1610 02 - Kinder des Hermes
Doktor Fludd zu verurteilen«, sagte ich, »und damit wäre Euer Gnaden einen gefährlichen Verräter los, und der neue König wäre Euch zu Dank verpflichtet.«
Cecil blickte mich hart an. »Ich gehöre einfach nicht dazu. Der Prinz und sein Welpenhofstaat haben mir und dem verstorbenen König stets ablehnend gegenüber gestanden. Er hat Lord Northumberland und Sir Walter aus dem Tower befreit: Sie sind jetzt seine Regierung.«
Saburo legte die Hände auf den Bauch. »Nun da er der König-Kaiser ist, hat er Verurteilte befreit?«
»Er ist der König. Er hat das königliche Siegel.«
Ich spürte, wie James' Schulter neben meinem Arm zitterte. Mit absichtlicher Frechheit bemerkte ich: »Mylord, natürlich habt Ihr dem Prinzen das Siegel seines Vaters gegeben, kaum dass sich die falsche Nachricht über James' Tod verbreitet hat. Das verstehe ich. Die Menschen lieben nun einmal die aufgehende Sonne.«
Cecils Gesicht erstarrte zu einer Maske.
Saburo sagte: »Wäre ich der Ratgeber des schlechten Prinzen, würde ich rebellieren und einen anderen Prinzen auf den Thron setzen. James hat doch noch weitere Söhne, oder? Jüngere Söhne? Stöhne, die sich von einem weisen Ratgeber führen ließen?«
Robert Cecil war sicher versucht gewesen, den zehnjährigen Prinz Charles an die Stelle seines Bruders zu setzen, dachte ich, wenn auch nur in den kurzen Stunden der Dämmerung, da die Sonne sich über den Horizont erhebt.
In verächtlichem Tonfall sagte ich: »Ihr wisst, dass der Prinz versucht hat, seinen Vater zu ermorden. Mylord, Ihr wart in Wookey. Ihr habt gesehen, wie er auf den König eingestochen hat!«
Cecil sagte: »Ich will nichts davon hören.«
Er betonte das nicht sonderlich, doch es war in jedem Winkel des Raums zu hören. Ich sah dunkle Ränder unter seinen Augen, ausgeprägter denn je. Schlaflosigkeit? Sorge? Plant er Rebellion?
Auf wessen Seite stand der Herr Minister?
»Ihr habt gesehen«, wiederholte ich, »dass der Prinz ein junger Mann ist, der keinen Augenblick lang zögert, mit eigenen Händen zu töten. Ihr habt gesehen, dass er einen Vatermord versucht hat. Und wären wir nicht darauf vorbereitet gewesen, wäre ihm das auch gelungen. Ist das die Art von Fürst, der Ihr dienen wollt?«
Ich sprach mit einem gewissen Maß von moralischer Entrüstung in der Hoffnung, dass der Herr Minister zu sehr mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt war, um die Söhne von Katharina di Medici nicht erwähnte: jene Valois-Könige, denen ein Mann hatte dienen müssen, weil sie legitim gewesen waren.
»Ich werde Euch nicht weiter zuhören, Monsieur.« Robert Cecil schaute mich müde an. Entweder war er krank oder verzweifelt; ansonsten hätte er sich nie so viel von seinen Gedanken anmerken lassen.
Ich zählte die Optionen an den Fingern meiner Hand ab. »Wäre Heinrich weg, könntet Ihr als Regent für Charles auftreten. Die Situation hier in England gleicht der in Frankreich mit Maria di Medici und König Ludwig. Charles ist nur ein Jahr älter als Ludwig. Aber mit Heinrich als König werdet Ihr aus Eurem Amt fliegen, sobald Eure Hilfe in diesen Gesprächen hier nicht mehr vonnöten ist. Heinrich wird seine eigenen Männer an Eure Stelle setzen. Ihr werdet England nicht länger regieren, wie Ihr es unter König James getan habt.«
Cecil errötete. »Der verstorbene König und ich haben zusammengearbeitet! Wir haben uns gemeinsam bemüht, dieses Königreich zu einem wohlhabenden, friedlichen Land zu machen: kein Krieg mit Spanien, kein Krieg mit Frankreich, keiner mit den Niederländern, Frieden für alle! Wir haben wie zwei Zugochsen im Geschirr gearbeitet – wie Euer Duc de Sully und König Heinrich. Und wie hat man James Stuart dafür gedankt? Man hat ihn einen Feigling genannt! Selbst Euer Duc de Sully!«
Robert Cecil atmete in dem darauffolgenden Schweigen tief durch und ballte die kleinen Hände auf dem gewachsten Tisch zu Fäusten.
»Ich werde die Erinnerung an James nicht verraten«, fuhr er schließlich steif fort. »Heinrich ist der legitime Sohn von James und Anne. Glaubt mir: Wenn ich einen Berater an seine Seite stellen könnte, der es vermag, ihn von diesem protestantischen Kreuzzug abzubringen, ich würde es tun! Hätte ich nur noch den Hauch von Einfluss, könnte es in der Zukunft durchaus sein … Und ich hätte wenigstens diesen Robert Fludd zur Strecke bringen können, hättet Ihr Eure Glaubwürdigkeit als Zeuge gegen ihn nicht ruiniert, indem Ihr einen Schauspieler als König
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