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1610 01 - Der letzte Alchimist

1610 01 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 01 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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mit mir reiten.
    »Hört auf meinen Rat«, sagte ich nüchtern. »Kehrt nach Paris zurück, verhaltet Euch ruhig, und tröstet Euch mit dem Gedanken, dass Ihr den Duellanten Rochefort … in eine nachteilige Situation gebracht habt. Das hier sind jetzt Männerangelegenheiten.«
    Es hätte mir nicht wirklich Leid getan, hätte er diesen Rat befolgt, doch hatte ich ihn bissig genug formuliert, um sicher sein zu können, dass er genau das nicht tun würde. Irgendwo in meinem Hinterkopf wünschte ich mir dennoch, er würde mein großzügiges Angebot annehmen und so für immer in meiner Schuld stehen – auch wenn ihm das nie bewusst sein würde. Damit wäre das Gleichgewicht zwischen uns wenigstens einigermaßen wiederhergestellt.
    Ich konnte nicht wirklich mit klarem Verstand an die Ereignisse im Stall zurückdenken. Mein Geist zuckte immer wieder vor der Erinnerung zurück. Während ein Teil von mir wollte, dass er um seiner selbst willen ging, so wollte ein anderer, dass er es für mich tat.
    Offensichtlich kurz davor, mir eine bissige Antwort zu geben, ging Darioles Blick an mir und auch an den Pferden vorbei, die ich hielt. »Kennt Ihr diesen Mann?«
    Lassels stand auf den Stufen des Rathauses. Vor ihm stand ein stämmiger Mann in scharlachroter Pluderhose und kurzem grauen Mantel, der mit dem Finger nach ihm stieß. Ich war zu weit entfernt, um irgendetwas hören zu können, doch offensichtlich verlangte der Mann etwas von Lassels. Lassels Blick wanderte über den Platz, ruhte kurz auf mir und bewegte sich dann weiter.
    Lassels deutete auf die Truppen. Offenbar schickte er den Mann zu seiner Exzellenz, dem Gouverneur.
    Der Mann fragt nach mir.
    Er drehte sich um. Ich sah deutlich sein Gesicht – und ich erkannte ihn. Er war mit Maria di Medici in Les Halles gewesen. Das war der Mann, der Maignans rechten Arm gehalten hatte, während sein Kamerad ihm die Kehle durchgeschnitten hatte.
    Dariole stemmte die Fäuste in die Hüfte und grinste. »Hey, soll ich die Gelegenheit wahrnehmen und ihn herüberrufen? Ich nehme an, er könnte einer von Sullys …«
    Ich packte ihn hart genug an der Schulter, um ihm das Grinsen aus dem Gesicht zu treiben. Er machte keinerlei Anstalten, das Schwert zu ziehen, sondern sah mich nur erstaunt an.
    Es war das erste und einzige Mal, dass ich mich ihm auf diese körperliche Art zugewandt hatte, und sein Erschrecken brachte mich dazu, unerwartet ehrlich zu sein. »Das ist ein Mann der Medici. Sitzt auf, und reitet hinter mir zum Südtor hinaus.«
    »Der Medici? Der Königin? Nach Süden? Aber da geht's doch wieder nach Paris!«
    »Und wenn wir ein paar Meilen von Poissy entfernt sind, werden wir wieder die Richtung ändern. Jetzt, macht voran!«
    Ich drückte dem jungen Mann die Zügel in die Hand und schwang mich in den Sattel meiner Stute.
    Der stämmige Mann trat in die Menge hinaus und war nicht mehr zu sehen.
    In Fällen wie diesen gibt es immer wieder einmal einige Minuten, in denen ein Mann sich ungesehen bewegen kann. Er ist hier, und vielleicht ist er nicht allein. Wenn das Schicksal mir die Gelegenheit gibt, werde ich sie nicht verschwenden.
    Nachdem wir ein paar Meilen über Land geritten waren, lenkte Monsieur Dariole sein Pferd neben mich. »Wenn das ein Mann der Königin war, warum hat er dann dem Gouverneur nicht einfach befohlen, die Tore zu schließen und die Stadt zu durchsuchen?«
    Auch das war eine klügere Frage, als ich von ihm erwartet hatte. Mein Instinkt sagte mir, ich solle nichts darauf erwidern. Ein Impuls, der mich einen Teil seiner Dummheit erkennen ließ, und das Wissen, dass er vermutlich nie wieder nach Paris würde zurückkehren können, ließ mich jedoch sprechen.
    »Wenn man mich öffentlich gefangen nimmt, besteht die Gefahr, dass ich sage, was ich weiß.«
    »Die Gefahr? Die Gefahr, dass Ihr etwas sagt, was die Königin nicht hören will? Oh, gütiger Gott … die Königin?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe Euch gewarnt, nicht mit mir zu kommen.«
    »Bei allen Heiligen!« Er schlug mit der Hand auf das Heft seines Rapiers und grinste mich breit an. »Und ich habe geglaubt, ich müsste mich nur um ein paar Jahre im Gefängnis von Chatelet sorgen.«
    Er hob den Kopf und begann zu singen, während wir durch den Maiabend ritten.
    Wenn es einen Menschen in Frankreich gibt, den König und Königin nicht kümmern, dann habe ich das Vergnügen, mit ihm zu reiten, dachte ich grimmig.
    Ich bog nach Westen ab, wo der Weg uns an Bauernhöfen

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