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1610 01 - Der letzte Alchimist

1610 01 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 01 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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zu trinken, ohne den Lederbecher zu berühren. Als er bemerkte, dass ich ihn befremdet beobachtete, hob er die breiten Schultern. »Toter Tierbecher.«
    Leder, erkannte ich nach kurzer Verwirrung. »Ja. In gewissem Sinne könnte man das wohl so nennen …«
    Er wischte sich über den nassen Mund. In der Mitte des Raums wurden die Gespräche mal lauter, mal leiser. Bänke kratzten über den Boden, und eine neue Wolke Essensgeruch strömte aus der Küche, als der Koch die Klappe öffnete.
    »Jetzt zum Wesentlichen. Diese Männer von Macht hier … Ihr wollt also, dass ich zu diesen Leuten gehe.« Die Stimme des Samurai wurde tiefer und leiser. »Seit diesem Ort in Franz glaube ich, dass das Schicksal will, dass wir zusammen sind. Ich werde Euch helfen und tun, was Ihr von mir wollt. Nur eine Bedingung: Ich muss den englischen Kaiser sehen. Ihr müsst … mich retten, sollte man mich einsperren, oder dafür sorgen, dass ich seppuku begehen kann, bevor ich hingerichtet werde.«
    Ich erinnerte mich an den Begriff. Er hatte ihn schon einmal am Strand der Normandie benutzt. Jetzt glaubte ich, ihn zu verstehen. »Ihr wollt Euch selbst töten?«
    Er legte den Kopf zur Seite und suchte offenbar in seiner Erinnerung nach den richtigen Worten. »Meine Zeit ist … geborgt. Ich bin gestorben, als das Schiff gesunken ist. Mir bleibt nur, den Kaiser-König hier um Verzeihung für mein Versagen zu bitten und nach Hause zurückzukehren, um dort Bericht zu erstatten. Wenn ich Glück habe, wird Shogun Hidetada mir gestatten, mich zu töten.«
    »Solche Stimmungen kommen immer, wenn man versagt …« Ich zuckte mit den Schultern, trank einen Schluck und machte eine weit ausholende Geste. »Sie sind allen Männern eigen, aber sie gehen vorbei, Messire, sie gehen vorbei. Und dann muss man etwas tun, man muss handeln.«
    Er grunzte auf eine – wie ich glaubte – aggressive Art. »Für Gaijin ist der Tod keine Ehre?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Der Tod in der Schlacht ist etwas für Gentlemen, die zu dumm sind zu überleben, und ein ehrenhafter Tod beim Duell ist jenen vorbehalten, die nicht genug können, um den Kampf zu gewinnen.«
    Nach kurzem Schweigen sagte er: »Was, Rochefort-san?«
    »Nichts. Nur ein Gedanke.«
    Jene, die nicht genug können … oder die einem Mann gegenüberstehen, der jede Bewegung vorhersagen kann.
    Ich blickte zu dem Mann neben mir, in sein fremdes Leinen gewickelt und mit guter spanischer Wolle darüber. Ein Scharlatan konnte vorhersagen, was er wollte, ohne jemanden wirklich damit zu beeindrucken. Doch die Erinnerung an Fludds Timing und wie er mir das Schwert abgenommen hatte …
    »Zweimal hat Fludd nun gegen mich gekämpft. Einmal er selbst, dann seine Mietlinge. Und … Und diese Kämpfe haben tatsächlich so geendet, wie er vorausgesagt hat.«
    »Schwert kami ?«, grunzte Saburo. » Tengu ?«
    »› Tengu ‹?«
    Saburo wedelte mit der Hand. »Egal. Ich bin ein Verbündeter. Ihr auch. Und als Verbündete, was müssen wir da tun?«
    Mit gedämpfter Stimme sagte ich: »Es ist nicht klug, Cecil oder irgendwem sonst am englischen Hof offen mein Gesicht zu zeigen. Jemand könnte sich an meinen letzten Besuch hier erinnern. Königin Maria muss noch immer nach mir suchen – nicht nur in Frankreich, sondern auch außerhalb –, auch wenn sie mich lieber vergessen würde. Es gibt noch d'Epernon als Zeugen sowie des Vernyes und Bazanez, falls sie noch leben. Man wird nicht zulassen, dass sie einen Zeugen ignoriert, besonders nicht wenn der Mörder unter der Folter meinen Namen nennt. Sie muss mich töten.«
    Saburo neigte den Kopf zur Seite und stieß ein Grunzen aus, das je nach Zusammenhang – soviel hatte ich inzwischen herausgefunden – ›ja‹, ›nein‹ oder ›vielleicht‹ bedeutete.
    Ich fuhr fort: »Dank meiner Erfahrung kann ich Euch erklären, wie Ihr als Gesandter am englischen Hof auftreten solltet, wen es zu bestechen gilt …«
    »Bestechen?«
    Ich blickte ihn spöttisch an. »Nähert man sich den Edelleuten an Eurem Hof, ohne ihnen Geschenke zu geben?«
    »Ah. Geschenke. Das ist höflich.«
    Ich nickte. »In Robert Fludds Börse sollte noch ein wenig Höflichkeit übrig sein, genug, um Euch in eine Position zu bringen, wo Ihr eine Audienz beim König bekommen werdet. Das ist nicht leicht, da Ihr im Gegensatz zu Sully damals über keinerlei diplomatische Papiere verfügt, aber es ist machbar. Ihr wiederum müsst nichts weiter für mich tun, als einen Brief an den Minister mitzunehmen,

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