1608 - Das siebte Opfer
Essen gelegen, das er am Abend zuvor zu sich genommen hatte. Zu viel Knoblauch.
So war Stella froh, durch den Gang eilen zu können, an dem die Garderoben lagen.
Der Flur war mit Klamotten vollgestellt worden. Sie musste den Ständern ausweichen und spürte, dass es mal wieder zu warm gewesen war. Die violette Bluse mit dem tiefen Ausschnitt klebte auf ihrer Haut. Stella war froh, sich gleich unter die Dusche stellen zu können. Als Star der Serie, die auch ihren Namen trug, besaß sie das Privileg einer eigenen Dusche.
Abgeschlossen war die Garderobentür nicht. Es gab keine Wertsachen, auf die sie hätte achtgeben müssen, und auch nach dem Betreten des Raumes schloss sie nicht ab.
Stella ließ sich auf den Stuhl fallen, der vor der Wand mit dem großen Spiegel stand. Sie atmete einige Male tief durch und schloss die Augen.
Die Entspannung wollte sie sich gönnen, und sie war froh, den Rest des Tages frei zu haben. Ihr nächster Dreh würde am nächsten Tag beginnen und dort auch erst am Mittag.
So hatte sie Zeit, sich um persönliche Dinge zu kümmern und den Abend so zu verbringen, wie sie es sich vorgestellt hatte.
So wie ihr Leben lief, war das schon okay. Sie hatte keine finanziellen Sorgen und konnte sich auch hin und wieder ihrem besonderen Hobby widmen. Das war eine reine Privatsache, darüber sprach sie mit keinem anderen Menschen.
Sie schaute sich an.
Das Haar hatte eine naturhelle Farbe. Sogar ein leicht gelblicher Schimmer war vorhanden. Es wuchs halblang, war aber zugleich lang genug, sodass sie die Haare auch mal hochstecken konnte.
Vom Aussehen her war sie nicht die Frau mit dem Puppengesicht oder auch das schöne Dummchen. Man konnte durchaus behaupten, dass ihr Gesicht Charakter hatte, das jedenfalls hatte man ihr schon oft gesagt.
Es war nicht alles perfekt, aber innerhalb der Serie sah sie schon interessant aus, eben wie eine junge Frau, die es schaffte, sich durchs Leben zu schlagen, und die dabei alle Hindernisse oder Probleme überwand.
Über ihre schmalen Lippen hatte sie sich schon öfter geärgert, aber wenn sie entsprechend geschminkt wurden, sahen sie ganz anders aus, und die Zuschauer mochten sie sowieso.
Abschminken und duschen. Das stand auf ihrem Programm.
Sie öffnete eine Dose, in der sich das Glibberzeug befand, das sie sich ins Gesicht schmieren musste. Da sie sich noch duschen wollte, brachte sie das Abschminken rasch hinter sich. Zumindest reinigte sie den größten Teil ihres Gesichts, den Rest würde das heiße Wasser der Dusche erledigen.
Vor ihr standen zahlreiche Schminkutensilien. Dazwischen lag, einem Fremdkörper gleich, ihr flaches Handy, das plötzlich seine Melodie abspielte.
Stella Moreno zuckte zusammen, schluckte dann und blieb unbeweglich auf ihrem Stuhl sitzen.
Wer rief sie an?
Der Blick auf das Display brachte sie auch nicht weiter. Da gab es keine namentliche Anzeige. Zugleich dachte sie daran, dass es kaum jemanden gab, der ihre private Handynummer kannte, und diejenigen, die Bescheid wussten, riefen zumeist am Abend an und nicht während der Arbeit. Erst recht nicht ihre Eltern in Mailand. Die hatten tagsüber selbst genug zu tun. Der Regisseur auch nicht, der hätte nur die Garderobe betreten müssen, um sie zu sprechen.
Trotzdem gab es noch ein zwei wichtige Personen, die ihre Nummer kannten, aber an die wollte sie jetzt nicht denken. Das war etwas zu absurd.
Die Gedanken waren schnell durch ihren Kopf gehuscht, aber sie hatten die Neugierde nicht vertrieben, und so griff Stella nach dem Apparat und meldete sich.
»Ja…?«
»Bist du es?«
»Wer - du?«
»Stella…«
Sie schluckte. Die Männerstimme kannte sie nicht. Aber sie hatte sehr rau geklungen und dementsprechend unsympathisch. Stella spürte plötzlich die Kälte auf ihrem Rücken und merkte, dass sich die Haut dort leicht zusammenzog.
Sie holte einige Male Atem, dann erst konnte sie sprechen und wunderte sich über das eigene Erschrecken. Denn sonst reagierte sie nicht so.
»Hören Sie, Mister, wer sind Sie?«
»Das wirst du schon noch erleben.«
»Aha, und weiter?« Sie hatte sich wieder gefangen. »Ist das alles, du Idiot?«
»Du bist Nummer sieben, Stella, Nummer sieben…«
Mehr sagte der Anrufer nicht. Er unterbrach die Verbindung, und Stella blieb auf ihrem Stuhl so starr wie eine Statue sitzen, das Handy in der Hand, das sie anstarrte und dabei den Kopf schüttelte.
Wer konnte der Anrufer gewesen sein?
Ein Spinner?
Das war durchaus möglich. Aber es hätte
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