Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
es.“
    „So hast du die Ausübung der Gerichtsbarkeit?“
    „Ja, Effendi. Ich werde jedoch in dieser Beziehung nur sehr wenig belästigt. Es wohnen lauter gute Leute hier. Fällt einmal etwas vor, so sind es stets Fremde, die uns zu schaffen machen. Leider ist die Macht eines Kiaja nicht bedeutend. Es kommt vor, daß man von Halunken geradezu ausgelacht wird, weil sie wissen, daß sie eher unterstützt werden als ich selbst.“
    „Das ist schlimm. In solchen Fällen mußt du streng sein, um dein Ansehen zu wahren.“
    „Das tue ich auch, doch verlasse ich mich dabei weniger auf meine Vorgesetzten als vielmehr auf mich selbst. Diese Strolche, die sonst gar nichts respektieren, haben doch eine gewisse Achtung vor einem Paar kräftiger Fäuste, und diese besitze ich. Ich verfahre da summarisch. Es geschieht zuweilen, daß ich beide Parteien durchprügele; aber das ist nicht immer ungefährlich. Vor einigen Wochen hätte es mir das Leben kosten können.“
    „Wieso?“
    „Hast du vielleicht schon einmal von den beiden Aladschy gehört?“
    „Allerdings.“
    „Das sind die frechsten und gefährlichsten Strolche, welche es nur geben kann, echte Skipetaren, kühn bis zur Verwegenheit, schlau wie eine Wildkatze, grausam und brutal. Denke dir, der eine, welcher Bybar heißt, während sein Bruder sich Sandar nennt, kommt eines Abends auf meinen Hof geritten, steigt ab, spaziert in der Stube herum, trotz der anwesenden Leute, und verlangt Blei und Pulver von mir.“
    „Vom Kiaja? Das ist stark!“
    „Allerdings. Hätte ich ihm den Schießbedarf gegeben, so wäre es mit meiner Reputation vorbei gewesen. Ich schlug ihm also sein Verlangen ab. Da fiel er über mich her, und es kam zu einem bösen Kampf.“
    „Natürlich bliebst du Sieger, denn es waren ja Leute da, welche dir beistehen mußten.“
    „O, da rührte kein einziger auch nur einen Finger, denn sie fürchten die Rache des Aladschy. Ich bin zwar auch kein Schwächling, aber dem baumstarken Kerl war ich nicht gewachsen. Er überwältigte mich und schlug so auf mich ein, daß er mich wohl übel zugerichtet hätte, wenn mir nicht zwei meiner Knechte beigesprungen wären. Wir packten ihn nun gemeinschaftlich beim Kragen und warfen ihn hinaus.“
    „Nicht übel! Der Polizeiverwalter eines Ortes wirft den Räuber, den er festnehmen sollte, gemütlich zur Tür hinaus!“
    „Lache nur! Ich war froh, daß ich ihn los wurde. Was sollte ich mit ihm machen?“
    „Ihn einsperren und dann nach Uskub schaffen, welches ja die Hauptstadt deines Wilajets ist.“
    „Ja, das wäre meine Pflicht gewesen; aber wie das anfangen? Wohin soll ich ihn sperren?“
    „In das Ortsgefängnis.“
    „Es ist keins da.“
    „So hast du doch wohl hier in deinem Hause einen festen Ort.“
    „Den habe ich auch, und es sind schon verschiedene Leute darin gesteckt. Aber bei dem Aladschy war es doch etwas anderes. Um ihn in den Keller hinab zu bringen, dazu hätten mehr als zehn Mann gehört. Er hätte sich ganz gewiß seiner Waffen bedient, um sich zu wehren, und sicher hätte es einigen von uns das Leben gekostet. Und selbst wenn es mir gelungen wäre, ihn zu entwaffnen und einzusperren, wie ihn dann nach Uskub bringen?“
    „Ihn binden und auf einen Wagen laden.“
    „Und mich unterwegs von seinen Kameraden überfallen und ermorden lassen!“
    „So hätte ich an deiner Stelle nach Uskub geschickt und Militär kommen lassen.“
    „Das wäre gegangen, ja; aber heute lebte ich nicht mehr. Als er fortritt, stieß er die schrecklichsten Drohungen aus. Am andern Tag ging ich auf das Feld. Da fiel aus einem Gebüsch, an welchem ich vorüber kam, ein Schuß. Er war nicht genau gezielt, denn die Kugel ging mir zwischen Leib und Arm hindurch. Zwei Zoll weiter nach rechts, so hätte sie mir im Herzen gesessen.“
    „Was tatest du dann?“
    „Ich sprang schnell hinter einen dicken Baum und zog die Pistole. Da kam dieser Bybar aus dem Busch heraus. Er saß auf seinem Schecken, lachte mir höhnisch zu und rief, daß er mir heute nur gezeigt habe, was mich erwarte; später werde er besser treffen. Dann ritt er davon.“
    „Bist du ihm wieder begegnet?“
    „Nein. Aber ich gehe nun nicht mehr ohne meine Flinte aus dem Hause, denn wenn wir uns das nächste Mal sehen, so stirbt einer von uns: er oder ich.“
    „So halte dich bereit! Diese Begegnung kann vielleicht noch heute stattfinden.“
    „Wie? Noch heute?“
    „Ich weiß, daß beide Aladschy heute oder spätestens morgen nach Sbiganzy

Weitere Kostenlose Bücher