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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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hat benutzen können. Die Vergewaltigung war nicht Eure Schuld. Aber Ihr müsst doch damit gerechnet haben, dass so etwas irgendwann geschehen würde.«
    Sie rührte sich nicht, saß vollkommen still da …
    Dariole schlug die Hände vors Gesicht und heulte vor Lachen.
    »Dariole …« Verwirrt protestierte ich. »Ich habe keine Ahnung …«
    »Nein … Ich meine … Die habt Ihr wohl wirklich nicht!«
    Sie warf sich mit dem Rücken ins Stroh, die Arme ausgebreitet, und das Sonnenlicht ließ sie golden schimmern. Sie schaute zu mir hinauf, und in ihren Augen lag viel zu viel Zuneigung. »Ich kenne niemanden, der die Dinge so beschreiben würde wie Ihr, Messire!«
    Amüsiert schwieg ich. Da sie ihren Schmerz offenbar beiseite geschoben hatte, vielleicht nur kurz, wollte ich sie nicht länger daran erinnern.
    »Das«, sagte sie und deutete auf meine Schulter. »Ich will es wissen, Messire. War es Sully, der Euch hat brandmarken lassen?«
    »Sully? Nein, obwohl auch er eine Rolle in der Geschichte spielt. Mademoiselle, wenn Ihr darauf besteht, werde ich Euch einen Teil davon erzählen, aber nicht alles. Nur das, was ich Euch sagen kann.«
    Sie rollte sich auf die Seite, legte den Kopf in die Hand und schaute mich an. Nun fiel mir auch auf, dass ihr Wams und ihre Hose aus brauner bestickter Seide bestanden, und ihr Kragen mit Brüsseler Spitze verziert war. James Stuart hatte seinen neuen Favoriten offenbar schon mit edler Kleidung versorgt. Und natürlich wird sie ihm gestatten, ihr beim Ankleiden zu helfen.
    Na ja … So lange er ihr nicht beim Auskleiden hilft …
    Das Sonnenlicht auf ihr blendete mich ein wenig. Es schien ihr nicht im Mindesten etwas auszumachen, dass sie Stroh im Wams und in ihrem hellen Haar hatte.
    Ich begann, auf und ab zu laufen. »Ich werde Euch zumindest erzählen, wie Messire de Sully in diese Geschichte verwickelt ist. Und solltet Ihr die Geschichte weder als erbaulich noch als unterhaltsam empfinden, so habt Ihr Euch das selbst zuzuschreiben, Mademoiselle.«
    »Es war einmal«, begann ich. »Es war einmal ein Junge: reich, verwöhnt, gutgekleidet. Sagen wir, achtzehn oder neunzehn Jahre alt. Er war der Sohn eines reichen und edlen Vaters. Oder zumindest der Sohn eines Vaters, der genau wusste, wie er sich einen Vorteil verschaffen konnte, was er dadurch bewies, dass er Paris als Stadtkommandeur im Jahre 1594 an Heinrich von Navarra verkaufte. Später ist er aufgrund dieser Tat zum Marschall von Frankreich aufgestiegen.
    Diese Ereignisse fanden ein paar Jahre, nachdem er den jungen Mann aus seinem Leben vertrieben hatte, statt, nachdem er erklärt hatte, der junge Mann sei nicht mehr sein Sohn. Der junge Mann – ich – war im Alter von achtzehn, neunzehn Jahren wegen Mordes an einem anderen jungen Mann verurteilt und gebrandmarkt worden.
    Älter, mit Mitte zwanzig, kehrte der junge Mann aus dem Krieg in den Niederlanden wieder zurück und tat, was viele heimatlose Soldaten nach dem Krieg tun: Er wurde ein Bandit.
    Das Leben eines Banditen gleicht dem im Krieg: kein Dach über dem Kopf, kein Schutz vor dem Wetter, alle sind hinter einem her und wollen einen hängen, und man verdient sich seinen Lebensunterhalt damit, dass man unschuldige Menschen tötet. Ich war noch nicht alt genug, um zu erkennen, dass Letzteres das Schlimmste von allem war. Ich genoss die Kameraderie in meiner Bande und die Rache, die ich an meinen Landsleuten dafür übte, dass ich nicht länger der Sohn eines Edelmanns war.
    Nicht lange danach gerieten ich und die meisten meiner Männer in einen Hinterhalt. Wir wurden eingekerkert. Später wollte man uns in die Provinzhauptstadt bringen, um uns abzuurteilen und zu hängen. Ich, der ich inzwischen nicht mehr ganz so jung war, wurde untersucht – ich hatte eine Kugel in die Brust bekommen – und gepflegt. Der jungen Tochter des Gefängnisdirektors gefiel mein Äußeres. Tatsächlich war ich auch noch immer gutaussehend, wenn auch nicht mehr ganz so wie vor meiner Zeit in den Niederlanden.
    Die junge Frau zog dem bewusstlosen jungen Mann das Hemd aus und fand so heraus, dass es sich bei ihm um einen gebrandmarkten Verbrecher handelte. Wäre es eine Romanze gewesen, hätte ihre Liebe für den jungen Mann sie dazu bewogen, das zu verbergen, und meine Liebe für sie – wenn ich denn erwacht wäre und mich in sie verliebt hätte – hätte mich dazu gebracht, mich von meinem verbrecherischen Leben loszusagen.
    Da es jedoch keine Romanze war, ging die Tochter des

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