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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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auch die Porträts von Heinrich IX. abhingen, die vereinzelt schon in den Fenstern gehangen hatten) und der Hof sich aus Furcht vor der Pest ein paar Meilen flussabwärts nach Greenwich verlegte.
    Greenwich war mir vertraut: die Ansammlung von Prachtgemächern und Verwaltungsbüros entlang der Themse, östlich von Blackheath, und die prächtige Front aus roten Ziegeln, die direkt aus dem Wasser zu wachsen schien. 1603 hatte ich einige Zeit hier verbracht, als Messire de Sully damals eine Audienz beim König hatte. Dass ich nun wieder hier war, diesmal aber für König James und Minister Cecil arbeitete, fand ich ironisch.
    Aber zumindest beschäftigte es mich.
    London – eigentlich ganz England – sah die Rückkehr seines toten Monarchen, und nach einer jener öffentlichen Entscheidungen, die niemand vorherzusehen vermag, stellten die Menschen ihre Piken und Musketen wieder beiseite, und nichts deutete mehr darauf hin, dass es fast zu einem Bürgerkrieg gekommen wäre. Dass Northumberland und Raleigh wieder im Tower saßen, konnte natürlich etwas damit zu tun haben.
    James und Cecil gestatteten mir, meinen Beruf auszuüben. Ich untersuchte jedes Schiff, jede Poststation und jedes Zolltor auf den Routen, die Doktor Fludd auf der Flucht hätte einschlagen können – ohne Erfolg. Ich wusste, dass Cecils Informanten London mitsamt seiner Vorstädte durchkämmten. Frustriert verschliss ich ein Pferd nach dem anderen, während ich von Richmond bis Tilbury nach dem Flüchtigen suchte, von Barnet bis zu den Grenzen von Kent. Sechs Tage lang ritt ich von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Niemand, den ich fragte, hatte Robert Fludd gesehen.
    Bei meinem Aufbruch von Greenwich am nächsten Morgen kam der Samurai keuchend über den Hof zu mir gelaufen.
    »Wir haben ihn!«, verkündete Saburo. »Furada!«
    Vermutlich habe ich ihn missverstanden, dachte ich und blieb stolpernd stehen. Ich starrte den Samurai an und verlangte zu wissen: »Fludd? Ihr habt Robert Fludd"?«
    »Hai!« Saburo grunzte und nickte knapp. »Roshfu-san, Dari-oru-sama wird bald davon erfahren. Wir sollten zuerst dort sein, sonst ist er tot.«
    Ich legte die Hand auf das mit Draht umwickelte Heft meines sächsischen Rapiers; meine Finger fühlten sich taub an. »Wo? Lebt er? Was ist passiert?«
    »Er lebt. Ihr werdet schon sehen, Roshfu-san. Kommt!«
    Die Hufe des Braunen schleuderten den getrockneten Schlamm vor den Ställen des Palastes von Greenwich hoch. Ich trieb mein Pferd hinter Saburo in Richtung Westen, raus aus Greenwich und auf die Heide. Dabei fluchte ich unablässig vor mich hin – eine Flut von Französisch, wobei ich hoffte, dass der Samurai es noch immer nicht verstand.
    Als wir jenseits der Heide wieder auf Häuser stießen, erkannte ich die Straße der Bettler und Abrahams Männer. Saburos Reitstil sah zwar seltsam aus, aber er hielt sich ständig vor mir. Als ich ihn schließlich doch einholte – und inzwischen war ich überzeugt davon, dass er kein schlechter Reiter war, zumal er keine Sporen trug –, griff ich in seine Zügel und brachte ihn in einer Staubwolke zum Stehen.
    »Wo reiten wir hin?«
    Saburo deutete weiter nach Westen. Er meinte vielleicht Long-Southwark oder London Bridge, aber davor …
    »Sein Haus?«
    Der Samurai nickte. »Hai, Roshfu-san. Prinz Heinrich-sama hat einen Boten zu Seso-sama geschickt, dass Furada heute dort sein wird.«
    Staunend starrte ich den Nihonesen an. »Der Prinz hat Fludd an Cecil verraten?«
    Saburo wendete sein Pferd und ritt im Schritt auf die Southwark Straße. »Es ist so, wie die yamabushi gesagt hat. Kata-rii-na.«
    Ich ritt mit ihm Stiefel an Stiefel. Den Namen der alten Italienerin konnte ich gerade so eben verstehen; aber was das andere Wort zu bedeuten hatte … Ich schüttelte den Kopf.
    »Das ist ein Priester. Bergkrieger. Yamabushi. Kata-rii-na, Priesterin der Höhlen. Sie hat gesagt, es würde eine Zeit kommen, da Furada sich wieder außerhalb seiner Weissagungen bewegen würde.«
    Eine Zeit, die so weit von seinen Vorhersagen entfernt lag, dass selbst Fludd nicht mehr berechnen konnte, was geschehen würde.
    »Nun, falls Ihr Recht habt und sie ihn gefangen genommen haben … Dann würde ich sagen, ja. Ja, Monsieur, dann ist Fludd ›außerhalb seiner Weissagungen‹.«
    Bewaffnete in Cecils Wappenrock waren schon zu sehen, bevor wir das Haus an der Battle Bridge erreichten. Als ich abstieg entdeckte ich weitere von ihnen am Flussufer, im Hof und an den Lagerhäusern. Das große

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