160 - Die Mörderkette
absolvierte er, obwohl er schon gern aufgehört hätte. Er überwand den inneren Schweinehund und vollendete das Pensum, das er sich auferlegt hatte.
Die letzte Länge.
Danach drehte sich Tandy auf den Rücken und verschnaufte. Die Kunststoffwölbungen, die seine Augen schützten - eine simple Schwimmbrille war es -, verliehen ihm ein froschhaftes Aussehen. Sobald er wieder einigermaßen bei Puste war, schwamm er zur Chromleiter. Durch die Brille sah er verschwommen eine Gestalt. Er dachte, es wäre Gordon, doch als er seine Augen von dem Schutz befreite, erblickte er einen Fremden, dessen Haar wie Silber glänzte.
Verdammt, wie kam der Mann so ungehindert in die Schwimmhalle? Die Morde an Tammy Duvall, Jerry Howard und Joshua Mackendrick hatten Tandys Nervenkostüm stark strapaziert. Er glaubte, in jedem Fremden einen Feind, einen Todfeind, einen Killer sehen zu müssen. Und Gordon hatte diesen Kerl nicht aufgehalten. Wozu habe ich ihm einen Revolver gegeben, wenn er nichts damit anzufangen weiß? fragte sich Tandy bebend vor Furcht und Wut.
»Wer sind Sie?« bellte James Tandy. »Was wollen Sie hier? Wer hat Ihnen erlaubt, diese Schwimmhalle zu betreten? G-o-r-d-o-n!«
Der Name des Butlers hallte von den gekachelten Wänden wider, und Gordon erschien.
»Was hat das zu bedeuten?« brüllte ihn Tandy an. »Wie können Sie diesem Mann erlauben…«
»Schieß!« befahl Mr. Silver dem Butler, und Gordon richtete augenblicklich die Waffe auf Tandy.
»Um Himmels willen!« schrie Tandy entsetzt. »Tun Sie das nicht, Gordon!«
»Schieß!« verlangte Mr. Silver noch einmal trocken.
Nichts regte sich in Gordons Gesicht, als er abdrückte. Die Kugel sauste neben Tandy ins Wasser. James Tandy brüllte entsetzt auf. »Tun Sie’s nicht, Gordon. Ich bitte Sie! Ich flehe Sie an! Sie dürfen das nicht tun!«
»Schieß!« kam Mr. Silvers eiskalter Befehl erneut, und Gordon drückte abermals ab.
Wieder verfehlte die Kugel James Tandy. Der Manager wußte nicht, was er tun sollte. Untertauchen? Fortschwimmen? Tandy konnte nicht wissen, daß der Butler absichtlich danebengeschossen hatte. Er befürchtete, von der nächsten Kugel getroffen zu werden.
»Um alles in der Welt, was ist denn mit Ihnen los, Gordon?«
»Er hört nur noch auf mein Kommando«, erklärte Mr. Silver. »Weil ich ihn hypnotisiert habe.«
»Sie… Sie haben Gordon zu einer willenlosen Marionette gemacht?« stammelte der Manager. »Warum…?«
»Er wollte mich nicht zu Ihnen lassen«, antwortete Mr. Silver lächelnd. »Was wollen Sie von mir?«
»Sie brauchen einen besseren Schutz, als ihn Ihnen Gordon bieten kann«, erwiderte der Hüne. »Sie haben gesehen, wie leicht Ihr Butler auszuschalten ist. Für den, der Ihnen nach dem Leben trachtet, ist Gordon kein Hindernis.«
»Woher wissen Sie…?«
»Sie stehen auf der Totenliste eines Mannes namens Homer Sykes«, bemerkte Mr. Silver. »Der Killer hat sich Tammy Duvall, Jerry Howard und Joshua Mackendrick geholt und wird demnächst bei Ihnen erscheinen. Ich bin hier, um zu verhindern, daß Sie auf die gleiche Weise sterben.«
Tandy kniff die Augen mißtrauisch zusammen. »Was liegt Ihnen an mir?«
»Nichts«, antwortete der Ex-Dämon ehrlich. »Ich verabscheue die Geschäftspraktiken von GCP sogar.«
»Dennoch wollen Sie sich schützend vor mich stellen? Versprechen Sie sich eine hohe Belohnung dafür?«
»Ich brauche Ihr schmutziges Geld nicht. Eines Tages wird der Arm der Gerechtigkeit Sie fassen, dann wird man Sie vor Gericht stellen, und Sie werden für alles bezahlen. Genau genommen bin ich nur hier, um Sykes das Handwerk zu legen. Davon profitieren Sie.«
»Sind Sie von der Polizei?«
»Nein.«
»Wie heißen Sie?«
»Ich bin Mr. Silver«, antwortete der Ex-Dämon.
»Wer garantiert mir, daß ich Ihnen trauen kann?«
»Niemand.«
»Sie könnten ebensogut Homer Sykes heißen.«
»Wäre ich es, würden Sie schon längst nicht mehr leben. Kommen Sie aus dem Wasser, sonst holen Sie sich noch einen Schnupfen. Ihre Lippen sind schon ganz blau.«
James Tandy gehorchte. Er begab sich zu seinem Bademantel und zog ihn an. Seine Hand glitt in die Tasche, und als er sie wieder herauszog, kam eine Astra-Pistole zum Vorschein. »Wie Sie sehen, kann ich auch allein ganz gut auf mich aufpassen!« zischte der Manager.
***
Unbemerkt erreichte ich das Hexenhaus. Lautlos öffnete ich ein wackliges Kellerfenster und schob die Beine zuerst hindurch. Mit schlängelnden Bewegungen glitt ich vorwärts. Im
Weitere Kostenlose Bücher