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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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das sie über der Samuraikleidung trug.
    Ich stöhnte. Der Braune versuchte sofort, meine Unaufmerksamkeit auszunutzen, und ich packte die Zügel fester. Besorgnis wuchs in mir, die nichts mit der Wahrscheinlichkeit eines Duells zu tun hatte.
    Wäre sie eine andere Frau gewesen, dachte ich, wäre sie eine Hofdame in Röcken gewesen, würde ich verstehen, worin meine Sünde besteht.
    Wäre sie eine andere Frau, würde meine unverzeihliche Sünde darin bestehen, vergangene Nacht nicht in ihr Bett gekommen zu sein.
    Als ich die Wut auf ihrem Gesicht sah, fragte ich mich: Ist dem wirklich so? Trotz dieser Sache mit Fludd? Und wenn ja, kennt sie sich selbst dann gut genug, um das zu verstehen?
    »Ihr hättet Euch vor der Berührung eines Mannes gefürchtet«, sagte ich auf Französisch und so leise wie möglich, »und das im Augenblick mit Recht. Ich hatte Euch nur geängstigt …«
    Sie rieb sich mit der Hand über das Leinentuch, welches den unteren Teil ihres Gesichts bedeckte, als wäre es ihr irgendwie unangenehm. Ihre Augen waren vollkommen kalt. »Ich habe keine Angst vor Euch. Unter gar keinen Umständen.«
    Ich ballte die Faust. Oh, das hast du aber gut gesagt, Rochefort … Wir erreichten die Schatten von St Paul's und wurden langsamer, als wir in die Fleet Street einbogen, wo es deutlich geschäftiger zuging.
    Noch immer auf Französisch und viel zu leise, als dass uns irgendjemand hätte zuhören können, sagte ich: »Darf ich Euch, wenn ich ansonsten nichts zu tun vermag, um Verzeihung bitten?«
    Der Blick, den sie mir zuwarf, war offen, selbstbeherrscht und wirkte älter, als man von einer Frau ihres Alters erwarten konnte – doch hatten die meisten Frauen ihres Alters auch nicht bereits ein, zwei Jahre in Paris mit dem Schwert gelebt und ihre Zeit mit Duellen verbracht.
    »Messire, wir befinden uns vielleicht nicht mehr in Paris, aber es gibt auch hier eine Gosse, und ehe Ihr Euch verseht, könntet Ihr wieder darin landen.«
    Innerlich zuckte ich zusammen, ließ mir nach außen hin jedoch nichts anmerken. Ja, ich habe Recht. Ja, es gibt keine Möglichkeit, wie ich mich bei ihr entschuldigen könnte.
    Vor uns wurden die Towergardisten langsamer. Ich erkannte, dass wir uns Middle Temple näherten. Wir waren an unserem Ziel: ›Prinz Heinrichs Raum‹, wie man ihn vor seiner Thronbesteigung genannt hatte. Für gewöhnlich traf sich hier der Rat des Herzogtums Cornwall. Unsere Ankunft bereitete meinem Gespräch mit Mademoiselle Dariole ein Ende. Ich bedauerte das und empfand einen Schmerz, der teils vom Herzen, teils von einem Kater kam.
    Das Haus befand sich auf der Südseite der Fleet Street, der Raum des Prinzen im ersten Stock. Von außen sah das Gebäude recht armselig aus, fand ich: schlichtes Eichenfachwerk, Putz und eine Hand voll Schnitzereien. Wir stiegen ab und wurden von Männern in Heinrichs Livree hineingeführt. Oben geleiteten sie uns in einen hell erleuchteten, mit Eiche verkleideten Raum, dessen augenfälligstes Merkmal eine reich verzierte Decke darstellte, in deren Mitte die drei Federn des Prince of Wales sowie die Initialen P und H zu sehen waren. Die Stuckarbeiten waren von einer derartigen Qualität, dass man hätte glauben können, ein Franzose hätte sie in Auftrag gegeben.
    In der Mitte des Raums stand ein langer Tisch, der mich auf unangenehme Art an die Festtafel in Wookey erinnerte. Als wir eintraten, erhob sich eine kleine, buckelige Gestalt.
    Zwei von Cecils Männern begleiteten uns in den Raum. Den beiden zusätzlichen Ronin schenkten sie keinerlei Aufmerksamkeit … Sie sind an Monsieur Saburo gewöhnt, dachte ich. Und ich bin zur Ablenkung recht nützlich: der berüchtigte Duellant Rochefort …
    Ich trat neben den König und Mademoiselle Dariole hinter ihn. So schmerzhaft das Eingeständnis auch war, sie war weit besser in der Lage als er, sich zu verteidigen.
    Insgeheim hatte ich damit gerechnet, dass irgendjemand schreien würde, ›Verhaftet den Schwindler!‹, kaum dass wir das Haus betreten hatten – doch niemand war gekommen. Natürlich könnte sich das jederzeit ändern, aber im Augenblick funktionierte Mademoiselle Darioles Maskerade.
    Mir trat der Schweiß auf die Stirn. Ich lächelte spöttisch und wünschte mir, ich hätte mich auch unter einem nihonesischen Gewand verstecken können.
    Der kleinwüchsige Robert Cecil nahm Saburos Verbeugung entgegen. Vom Prinzen – oder König – war noch nichts zu sehen. Das überraschte mich nicht. Heinrich überließ es

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