fühlen sollen. Wir pumpen ihnen das ganze obere Turmgemach voll Wasser. Dieses Gemach ist zwar rundum offen; aber die Wand ist dennoch so hoch, daß sie einem Mann bis an die Brust reicht, und so hoch sollen sie im Wasser stehen. Oder fühlst du Mitleid mit ihnen? Rührt es dich, daß diese Mörder sich vielleicht erkälten und einen kleinen Disch aghry-sty (Zehnschmerz) bekommen können?“
„Nein, das ist es nicht. Es ist ihnen zu gönnen, daß sie
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