16 Tante Dimity und das verhexte Haus (Aunt Dimity and the Family Tree)
mir vorwirft, ich sei missgünstig«, sagte ich, » oder eifersüchtig oder überbehütend oder besitzergreifend, also wirst du von nun an nur noch eines von mir zu hören bekommen… sie sind perfekt.«
Mir wäre es lieber, Du wärest nörglerisch statt heuchlerisch, Lori. Es kann doch ein Blinder mit einem Krückstock sehen, dass Dir die Donovans noch immer Unbehagen bereiten. Was haben sie an sich, das Dir Kopfzerbrechen bereitet?
» Lass es mich so ausdrücken«, sagte ich, froh, meiner aufgestauten Frustration Luft machen zu können. » Wenn dein neuer Arbeitgeber dich an deinem ersten Arbeitstag bitten würde, dabei zu helfen, einen ausgeklügelten Plan in die Tat umzusetzen, bei dem es darum geht, einen armen Trottel an der Nase herumzuführen, würdest du mit Feuereifer mitmachen? Wenn du eine ausgezeichnete Köchin wärst, würdest du dich ohne mit der Wimper zu zucken bereiterklären, einen ungenießbaren Fraß auf den Tisch zu bringen? Würdest du bis drei Uhr in der Nacht aufbleiben und ein Haus putzen, das es nicht nötig hat, geputzt zu werden? Schließlich haben wir das Haus nach der Einweihungsparty nicht wie einen Saustall hinterlassen.« Gereizt setzte ich mich aufrecht hin. » Der einzige Fehler, den Deirdre bisher gemacht hat, war Williams Möbel umzustellen, und selbst das war das Ergebnis ihres Übereifers.« Ich erklärte die genaueren Umstände von Deirdres bislang einzigem Fehltritt.
Sie hat das Sofa woanders hingeschoben, um den Bezug vor der Sonne zu schützen, und den Sessel hat sie verschoben, um den Boden dahinter wischen zu können.
Tante Dimitys Worte riefen eine weitere Erinnerung in mir wach, und ich runzelte die Stirn.
» Und… Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, Dimity«, sagte ich zögernd, » aber als William Deirdre wegen des Sessels und des Sofas im Salon fragte, hat sie… seltsam reagiert. Seine Frage schien sie zu überraschen. Sie musste erst nachdenken, bevor sie geantwortet hat.«
Sie hatte andere Dinge im Kopf.
» Ja, aber es war nicht so, als hätte sie vergessen, dass sie den Sessel und das Sofa verschoben hat«, sagte ich schnell. » Es war eher so, als müsste sie zuerst überlegen, wer es getan haben könnte. Ich weiß nicht…« Entmutigt ließ ich mich in den Sessel zurückfallen. » Vielleicht ist Declan ja Schlafwandler. Vielleicht hat Deirdre für ihn gelogen. Vielleicht mache ich aus einer Mücke einen Elefanten. Es wäre ja nicht das erste Mal.«
Das glaube ich nicht. Ich meine, dass Du aus einer Mücke einen Elefanten machst.
» Du glaubst es nicht?«, fragte ich verdattert.
Es liegt mir fern, Deine Intuition einfach in den Wind zu schlagen. Ich kann mir Deirdres Reaktion wegen der verschobenen Möbel zwar auch nicht erklären, aber wenn Dir etwas spanisch daran vorgekommen ist, bin ich bereit zu glauben, dass mehr dahintersteckt.
» Im Ernst?« Ich setzte mich ruckartig im Sessel auf.
Wenn etwas zu gut scheint, um wahr zu sein, Lori, ist meist etwas faul daran, und die Donovans scheinen in der Tat viel zu gut, um wahr zu sein. Sie sind zu entgegenkommend, zu diensteifrig, zu beflissen, es William recht zu machen. Es ist nicht normal, dass sie so bereitwillig bei der Umsetzung meines Planes mitwirken. Es besteht kein Grund, sich die halbe Nacht um die Ohren zu schlagen, um ein gepflegtes Haus zu putzen. Eine gute Köchin würde lieber ihre Stelle aufs Spiel setzen, als ungenießbare Mahlzeiten zu kochen. Sie sind, wie Du sagst, perfekt, und Du und ich wissen, dass es keine perfekten Menschen gibt.
» Ich bin verblüfft«, sagte ich langsam und starrte ungläubig auf die Zeilen in dem blauen Notizbuch. » Ich bin verwundert und verwirrt. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass du mir zustimmen würdest, Dimity. Sonst sagst du mir immer, ich solle keine voreiligen Schlüsse ziehen.«
Hast Du denn schon irgendwelche Schlüsse gezogen?
» Nein, noch nicht«, sagte ich stolz. » Und du?«
Ich bin auch noch zu keinem Schluss gekommen, habe aber eine Vermutung, die das merkwürdige Verhalten der Donovans erklären könnte. Gern will ich sie mit Dir teilen, wenn Du mir versprichst, nicht überzureagieren.
» Ich verspreche es«, sagte ich, noch ehe das letzte Wort fertig geschrieben war. Ich war so erleichtert, Tante Dimity auf meiner Seite zu wissen, dass ich versprochen hätte, auf einem Fuß durch das ganze Cottage zu hüpfen, wenn sie es von mir verlangt hätte.
Es ist nicht mehr als eine Hypothese, Lori. Und es ist durchaus möglich,
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