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1610 01 - Der letzte Alchimist

1610 01 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 01 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Nein, das war selbst für Mylord Cecil ein wenig übertrieben. Was dann? Hatte ich es vielleicht mit einem neuen, mir bisher unbekannten Feind zu tun?
    »Ich kann es dir zeigen.« Die alte Frau legte mir die schmutzige Hand auf den Arm. »Es ist nicht weit weg. Ich kann dir zeigen, warum …« Offensichtlich fehlte ihr ein französisches Wort. »Ich kann dir demonstrieren, dass ich keinen Dritten brauche, der mir sagt, wer du bist.«
    »Eine Einladung, in ein Labyrinth aus dunklen Höhlen zu gehen? Nein, danke. Darauf kann ich gut verzichten.«
    Ihr Blick blieb fest. Sie schüttelte so leicht den Kopf, dass es genauso gut eine Zuckung hätte sein können. »Ich bin nicht so gut wie der Londoner Meister. Du wirst mit mir kommen und Fragen beantworten müssen.«
    Einen Augenblick lang fiel mir bei ›Meister‹ nur ›Fechtmeister‹ ein.
    Fludd, dachte ich dann.
    Das ergab Sinn. Aber ich war in der Vergangenheit schon viel zu oft getäuscht worden, als dass Ernsthaftigkeit gereicht hätte, mich zu überzeugen.
    Schlimmstenfalls warteten hier ein weiteres Dutzend Mörder von Maria di Medici auf mich. Falls sie herausgefunden haben sollten, dass ich mich in England befand, war das hier der ideale Ort, um mich zu töten. Wie auch immer, ich hatte ein Schwert und eine Pistole. Nur würde es mir schwer fallen, einem Hinterhalt zuvorzukommen, da ich mich in diesen Höhlen nicht auskannte.
    Und das wiederum hieß, dass grand'mère mit mir reden musste.
    Ich stand auf und bot ihr meine Hand an. »Dann zeig es mir.«
    Die Hand, die sie in meine legte, wies eine Reihe alter Narben und Schwielen auf, doch sie wirkte nicht so knochig wie die vieler älterer Hofdamen, sondern war nach wie vor ein wenig fleischig.
    »Valentin, Valentin, Valentin!« Sie sang die Worte fast. Wie ich feststellte, als sie sich auf mich stützte, wog sie mehr, als ich gedacht hatte. »Ich bin nicht verrückt.« Mit der anderen Hand fummelte sie an ihren Röcken. »Und ich bin auch keine Hexe. Ich bin keine strega . Folge mir. Du wirst die Laterne brauchen. Nimm sie mit.«
    »Mir ist auch schon aufgefallen«, sagte ich und nahm die Laterne, »dass Frauen offenbar dazu neigen, mir Befehle zu erteilen.«
    Sie legte die Hand auf den Mund und kicherte wie ein junges Mädchen.
    Wenn man sich gefügig zeigt, kann man bisweilen viel dadurch gewinnen. Ich hielt die Laterne hoch und winkte ihr vorauszugehen.
    Sie führte mich in eine niedrige, aber lange Nebenhöhle. Der Fels unter meinen Füßen fühlte sich abgesehen von zwei Tümpeln trocken an. Ich ging vornübergebeugt. Zweimal öffnete sich die zerklüftete Decke über mir so weit, dass das Laternenlicht nicht ausreichte, um die Dunkelheit zu durchdringen, und einmal durchquerten wir eine so große Kammer, dass unsere Schritte widerhallten wie in Notre Dame de Paris. Der Felsen sah aus, als wäre er wie Kerzenwachs geschmolzen. Jenseits davon wurde die Decke so niedrig, dass selbst die alte Frau sich bücken musste. Immer wieder blickte ich in regelmäßigen Abständen zurück, um mir auffällige Punkte in der Höhle einzuprägen. Ein Schauder lief mir über den Rücken, als ich darüber nachdachte, was mich in diesem Labyrinth erwarten könnte.
    »Hier, Valentin. Hier lebe ich.« Die alte Frau duckte sich unter einem natürlichen Torbogen hindurch, und ich folgte ihr und stellte fest, dass ich hinter dem Bogen aufrecht stehen konnte.
    Die Kalksteinwände waren vollkommen zerkratzt – nein, nicht zerkratzt. Sie waren voller Buchstaben und Zeichen, wie man sie in geometrischen oder okkulten Büchern fand.
    »Gleichungen«, vermutete ich mit einem leicht ironischen Unterton. »Mathematik.«
    »Es war schwer, als ich zuerst hierher gekommen bin.« Sie stand neben mir. »Später ist es mir gelungen, Papier und Tinte aus der Mühle zu stehlen.«
    Spöttisch hob ich die Augenbrauen. »Hast du keine Angst, deine Voraussagen einfach so hier zu lassen, wo zukünftige Generationen sie entdecken können?«
    »Der Fluss wird anschwellen, bevor man sie verstehen kann, und all diese Höhlen werden untergehen.«
    Die Vorstellung, dass diese Höhle und die anderen bis zur Decke mit Wasser gefüllt werden könnten, beunruhigte mich ein wenig. Die alte Frau ging zum dunklen Ende der Höhle. Ich folgte ihr vorbei an den Schriften an der Wand und war mir nicht sicher, was ich vor ihr in der Ecke sah.
    Papier.
    Ich streckte die Hand nach einem Stapel aus und fand, dass er sich ein wenig feucht und sandig anfühlte. Im Licht

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