1604 - Panoptikum des Schreckens
spüre sehr deutlich, dass Energie in ihm steckt. Wir müssen es nur schaffen, dass sie frei wird.«
»Wie denn?«
»Ich weiß es nicht.« Myra lächelte trotz dieser Antwort. »Aber es gibt jemanden, der uns das sagen kann.« Sie drehte sich so, dass sie Purdy anschauen konnte.
»He, hörst du mich?«
Die Staatsanwältin zuckte leicht zusammen. Sie hatte die Stimme nicht so klar vernommen, wie es eigentlich hätte sein müssen. Mehr gefiltert und von einer ungewöhnlichen Botschaft begleitet, die allerdings unhörbar für sie war.
Etwas geschah mit ihr. Es fing im Kopf an. Dort hatte sich ein Druck aufgebaut, der sich jetzt allerdings wieder langsam auflöste, sodass sie immer mehr in die Realität zurückkehrte.
Da war mit ihr was passiert, das sie noch nicht überblickte.
Purdy Prentiss drehte den Kopf, denn sie hatte gehört, dass sie angesprochen worden war. Jetzt sah sie den Blick der Frau auf sich gerichtet, und sie wusste mit einem Mal, dass vor ihr vier Feinde hockten.
Und sie sah, wie Myra das Kreuz zurück auf den Tisch legte.
Es durchzuckte Purdy Prentiss wie ein scharfer Strahl. Ihr Herz fing an schneller zu schlagen. Sie atmete heftig, und sie fragte sich in diesem Moment, wie Johns Kreuz auf den Tisch kam.
Dass sie dafür verantwortlich war, daran konnte sie sich nicht mehr erinnern.
Jetzt war der Bann gebrochen, und sie war zurück in die Normalität gekehrt.
»Mein Gott«, flüsterte sie nur und dachte daran, dass John sein Kreuz niemals freiwillig abgeben würde. Wenn es jetzt hier lag, konnte das nur etwas sehr Schlimmes bedeuten. John Sinclair war entweder tot oder nicht mehr in der Lage zu reagieren.
In ihrem Brustkorb krampfte sich einiges zusammen und sie spürte ihren hämmernden Herzschlag.
Myra sprach sie an. »Siehst du das Kreuz?«
Purdy nickte und strich danach über ihre Augen.
»Es gehört jetzt uns…«
»Aber wieso?«, flüsterte sie, kaum dass Myra das letzte Wort gesprochen hatte. »Wie ist es in euren Besitz gelangt?«
»Ach, du weißt das nicht?«
»Nein.«
»Du hast es uns selbst gebracht, Purdy. Dafür möchten wir uns noch bei dir bedanken.«
Die Staatsanwältin erschrak zum zweiten Mal. Es war unglaublich, was sie da gehört hatte. Aber warum hätte diese Myra sie anlügen sollen?
Dafür gab es keinen Grund. Und in der Tat konnte sie sich an die letzte Zeit nicht mehr erinnern.
Myra freute sich über Purdys Reaktion, aber sie war noch nicht fertig. Sie sprach davon, dass in diesem Kreuz besondere Kräfte wohnten und sagte dann: »Und du wirst uns verraten, wie wir sie aktivieren können.«
»Das weiß ich nicht…«
»Hör auf, dich dumm zu stellen. Du weißt genau, was man unternehmen muss, um seine Kräfte voll zur Wirkung kommen zu lassen.«
Purdy Prentiss wusste jetzt, wie der Hase lief und was man von ihr wollte. Sie war von der Familie ausersehen worden, um das Kreuz zu beschaffen und zu aktivieren. Die andere Seite wusste wohl, dass es so etwas gab, hatte aber keine Ahnung, wie sie dabei vorgehen musste.
Auf keinen Fall wollte Purdy auf diesen Vorschlag eingehen. Das wäre ein Verrat an ihrem Freund gewesen. Sie hatte sowieso schon zu viel Unheil angerichtet und wollte nicht noch etwas hinzufügen.
Deshalb schüttelte sie den Kopf.
Das wollte Myra nicht hinnehmen. Süffisant lächelnd fragte sie: »Bist du schon mal gefoltert worden?«
»Mehrmals.« Sie dachte an ihr erstes Leben in Atlantis, das hin und wieder als Erinnerungsstücke in ihr Gedächtnis drang. Da hatte sie die grausamen Dinge erlebt, aber das brauchte diese verfluchte Person nicht zu wissen.
Myra fing den Ball auf. »Dann wird es dir ja nichts ausmachen, wenn wir damit anfangen, dir die Haut vom Körper zu schneiden. Es gibt keinen anderen Weg für uns. Wir haben das Kreuz, und wir werden es einsetzen.«
»Ich sage nichts, weil ich nichts sagen kann.«
»Du lügst zu schlecht!«
Stur schüttelte Purdy den Kopf. Sie dachte auch daran, dass sie sich wehren konnte, wenn es hart auf hart kam. Sie hatte nicht gesehen, dass die andere Seite bewaffnet war.
»Soll Rudy dir die Haut vom Gesicht schneiden? Er wird es tun. Ich muss es ihm nur sagen.«
Als wollte Rudy seine Mutter bestätigen, nickte er.
Gordon Greene fing an zu grinsen. In seine Augen trat dabei ein böser Glanz.
»Okay, ich gebe dir noch drei Sekunden, um dich zu entscheiden. Und solltest du an Flucht denken, vergiss es. Du wirst hier nicht rauskommen.«
Das wusste Purdy. Ihr Entschluss stand trotzdem
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