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1610 01 - Der letzte Alchimist

1610 01 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 01 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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einfach nicht leisten, Doktor, Euch von Ben Jonson ein ordentliches Hofmaskenspiel schreiben zu lassen, und was die Meister Heywood und Decker betrifft, so fürchtet Ihr, sie könnten zu viele Geschmacklosigkeiten in das Stück einbauen – was eine Frau selbstverständlich nie tun würde.«
    Ich verbeugte mich ebenfalls vor ihr zur Begrüßung und verbarg meine plötzliche Heiterkeit ob Fludds Gesichtsausdruck. Offenbar sind Frauen nicht ganz so leicht zu durchschauen wie die Zukunft.
    »Ihr schreibt sowohl das Maskenspiel als auch das Theaterstück, Madame?«, sagte ich. »Ich gratuliere Euch zu Euren Fähigkeiten.«
    Sie hob die dunklen Augen mit den schwarzen Wimpern, die trotz ihres Alters noch immer lang waren. Vor zwanzig Jahren mussten die Männer sich vor ihre hübschen Füße geworfen haben, damit kein Staubkorn ihre bestickten Schuhe verunstaltete. Jetzt griff sie nach dem starken Arm eines Dieners und schwang sich auf das kleine Tragegestell des vordersten Packpferdes. Ich half, indem ich ihr ebenfalls die Hand reichte. Ihre Finger fühlten sich warm in meinen an.
    »Ein Schriftsteller hat immer irgendwo Teile irgendwelcher Stücke herumfliegen.« Ihr Lächeln blendete mich kurz. »Nachdem Ihr Euch die Höhle angeschaut habt, von der ich schon so viel gehört habe, müsst Ihr mir sagen, wo die Darsteller hereinkommen sollen und wer wo für Eure Zwecke stehen muss.«
    »Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass Monsieur Fludd das mit Leichtigkeit voraussehen würde.«
    Fludd verschränkte die Arme. Mit Aemilia Lanier auf dem Pferd und Dank meiner Größe musste er nun zu uns beiden heraufschauen. Das schien ihn jedoch nicht im Mindesten zu stören.
    »Denkt einmal über Folgendes nach«, sagte er. »Nehmen wir an, Monsieur, dass ich mit Hilfe meiner mathematischen Fähigkeiten berechnet hätte, dass Ihr an einem bestimmten Tag wieder von Somerset nach London zurückkehren werdet. Was geschieht dann? Ich könnte mir gut vorstellen, dass Ihr dann alles daran setzen würdet, vor oder nach diesem Tag zu erscheinen. Ebenso vorstellbar ist, dass ich dann einige meiner Pläne neu berechnen müsste, was eine aufwendige Arbeit wäre. Oder sagen wir einmal so, Master Rochefort … Wenn Ihr eine Menge über Maskenspiele wüsstet und wie man eines erfolgreich einsetzen könnte, um König James zu ermorden, würdet Ihr dann mit den Hauptdarstellern darüber sprechen? Natürlich nicht. Ihr wisst, dass sie ihren Beruf verstehen …« An dieser Stelle verneigte er sich auf englische Art. »Ihr wisst, dass man sich besser nicht in ihre Arbeit einmischt und es ihnen überlässt, alles nach ihrem Belieben zu arrangieren.«
    »Das ist eine leichte Vorhersage«, widerlegte ich ihn. »Schaut Euch an, was ein Mann tut, und sagt ihm hinterher, genau das hättet Ihr vorausgesehen.«
    Fludd packte mich am Arm und zog mich zum Hoftor. Der Hengst folgte mir, und seine Hufe hallten hohl auf dem vom Morgentau nassen Boden.
    »Ihr habt mehr Vertrauen in meine Vorhersagen, als Ihr Euch in Eurer Rede anmerken lasst.« Er ließ meinen Arm nicht los. »Ich gehe davon aus, dass Ihr mit Minister Cecil gesprochen habt.«
    Seine Bemerkung war kein so großer Schock für mich, wie er sich vermutlich gewünscht hatte. Auch wenn Saburo und ich uns nicht bei Hofe, sondern eher unauffällig mit Cecil getroffen hatten, konnte selbst ein durchschnittlicher Nachrichtensammler mit Leichtigkeit an diese Information kommen, wenn er nur die richtigen Fragen stellte.
    »Wenn Ihr alles vorausgesehen habt …« Ich zuckte mit den Schultern. »Dann würde es Euch wohl kaum Sorgen bereiten, wenn ich mit Mylord Cecil oder gar mit Eurem König spreche. Ihr kennt das Ergebnis ja schon und wisst, dass Ihr Erfolg haben werdet, egal was passiert!«
    Fludd ließ meinen Arm los, trat einen Schritt zurück und schaute mir ins Gesicht. Zum Schutz vor der tiefstehenden Sonne hatte er die Augen zusammengekniffen. »Es bedarf keiner großartigen Berechnungen, um sagen zu können, dass Minister Cecil Euch nicht erlauben würde, mich zu töten oder offen zu verraten – noch nicht jedenfalls. Er will all seine Fische in einem Netz. Er will Astrologen, Mathematiker und Edelleute, alle gemeinsam. Habe ich nicht Recht?«
    Ihr schuldet Minister Cecil in der Tat viel. Ihr seid im Augenblick weder bewaffnet, noch werdet Ihr von Bewaffneten begleitet. Ich könnte Euch einfach so abstechen wie ein Schwein.
    Ich verdrängte die Unruhe, die mich überkam, als ich daran zurückdachte,

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