1608 - Das siebte Opfer
»Dabei waren wir in der vergangenen Nacht noch zusammen.«
»In der Disco?«, fragte Suko.
»Ja, im Outlet.«
»Und? Was ist dort passiert?«
Lisa hob die schmalen Schultern. »Was soll ich sagen? Nichts ist passiert. War wie immer. Mona und ich wollten nur ein wenig Spaß haben. Ich kann ja in den nächsten beiden Wochen nicht mehr ausgehen, weil ich arbeiten muss.«
»Aber jeder hat die Disco allein verlassen.«
»Das stimmt.«
»Warum?«, fragte ich.
»Weil ich einen Bekannten getroffen habe.« Sie winkte schnell ab.
»Keinen Freund. Es war wirklich nur ein Bekannter, den ich aus London kenne. Er wohnt nicht weit von hier. Er war auch mit seiner Partnerin dort.« Sie hob die Schultern. »Und so haben wir uns eben getrennt.«
»Und Sie hatten kein schlechtes Gewissen, Mona Hicks allein durch die Nacht gehen zu lassen?«
»Ha!« Sie lachte auf. »Das hatte ich. Aber Mona wollte sich nicht mitnehmen lassen. Sie meinte, dass der Weg bis zum Parkplatz ja nicht weit war.«
Sie senkte den Kopf. »Da ist es dann passiert«, flüsterte sie erstickt.
»Und es hat in der Disco nichts gegeben, was auf diesen Vorfall hingewiesen hätte?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Bitte, Lisa, überlegen Sie.«
Sie holte tief Luft und drehte ihren Kopf so, dass sie zum Fenster schaute.
»Was soll ich denn sagen? Wie gesagt, gewarnt vor dem Heimweg habe ich sie.«
»Und sonst war nichts? Ich meine, ist Ihnen in der Disco nichts aufgefallen? Oder war es dort so voll, dass man auf Einzelheiten nicht achten konnte?«
»Nein«, gab sie zu. »So voll ist es nicht gewesen. Wir hatten ja kein Wochenende.«
»Wie hat sich Mona denn verhalten?«, wollte Suko wissen.
»Was soll ich sagen? Wie immer. Wir haben auch getanzt.«
»Allein?«
»Mona schon.«
»Dann hat es keinen Typen gegeben, der sie anmachte?«
»So ist es.«
Das sah alles nicht gut aus. Wir hatten irgendwie damit gerechnet, dass der Killer schon in der Disco gelauert hatte, aber das schien nach den bisherigen Aussagen nicht der Fall gewesen zu sein.
»Dann hat es also nichts Ungewöhnliches gegeben?«, fragte ich.
»Eigentlich nicht.«
Wenn jemand eine derartige Antwort gibt, horche ich immer auf. »Warum sagen Sie eigentlich? Ist doch etwas passiert?«
»Wie soll ich sagen…«
»Bitte, Lisa, reden Sie!«
»Es ist ja so«, murmelte sie. »Irgendwelche komischen Typen habe ich immer gesehen. Die gibt es in jeder Disco. So Frustrierte, die sich die Augen aus dem Kopf glotzten. Ja, die sind eigentlich überall vorhanden.«
»Und weiter? Wenn Sie das Thema anschneiden, ist Ihnen doch etwas aufgefallen.«
»Ich will keinem etwas nachsagen.«
»Es bleibt unter uns, wenn Sie etwas sagen«, beruhigte ich sie.
Sie nickte und murmelte: »Ja, da ist mir schon jemand aufgefallen.«
»Und wer?«
»Da war so ein dunkler Typ.«
»Ein Farbiger?«
»Nein, nein, schon ein Weißer. Dunkel nur deshalb, weil er so schwarze Haare hatte und so dunkelblaue Klamotten trug.« Sie schüttelte den Kopf. »Er war auch nicht so deutlich zu sehen. Er stand an der Theke, wo sie ausläuft. Da kann man kaum etwas erkennen.«
»Sonst hat der Mann nichts getan?«
»Nein.«
»Sprach er Mona an?«, fragte Suko.
»Nein. Er hat sie nur angeschaut.« Sie winkte ab. »Jedenfalls starrte er in ihre Richtung.«
»Und wie lange ist er geblieben?«
Lisa musste nachdenken. Sie bewegte zwar die Lippen, doch wir hörten nichts. Bis sie nickte und sagte: »Ja, er ist vor uns gegangen. Das weiß ich. Wir sind dann noch eine halbe Stunde oder so geblieben.«
»Und draußen haben Sie ihn nicht mehr gesehen?«, erkundigte ich mich.
»So ist es.« Lisa öffnete ihre Augen weit. »Halten Sie ihn denn für den Mörder?«
Ich hielt den Ball flach. »Nein, so kann man das nicht sehen. Wir suchen die Person, die Mona Hicks umgebracht hat. Deshalb gehen wir jeder Spur nach. Das ist eine reine Routine.«
»Ja, das verstehe ich.« Ihre Stimme klang wieder sehr traurig. »Ich würde Ihnen gern helfen, aber ich kann nicht.«
Das glaubte ich ihr ohne Weiteres. Ich kam noch mal auf den dunkelhaarigen Mann zurück. Von Lisa wollte ich wissen, ob sie ihn schon öfter in der Disco gesehen hatte.
»Nein, Mr. Sinclair. Es war das erste Mal. Dieser Mensch war mir bisher unbekannt.«
»Okay.«
»Mehr weiß ich leider nicht«, sagte sietraurig.
»Ist die Tote denn eine frühere Kollegin von Ihnen gewesen?«
»Nein. Wir haben in verschiedenen Läden gearbeitet. Die Arbeit im Callcenter ist leichter, auch
Weitere Kostenlose Bücher