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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Cecil, uns zunächst einmal auszufragen.
    Und wo steckt Doktor Robert Fludd?
    Cecil setzte sich gleichzeitig mit dem Samurai. Als ich vortrat und meinen Platz neben dem König und hinter Saburos Stuhl einnahm, kam es zu ein wenig Aufregung zwischen mir und Cecils Gentlemen. Nur war unsere Auseinandersetzung von jener Art, die niemandem auffiel, der nicht schon einmal Leibwächter eines mächtigen Mannes gewesen war. Monsieur Saburo grunzte vor sich hin – in Europa, dachte ich, wäre das ein Lachen gewesen.
    »Falls ich die Verhandlungen auf eine eher ungewöhnliche Art eröffnen dürfte …«, bemerkte Robert Cecil trocken. »Warum kommt der Gesandte Japans in Begleitung von Monsieur Rochefort?«
    Er sah genauso aus wie damals, als ich ihn auf Heinrichs Zeremonienbarke gesehen hatte: dünn, buckelig, die Augen unnatürlich leuchtend, und seine ganze Haltung sprach von Macht und Selbstvertrauen. Ich verneigte mich, wie es einem Franzosen geziemte, und sammelte rasch meine Gedanken.
    »Mylord, weil ich den König seit dem Maskenspiel in Wookey ständig begleitet habe. Ich kann bezeugen, dass er in der Tat kein Schwindler ist.« Ich schaute ihm unverwandt in die Augen. »Ich kann bezeugen, dass es sich in der Tat um James Stuart handelt, erster seines Namens von England und sechster von Schottland, der sich im Tower befestigt hat. Und«, fügte ich hinzu, »es ist der Vater, der dem Sohn große Freude bereiten wird, wenn dieser ihn wieder unter den Lebenden sieht.«
    Cecil legte die blassen Fingerspitzen zusammen. »Oder – verzeiht mir, Master Rochefort es handelt sich um einen Schauspieler, der dem verstorbenen König ähnelt, und diese Ähnlichkeit nutzt man nun aus, um einen Aufstand gegen König Heinrich zu entfachen.«
    »Der König wird es selbst beweisen, Seso-sama«, warf Saburo höflich ein, »wenn er die Zeit für gekommen hält.«
    Ich zuckte mit den Schultern und schaute Cecil weiterhin an. »Sobald Ihr ihn seht, Mylord, ist die Angelegenheit erledigt. Dann kann auch Prinz Heinrichs bedauernswerter Irrtum korrigiert werden, und die weniger besonnenen Ratgeber des jungen Prinzen, wie zum Beispiel Master Fludd, wird man ihrer Posten entbinden und zur Rechenschaft ziehen.«
    Cecil legte die Stirn in Falten, und das lange Gesicht nahm einen fast schon traurigen Ausdruck an. »Ihr seid viel zu sehr darin verstrickt, Master Rochefort. Verzeiht mir meine ungewöhnliche Offenheit, aber es gibt ohne Zweifel genügend Katholiken in Frankreich, die Verwirrung in Bezug auf die englische Thronfolge begrüßen würden, besonders wenn die Hugenotten derart in Unordnung sind wie jetzt.«
    Irgendetwas ist passiert, dachte ich, und mir zog sich der Magen zusammen. Nur was? Der Herzog, mein Herr …
    »Hier steht Ihr nun, und wieder besteht eine Verbindung zwischen Euch und einem toten Monarchen«, bemerkte Cecil in abgehacktem Tonfall und fixierte mich mit seinen dunklen Augen. »Ich warne Euch, Master Rochefort: Sollte ich auch nur den geringsten Hinweis darauf finden, dass Ihr in irgendeiner Weise mit dem Unfall in Verbindung steht, der uns unseres Königs beraubt hat, werde ich Euch die Eingeweide aus dem Leib reißen und Euren Kopf an der London Bridge aufspießen lassen – ob das dem Hof in St Germain nun gefällt oder nicht!«
    Unterdrückter Zorn brannte in seiner Stimme. Das und die weißen Flecken auf seinen Wangen hätten mich in Angst versetzt, wäre ich der Mann gewesen, für den er mich hielt.
    Da die Dinge jedoch so waren, wie sie waren, war ich sogar zufrieden. Ich blickte jedoch nicht zu James, aus Furcht, er würde unsere Maskerade zu früh auffliegen lassen.
    »Seid Ihr katholisch?«, verlangte Cecil zu wissen.
    »Was das betrifft, bin ich mit Eurer verstorbenen Königin einer Meinung«, antwortete ich. »Man soll keine Fenster in die Seele eines Menschen öffnen. Die Religion eines Mannes ist seine eigene Angelegenheit, falls er denn überhaupt eine hat. Nach den letzten Kriegen in Frankreich und meiner Zeit in den Niederlanden ist es mir vollkommen egal, wie ein Mann zu seinem Gott betet – oder ob er es überhaupt tut. Mylord, ich bin kein gedungener, katholischer Meuchelmörder. Ich bin nur hier, um Zeugnis über die Identität des lebenden James Stuart abzulegen.«
    Cecils Gesichtsausdruck, der sich gerade wieder ein wenig entspannt hatte, verspannte sich kaum merklich. »Wenn ich an Eurer Stelle wäre, Master Rochefort, dann würde ich von diesen Ufern verschwinden, solange es noch möglich ist.

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