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16 Tante Dimity und das verhexte Haus (Aunt Dimity and the Family Tree)

16 Tante Dimity und das verhexte Haus (Aunt Dimity and the Family Tree)

Titel: 16 Tante Dimity und das verhexte Haus (Aunt Dimity and the Family Tree) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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zu machen. Sie riss ein paar Papiertaschentücher aus der Schachtel, wischte sich damit übers Gesicht, warf sie in den Papierkorb, straffte die Schultern und hob das Kinn, als müsste sie sich für eine unangenehme Aufgabe wappnen.
    » Nun, Mrs Pyne…« Willis senior sprach in dem beruhigenden Ton eines erfahrenen und erfolgsverwöhnten Anwalts. » Wenn Sie dann so weit wären, würde ich Sie bitten, mir Ihr Problem zu schildern, das Ihnen offensichtlich große Sorgen bereitet.«
    Sally holte tief Luft und fragte dann mit bebender Stimme: » Waren Sie schon mal in Mexiko?«
    » Ja«, antwortete Willis senior. » Ich hatte das Glück, dieses Land bei verschiedenen Gelegenheiten zu besuchen.«
    » Ich hätte nie gedacht, mal dorthin zu reisen. Seit ich ein junges Mädchen war, habe ich bei allen möglichen Preisausschreiben mitgemacht und nie etwas gewonnen. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, etwas so Großes wie eine Reise an die mexikanische Riviera zu gewinnen! Es hörte sich so wunderbar an, als diese Dame von World Trek …«
    » World Trek?«, fragte Willis senior.
    » Das Reisemagazin, das das Preisausschreiben gesponsert hat«, erklärte Sally. » Also diese Dame von World Trek rief an, um mir zu sagen, ich hätte den ersten Preis gewonnen. Das war, als wäre ein Traum wahr geworden, wenn man mal davon absieht, dass ich nie im Traum daran gedacht habe, dass ausgerechnet mir so was passiert.« Sie schniefte. » Wenn ich gewusst hätte, was dabei herauskommt, hätte ich das verdammte Teilnahmeformular in tausend Stücke gerissen und in den Papierkorb geworfen!«
    » Oje«, sagte Willis senior mitfühlend. » Darf ich fragen, warum?«
    Sally zog ein weiteres Taschentuch aus der Schachtel und schnäuzte sich.
    » In Mexiko war, war alles so… so anders«, sagte sie mit einem inbrünstigen Seufzer. » Die Sonne und das Meer und die Palmen und die leuchtenden Farben… und ich war auch anders. Ich habe mir eine komplett neue Garderobe für die Reise genäht– legere Resortkleidung nennt sich das in World Trek –, weil ich unbedingt dazugehören wollte. Ich wollte nicht wie eine Landpomeranze aussehen, die eine Teestube in einem Ort führt, von dem kein Mensch je gehört hat. Ich wollte… glamourös wirken… wie jemand, der es gewöhnt ist, in diesen cabanas und palapas zu wohnen und den ganzen Tag am Pool rumzuliegen. Und das ist mir auch geglückt.« Sie wandte sich an mich. » Du hast die Sachen gesehen, die ich genäht habe, Lori. Sind sie nicht hübsch?«
    » Sie sind entzückend«, stimmte ich ihr zu und rief mir die bestickten Folkloreblusen, die Musselinröcke und die Kleider mit Blümchenmuster ins Gedächtnis, die Sally mir vor ihrer Abreise gezeigt hatte. » Du kannst wunderbar nähen.«
    Sally streckte die Hand aus, um die meine dankbar zu drücken, dann wandte sie sich erneut an Willis senior.
    » Ich war also bestens für meine Rolle ausstaffiert und habe gedacht, ich könnte sie auch spielen. Ich habe mich um einen anderen Akzent bemüht und immerzu ganz selbstverständlich exotische Drinks bestellt und es genossen, mich von den camareros von vorn bis hinten bedienen zu lassen.«
    Sie zuckte hilflos die Schultern. » Sie wissen ja, wie Ausländer sind, wenn sie eine Sprache hören, die auch nur annähernd wie Englisch klingt. Sie meinen, wir sind alle Lords und Ladys, die in irgendwelchen Schlössern leben und jeden zweiten Mittwoch Tee mit der Queen trinken. Sie haben es mir einfach gemacht… so zu tun, als wäre ich was Besseres. Es hat Spaß gemacht…« Sie sah Willis senior an, als müsste sie sich verteidigen. » Ist doch nicht weiter schlimm, wenn man eine kurze Zeit lang tut, als wäre man jemand anders, oder?«
    » Kommt darauf an, welche Konsequenzen dieses Spiel hat«, erwiderte Willis senior besonnen. » Wenn man eine falsche Identität annimmt, kann es allerdings ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen.«
    » Sie haben ja so recht.« Sally nickte mutlos. » Am zweiten Tag ist nämlich Henrique aufgetaucht– Señor Henrique Cocinero.« Ihr tränenverschmiertes Gesicht hellte sich auf, als sie den exotischen Namen aussprach.
    Völlig fasziniert starrte ich Sally an. Wenn das hieß, dass diese Frau wegen eines Mannes aus dem Gleis geraten war, bescherte sie Finch damit den größten Skandal, seit Peggy Taxman mein ehemaliges Kindermädchen beschuldigt hatte, ins Pfarrhaus eingestiegen zu sein. Bill rutschte in seinem Sessel herum, während ich unbeweglich wie eine Statue

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