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1607 - Im Leerraum gestrandet

Titel: 1607 - Im Leerraum gestrandet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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durcheinander, als sie ihn erkannten.
    Der Chirurg mußte seine Stimme nicht einmal sonderlich heben, um von einem Augenblick zum anderen Ruhe zu schaffen. „Still jetzt!" rief er laut. „Ihr kommt alle an die Reihe! Meine Assistenten sind schon auf dem Weg!"
    Kunar kämpfte sich durch eine Gasse in den großen Behandlungsraum vor. Daß von den Medorobotern kein einziger mehr funktionierte, sah er mit einem Blick. Den Verlust der Medosyntronik verkraftete er schon weniger leicht - und als er die Störungsanzeigen der chirurgischen Körpertanks erkannte, war es mit seiner Beherrschung aus. „Verdammt noch mal!" schrie er.
    Ein Behälter aus Glas klirrte und zersprang. Kunar Seljuk preßte knirschend die Zähne aufeinander. Dann mußte es eben so gehen wie in der guten alten Zeit. Die Leute nannten ihn oft halb im Scherz den „Schlächter"; denn niemand mochte einem Riesen von Ertrus zutrauen, daß er ein guter Chirurg war. Doch ihm als modernem Mediker war das egal gewesen. Er hatte ohnehin mehr die Medosyntrons programmiert, als daß er selbst operiert hätte.
    Doch nun waren sie auf Handarbeit angewiesen. „Egal...", murmelte er lautstark. Und dann setzte er hinzu: „Der erste bitte!"
     
    *
     
    Daß sich Mariaan ten Segura in einer der Ausweichzentralen befand, als es geschah, war purer Zufall. Auch wenn solche Zufälle ihrem Ruf ungemein zugute kamen. Sie hatte schon immer als eine Frau gegolten, die zur rechten Zeit am rechten Ort war. So wie auf der Akademie: Dort behaupteten die Ausbilder noch heute, Mariaan ten Segura hätte eine defekte Schaltung aus hundert Metern Entfernung riechen können.
    Dem war natürlich nicht so.
    Sie verfügte allerdings über ein technisches Wissen, mit dem sie andere turmhoch überragte, und als die Position des Cheftechnikers an Bord der ODIN neu besetzt wurde, hatte sie aus mehr als hundert Bewerbern den Zuschlag bekommen. Zwei Jahre war das nun her. Doch in der augenblicklichen Lage nützte ihr der Lorbeer ungefähr soviel wie Masern oder Schnupfen.
    Schon das Flackern der Beleuchtung hatte sie gewarnt.
    An Bord eines solchen Schiffes flackerte nichts ohne Grund. Die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Aussetzer betrug eins zu einer Milliarde; ausgenommen, dahinter steckte etwas Ernstes.
    Und das war nun der Fall.
    Die Beschleunigung erwischte sie mitten im Raum. Dabei hatte Mariaan noch Glück, daß sie nicht gegen eine der Konsolen geschleudert wurde. Statt dessen prallte sie mit ungeheurer Wucht gegen eine flache Wand, direkt neben der Tür zum Korridor. Sekundenlang kämpfte sie gegen die Bewußtlosigkeit. Die Schmerzen wühlten unerträglich in ihrem Rücken, in den Beinen, im Hinterkopf. Wie sie es dennoch schaffte, bei Bewußtsein zu bleiben, wußte sie nicht. Mariaan hatte nur furchtbare Angst, ein paar Minuten Schlaf könnten sie das Leben kosten.
    Was war geschehen?
    Hilflos sah sich die Akonin um. Bei ihr war niemand. Die Tür zum Korridor war geschlossen.
    Zwar hätte sie um Hilfe rufen können - doch als sie die erloschenen Kontrollampen der Pulte sah, wußte sie, daß es keinen Zweck hatte. Mariaan erwog zunächst, einfach auf Hilfsmannschaften zu warten. Irgendwo im Schiff mußte man doch bemerkt haben, welche Lage hier im Triebwerkssektor entstanden war.
    Dann aber sagte sie sich, daß es überall in der ODIN genauso aussah. Was die Triebwerke betraf, wirkte grundsätzlich auch auf den Rest des Schiffes. Woher die plötzliche Schwerkraft? Der Boden hing schräg über ihr, sie selbst war in eine Ecke des Raumes gerutscht und konnte sich nicht bewegen. Etwa 4 g, schätzte sie. Wenn die Schwerkraft überall so brutal zugeschlagen hatte, gab es mit Sicherheit Tote.
    Probeweise hob sie einen Arm.
    Sie konnte es, doch der Kraftaufwand kostete sie eine Menge Willen.
    Anschließend wälzte sich die Akonin auf die Seite. Sie hatte nichts gebrochen, sie konnte atmen, also konnte sie auch etwas tun! Ächzend wuchtete sie ihren Körper so weit hoch, daß sie sich auf Knien und Armen bewegen konnte. Mariaan robbte in die Mitte des Raumes. Objektiv gesehen klebte sie an der Decke, subjektiv dagegen sah sie einen Meter über sich die erloschenen Kontrollen eines Pultes. Direkt in Reichweite... Unter normalen Umständen hätte sie nur einen Arm heben müssen, und sie hätte jede gewünschte Schaltung blind und ohne Schwierigkeiten vorgenommen.
    Was aber sollte man tun, wenn ein einzelner Arm plötzlich dreißig Kilo wog? Wenn einem gleichzeitig die Luft wegblieb, weil

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