160 - Martin, Deborah - Die amerikanische Braut
und sagte flehend: „Du musst ihn unbedingt finden!“
Spencer schaute fragend zu Abby hinüber, aber sie zuckte nur hilflos mit den Schultern.
„Der letzte Brief, den ich ihm schickte“, fuhr Evelina etwas gefasster fort, „der, in dem ich ihm von unserem Kind erzählte, kam heute Nachmittag mit der Post aus Wales zurück. Ich habe keine Ahnung, wo Nathaniel jetzt sein könnte und …“
„Wales?“ fragte Spencer scharf. Er ließ Evelinas Hand los. „Warum schreibst du ihm Briefe nach Wales, wenn er sich doch in Essex erholt?“
Evelina errötete. „Ich … äh … wusste, dass er nicht in Essex war. Er hat mich am Tag unseres Verlobungsdiners heimlich getroffen, kurz bevor er die Stadt verließ.“
„Wie bitte?“ rief Spencer fassungslos. „Und das hast du mir verschwiegen?“
„Sei bitte nicht verärgert“, bat Evelina ihn. „Nathaniel nahm mir das Versprechen ab, niemandem etwas zu verraten. Er sagte, sein ganzer Plan würde sonst zerstört werden.“
„Plan!“ brüllte Spencer aufgebracht. „Meinst du damit seine Absicht, dich mit seinem Kind sitzen zu lassen, während er sich mit Abbys Mitgift eine schöne Zeit macht?“
„Nein, natürlich nicht.“ Evelina klang verletzt und setzte sich auf das Sofa. „Er hatte Pläne für dich. Und Abby.“
Nun war Abbys Neugierde geweckt, und sie nahm neben Evelina Platz. „Wovon sprichst du?“
Evelina versuchte, Spencers zornigen Blicken auszuweichen, und wandte sich deshalb dankbar Abby zu. „Er wollte, dass Spencer dich heiratet – und deshalb hat er etwas nachgeholfen. Seine Flucht hat er nur deshalb inszeniert, damit Spencer das ganze Arrangement nicht sofort wieder rückgängig machen kann.“
„Er ist verschwunden, weil er Abbys Mitgift gestohlen hat“, berichtigte Spencer.
Evelina schüttelte heftig den Kopf. „Er hat das Geld nur genommen, damit Abby sich gezwungen sah, wegen ihrer Finanzen und der Firma nach England zu kommen.“
„Diesen Unsinn hast du geglaubt?“ Spencer stand nun vor dem Sofa und blickte auf Evelina hinunter. „Du kennst doch Nat. Wie könnte er jemals einer so großen Summe widerstehen?“
Evelina schaute ihn trotzig an. „Er hat das Geld nicht für sich genommen. Er hat es für dich getan! Dein Bruder liebt dich, und er konnte es einfach nicht ertragen, dass du nicht heiraten wolltest, nur weil du glaubst, dass du keine Kinder …“ Sie errötete heftig und schwieg.
Spencer wurde blass. „Nat wusste davon?“
Evelina nickte. „Er sagte, du hättest es ihm in Amerika erzählt – als du betrunken warst.“
Spencer stand einen Moment reglos da und ließ sich dann in einen der Sessel fallen. „Ich muss an diesem Abend nicht bei mir gewesen sein … Ich erinnere mich nicht einmal …“ Er wandte sich wieder an Evelina. „Und deshalb hat er die Hochzeitsurkunde gefälscht und Abby die Überfahrt nach England gezahlt?“
„Nathaniel findet es unsinnig, dass du wegen der voreiligen Meinungen einiger Ärzte nicht heiratest.“
Als Abby das ganze Ausmaß von Nats Plänen begriff, wurde sie wütend. „Und wie hat er sich das vorgestellt? Hat er sich für die erstbeste Frau entschieden? Oder für die, die vertrauensselig genug war, seinen Plan nicht zu durchschauen? Ohne auch nur einen Moment an Spencers Gefühle zu denken – oder daran, dass er diese Frau vielleicht gar nicht wollte!“
„Aber nein!“ rief Evelina. „Ganz und gar nicht. Er wusste, was Spencer für dich empfindet. Er erzählte mir, dass Spencer die ganze Zeit von dir gesprochen hat und sogar sagte, dass er dich heiraten wolle.“ Sie wandte sich an Spencer. „Das stimmt doch, oder?“
Spencer ließ seinen Blick liebevoll auf Abby ruhen. „Ja. Ich erinnere mich noch, dass ich an diesem Abend auch über Abby geredet habe. Nat schlug mir vor, ich solle sie zu meiner Geliebten machen. Ich entgegnete ihm, dass sie die Ehe verdiente.“
Abby lächelte gerührt. Er hatte schon damals daran gedacht, sie zu heiraten? Als er ihr erzählt hatte, dass er sie vom ersten Moment an begehrt habe, hatte sie gedacht, dass er einfach nur die Vergangenheit schönfärben wollte.
Evelina war voller Eifer. „Verstehst du denn nicht? Nathaniel war sich ganz sicher, dass du Abby haben willst. Deshalb hat er dafür gesorgt, dass du sie auch bekommst.“
Spencer betrachtete Evelina und lachte ungläubig. „Dass ich sie bekomme? Du meinst … so wie man sich auch ein Pferd anschaffen würde? Meine Güte, Evelina, das kann nicht dein Ernst sein.
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