16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren
früher arm; aber der Handel scheint viel Geld einzubringen, denn Tschurak gehört jetzt zu den reichsten Leuten der Umgegend.“
„So genießt er jetzt einen recht guten Ruf?“
„O freilich! Er ist ein sehr braver Mann, fromm, wohltätig und sehr angesehen. Wenn du ein Geschäft mit ihm zu machen hast, so wirst du ihn als ehrlichen Mann kennenlernen.“
„Das freut mich sehr, denn ich habe allerdings so eine Art von Geschäft mit ihm abzuschließen.“
„Ist es bedeutend?“
„Ja.“
„So bist du wohl nur einstweilen bei mir abgestiegen und wirst bei ihm wohnen?“
„Nein, ich bleibe bei dir. Ich habe mich auf Sbiganzy gefreut, denn die Gegend ist mir als eine sehr schöne geschildert worden –“
„Das ist sie auch, ja, das ist sie, Herr. Die Lage zwischen zwei Flüssen, schon das ist ein Vorteil. Dann kommen die prachtvollen Berge, die sich hinauf nach Sletowo und noch weiter ziehen. Das ist überall so einladend zum Spazierengehen.“
„Das sagte man mir. Besonders romantisch soll der Weg nach der Derekulibe sein.“
Ich hatte mit Absicht das Gespräch auf die Schluchthütte gelenkt. Ich wollte aus dem Munde dieses unbeteiligten Mannes erfahren, was für ein Ort sie sei.
„Nach der Derekulibe?“ fragte er. „Die kenne ich noch gar nicht.“
„So ist sie kein allgemein bekannter Ort?“
„Ich habe noch nie von ihr gehört.“
„Aber es muß doch unbedingt in dieser Gegend ein Bauwerk geben, welches diesen Namen trägt.“
„Wohl schwerlich. Ich bin hier geboren und habe stets in Sbiganzy gelebt. Ich müßte doch die Hütte kennen.“
„Hm! So hat ihr jedenfalls nur derjenige, welcher mit mir von ihr sprach, diesen Namen gegeben.“
„Das ist wahrscheinlich.“
„Aber selbst in diesem Fall muß sie vorhanden sein. Dem Namen nach ist es eine Hütte, welche in einer Schlucht liegt. Ist dir vielleicht so etwas bekannt?“
„Soll sie bewohnt sein?“
„Das weiß ich nicht.“
„Wenn sie keinen Bewohner hat, so kenne ich sie. Es gibt allerdings draußen im Wald eine Hütte, die ganz im finstersten Winkel der Schlucht liegt. Mein Vater hat sie aus Holz gebaut, denn das Gehölz gehörte ihm. Vor ungefähr acht Jahren aber hat es mir der Fleischer abgekauft.“
Diese Tatsache diente mir als Beweis, daß diese Hütte gemeint sei. Darum fragte ich weiter:
„Wozu hat sie dein Vater gebaut?“
„Um die Werkzeuge darin aufzubewahren: Hacken, Schaufeln, Spaten und anderes.“
„Und wozu braucht sie der Fleischer?“
„Das weiß ich nicht. Ich glaube gar nicht, daß er sie benutzt, obgleich er Sitze hineingebaut hat, welche früher nicht darin waren.“
„Ist sie verschlossen?“
„Ja. Sie besteht aus zwei Abteilungen. Ganz hinten in der Schlucht läuft eine schmale Rinne im Felsen herab; an diese Rinne ist die Hütte angebaut. Warum fragst du so angelegentlich danach?“
„Weil man sie mir genannt und dabei gesagt hat, daß der Weg dorthin ein sehr romantischer sei.“
„Da hat man dich getäuscht. Du kommst erst durch offene Felder und dann in den dunklen Wald, wo du gar keine Aussicht hast. Die Wände des Tals rücken immer näher zusammen, und wo sie sich vereinigen, da ist der Wald am wildesten, und dort steht die Hütte neben einer Quelle, welche aus dem Gestein entspringt. Eine schöne Gegend ist dort nicht.“
Da meinte Halef:
„Sihdi, wir suchen einen Ort, den wir nicht finden können, und heute morgen hast du einen ähnlich lautenden Namen genannt. Sprachst du nicht von einem Ort, der eben so heißt, wie derjenige, welcher auf dem Zettel Hamd el Amasats steht? Du sagtest, unser heutiger Weg könnte durch denselben führen.“
„Meinst du Karaorman?“
„Ja, so lautete es.“
„Da fehlt ein Buchstabe. Wir suchen Karanorman.“
„Vielleicht ist das nur ein Schreibfehler.“
„Dies ist möglich. Bist du in Karaorman bekannt?“ fragte ich nun den Wirt.
„Ja“, antwortete er. „Ich bin oft in dem Dorf gewesen, denn unser Weg nach Istib führt hindurch.“
„Gibt es dort vielleicht einen großen Khan?“
„Nein, der Ort hat gar keinen Gasthof. Er liegt so nahe an Istib, daß die Leute lieber in der Stadt einkehren als in dem Dorf.“
„Es handelt sich nämlich um einen Ort oder um ein Gebäude namens Karanorman-Khan.“
„Ist mir völlig unbekannt. Hier in der Umgegend kann es nicht sein.“
„Das habe ich mir auch gedacht.“
„Wer ist aber dann der Vorsteher des Dorfes von Sbiganzy?“
„Der bin ich. Schon mein Vater war
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