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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er sie dem Richter überreichen.“
    „Das ist mir zu gefährlich!“
    „Halef, nimm den Stock!“
    „Warte noch!“ rief der Alte. „Du mußt doch bedenken, daß er sich dieser Schrift gegen mich bedienen kann, auch wenn ich gar nichts gegen ihn unternehme!“
    „Und du mußt bedenken“, entgegnete ich, „daß sie eigentlich gar keine Steigerung der Gefahr für dich enthält. Alle deine Dienstboten, welche hier stehen, haben euer Geständnis vernommen. Sie wissen, was geschehen ist, und bald werden alle Bewohner dieser Gegend erfahren, daß wir ermordet werden sollten, und daß du ein Giftmischer bist. Du wirst von den Leuten verachtet und gemieden werden. Eben dieser Umstand hat mich zu meinem milden Verfahren veranlaßt. Du wirst bestraft sein, ohne daß ich die Vergeltung übe. Diese Strafe kann durch die Schrift, um welche es sich handelt, weder beschleunigt, noch erhöht werden. Also besinne dich nicht lange, ich habe keine Zeit.“
    Halef gab dieser Aufforderung Nachdruck, indem er die Sohle des Alten mit dem Stock berührte, als ob er zielen wolle. Das wirkte.
    „Du sollst die Schrift haben“, erklärte Habulam. „Bindet mich los.“
    Es geschah, und er ward nun in Begleitung Halefs und Oscos in seine Wohnung geschickt, um das Geld und die Schreibmaterialien zu holen.
    Er humpelte langsam hinaus, und seine zwei Wächter gingen mit. Die an der Hinterwand stehenden Knechte und Mägde flüsterten miteinander. Dann kam einer der Burschen herbei und sagte:
    „Effendi, wir wollen nicht mehr bei Habulam bleiben; er aber wird es nicht freiwillig zugeben, und so möchten wir dich ersuchen, ihn dazu zu zwingen.“
    „Das kann ich nicht.“
    „Du hast es doch für Janik und Anka getan!“
    „Ihnen war ich Dank schuldig. Sie haben uns das Leben gerettet. Ihr aber seid mit den Mördern in gutem Einvernehmen gewesen.“
    „Das ist nicht wahr, Effendi!“
    „Habt ihr nicht ihre Pferde bewacht?“
    „Ja; aber wir haben den ganzen Abend und die ganze Nacht im strömenden Regen gestanden und erwarteten eine Belohnung; aber als diese Leute aufbrachen, waren sie sehr zornig und haben unsere Dienste mit Schlägen belohnt.“
    „Wann sind sie fort geritten?“
    „Als kaum der Morgen graute.“
    „Welche Richtung schlugen sie ein?“
    „Sie ritten nach der Uskuber Straße.“
    „Wo standen ihre Pferde?“
    „Außerhalb des Dorfes, bei den Aiwa aghadschylar (Quittenbäume).“
    „Wenn du mich hinführst, werde ich versuchen, eure Entlassung zu ermöglichen.“
    „So tue ich es gern.“
    Jetzt kehrte Habulam mit den beiden Wächtern zurück. Omar trug Papier, Tinte und Feder. Halef trat mit einem Beutel auf mich zu und sagte:
    „Hier sind die tausend Piaster, Sihdi. Ich habe sie genau nachgezählt.“
    Ich steckte den Beutel ein.
    Habulam war zu Janik und Anka gehinkt. Er gab beiden ihr Geld und sagte dabei in grimmigem Ton:
    „Hebt euch von dannen, und gebt den Wagen ehrlich in Uskub ab. Ich aber werde täglich beten, daß Allah eure Ehe mit Unglück und Zwietracht schlagen möge.“
    Diese Worte erregten den Zorn Janiks. Er steckte sein Geld ein und antwortete:
    „Du beleidigst uns, und doch bist du ein Bösewicht, wie es wohl keinen zweiten mehr gibt. Diesmal bist du dem Henker entschlüpft, weil der Effendi ein Christ ist und Gnade walten ließ. Aber es wird bald die Stunde kommen, in welcher eure ganze Räuberbande der verdienten Strafe verfallen wird. Eure Stunden sind gezählt, denn euer Anführer wird der Tapferkeit des Effendi erliegen.“
    „Er mag ihn suchen!“ höhnte der Alte.
    „O, er wird ihn finden; er weiß ja, wo er steckt!“
    „Ah, weiß er das wirklich?“
    „Denkst du, es sei uns nicht bekannt? Ich selbst werde mit nach Karanorman-Khan gehen, um dem Effendi beizustehen.“
    Da war das Wort heraus! Ich hatte dem Unvorsichtigen gewinkt – er sah es nicht. Ich wollte ihn unterbrechen, aber er sprach in seinem Eifer so schnell, daß ich meine Absicht nicht erreichte. Ich wollte doch nicht wissen lassen, daß mir der Ort bekannt sei.
    Habulam horchte auf. Sein Gesicht nahm den Ausdruck der Spannung an.
    „Kara-nor-man-Khan!“ rief er, indem er die beiden Silben ‚nor-man‘ besonders betonte. „Was ist das für ein Ort?“
    „Ein Ort bei Weicza, an welchem sich euer Führer aufhält.“
    „Karanorman-Khan! Ah, das ist sehr gut! Was sagst du dazu, Suef?“
    Dabei stieß er ein höhnisches Gelächter aus.
    Der angebliche Schneider hatte sich umgedreht, als er den Namen hörte,

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