Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Solche Geheimnisse verrät man selbstverständlich nicht gern.“
    „So könnten wir also ganz nach unserem Belieben auf euch schießen?“
    „Ja, wenn euch nämlich euer Leben zum Überdruß geworden ist.“
    „Wieso? Ich verspüre noch gar nichts von einem solchen Überdruß.“
    „Dann nimm dich in acht, und schieße ja nicht etwa auf irgend einen von uns, ohne ihn vorher um Erlaubnis gefragt zu haben!“
    „Warum denn nicht, Effendi?“
    „Wenn wir die Genehmigung dazu erteilen, so kann man es ohne Schaden tun. Wer es aber hinterrücks verübt, dessen Kugel fliegt auf ihn zurück, und zwar genau auf diejenige Stelle seines Körpers, auf welche er bei dem unserigen gezielt hat.“
    „Also wenn ich auf den Kopf deines Hadschi oder auf den deinigen ziele, so fliegt mir die Kugel in meinen eigenen Kopf?“
    „Ganz sicher. Willst du es einmal probieren?“
    „Nein, Effendi, ich danke! Aber warum habt ihr es denn grad so eingerichtet und nicht anders?“
    „Das kann dir dein Scharfsinn sehr leicht sagen: nämlich um etwaiger Feinde willen. Um diese zu bestrafen, ist es nicht genug, daß ihre Kugeln uns nichts schaden, sondern sie müssen sich selbst genau so treffen, wie sie uns treffen wollten. Das ist das alte Gesetz der gerechten und genauen Wiedervergeltung.“
    „Ewwet, göz itschün göz, disch itschün disch – ja, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Da mag ich nicht euer Feind sein. Wann reitet ihr wieder fort von hier?“
    „Du freust dich wohl auf unsere Entfernung?“
    „Nein; ich wollte lieber, ihr bliebet immer da. Aber eine große Umwälzung hast du uns gebracht.“
    „Jedoch zum Guten!“
    „Ja, und dafür sind wir dir dankbar, obgleich man lieber alles lassen soll, wie Allah es gemacht hat.“
    „Hat Allah es gewollt, daß der Mübarek euch betrog und daß der Kodscha Bascha eure Gefangenen befreite?“
    „Das wohl nicht.“
    „Wie geht es dem Kodscha Bascha?“
    „Er steckt fest.“
    „Hoffentlich wirst du nichts unternehmen, was geeignet wäre, ihn der gerechten Strafe zu entziehen.“
    „Was denkst du von mir! Ich bin ein getreuer Diener des Padischah und tue stets meine Pflicht. Dafür aber könntest du mir nun auch den Gefallen erweisen und dem Hadschi ein gutes Wort geben.“
    „Nun, ich will ihn erinnern.“
    „Und erlaubst du, daß ich noch einige Leute hole?“
    „Ich habe nichts dagegen.“
    „Ich bin bald wieder da. Ich muß es dem guten Toma sagen, der es so sehr gern sehen möchte.“
    „Wer ist dieser Toma?“
    „Er ist einer, welcher Aufträge besorgt und macht den Boten zwischen hier und Radowitsch.“
    „Ein braver Mann?“
    „Recht brav. Als du dich gestern entfernt hattest, lobte er dich gar sehr. Ich erzählte ihm, daß dein Hadschi Koranblätter verspeist und infolgedessen kugelfest ist. Er wollte das so gern auch sehen; er freut sich über euch und ist euer Freund. Darf ich ihn holen?“
    „Bringe ihn!“
    Er ging eiligen Schrittes davon.
    Diese Leute waren so durchsichtig! Mir kam der Verdacht, daß dieser brave Botenmann Toma vielleicht von den beiden Aladschy beauftragt sei, uns zu beobachten und ihnen dann Meldung zu machen. Bald bemerkten wir die Wirkung der Bemühungen des Kasi-Mufti. Es kam eine Menge von Menschen herbei, deren bewundernden Blicken wir uns dadurch entzogen, daß wir uns in die Stube setzten; aber der ‚Staatsanwalt‘ suchte uns dort auf.
    Er hatte einen krummbeinigen Menschen bei sich, den er mir mit den Worten vorstellte:
    „Sieh, Effendi, das ist der Bote, von dem ich dir erzählt habe.“
    Ich faßte den Mann fest ins Auge und fragte ihn:
    „Also du gehst zwischen hier und Radowitsch hin und her?“
    „Ja, Herr“, antwortete er; „aber ich gehe nicht, sondern ich reite.“
    „Wann reitest du das nächste Mal?“
    „Übermorgen.“
    „Eher nicht?“
    Er verneinte, und ich sagte: „Das ist sehr gut für dich.“
    „Warum?“
    „Weil dieser Weg heute für dich gefährlich werden könnte.“
    „Effendi, aus welchem Grunde?“
    „Das ist nun Nebensache; aber wenn du heute reiten wolltest, so würde ich dich warnen.“
    „Du reitest ja doch wohl selbst?“
    So aufrichtig und ehrlich er mich bisher angeschaut hatte, jetzt bei dieser Frage wurde sein Blick scharf und stechend.
    „Allerdings“, antwortete ich unbefangen.
    „Wann, Effendi?“
    „Genau um die Mitte des Tages.“
    „Das ist keine gute Zeit. Man soll aufbrechen zur Zeit des Nachmittaggebetes, zwei Stunden vor Sonnenuntergang.“
    „Das tut man in der

Weitere Kostenlose Bücher