1610 02 - Kinder des Hermes
verschlug mir fast den Atem. »Ich bin froh, dass Ihr mich nicht … nicht romantisiert, Mademoiselle. Dass ich Euch liebe, sollte Euch nichts angehen. Das ist meine Angelegenheit.«
Wir schauten einander an. Sie schwieg.
Das war das erste Mal, das ich es ausgesprochen habe – auch mir selbst gegenüber.
Unter Schwierigkeiten sagte ich: »Für Euch … Bald werdet Ihr einen Jungen von achtzehn, zwanzig Jahren finden, ungefähr in Eurem Alter. Er wird aus einer ehrbaren Familie stammen und über einen guten Ruf verfügen. Er wird Euch lieben, Dariole …«
Ich hielt inne und stellte mich ihrem Blick. Nur mit Mühe gelang es mir, mich zur Ehrlichkeit zu zwingen.
»Auch wenn wir verheiratet wären, Mademoiselle, würdet Ihr irgendwann diesen jungen Mann treffen. Der Unterschied wäre nur, dass Ihr ihn dann zu Eurem Liebhaber anstatt zu Eurem Gemahl machen würdet. Ich halte es für das Beste – jedenfalls würde ich es vorziehen –, wenn Ihr warten und ihn heiraten würdet, anstatt mir Hörner aufzusetzen. Selbst wenn Ihr so töricht wäret, mich zu akzeptieren.«
Ihr Leib verspannte sich, und sie wandte den Blick ab.
Dann bewegte sie die Hand. Ich fing diese ab, bevor sie sie mir in den Schoß legen konnte.
»Nein! Dariole, ich wünsche mir nichts sehnlicher, als Euch hier und jetzt in diesem Stroh zu nehmen. Und weil wir sind, wo wir sind, wollt Ihr beweisen, dass Ihr es könnt. Ihr wollt beweisen, dass sie Euch nicht zerstört haben. Vielleicht empfindet Ihr sogar tatsächlich ein gewisses Maß an Zuneigung für mich. Aber, Dariole, hört zu!« Ich hielt sie fest. »Lasst Euch Zeit zum Heilen. Trefft Euren Jungen, Euren Gentleman!« Ich atmete tief durch. »Und ihn werdet Ihr nicht in den Wahnsinn treiben, wie es bei mir der Fall ist.«
Kühl erwiderte sie: »Heiraten würde er mich aber auch nicht.«
Ihre kalte, klare Stimme war wie ein Schock für mich. Ich nahm den Arm von ihrer Schulter. Sie beugte sich vor, legte die Arme auf die Knie und rieb sich das Handgelenk, wo ich sie festgehalten hatte.
Ohne mich anzuschauen, sagte sie: »Dieser hypothetische Edelmann, dieser Inbegriff eines Gentleman … Er würde mich nicht heiraten. Zunächst einmal bin ich keine Jungfrau mehr.«
»Das müsst Ihr ihm ja nicht sagen«, erwiderte ich dümmlich.
»Und warum sollte ich ihn heiraten wollen, wenn ich es nicht kann?« Sie drehte sich so, dass sie mit dem Knie zu mir saß. Ihre Augen waren dunkel vor Wut. »Und wo ist der Mann, der mich heiraten würde, nachdem er erfahren hat, dass ich keine Jungfrau mehr bin? Ihr wollt über Träume reden? Ihr seid es, der hier träumt, Messire! Zu glauben, ich könne einfach die Hose ausziehen und die Braut irgendeines Edelmanns sein, der mich dann mit heim zu seiner Familie nimmt …!«
»Ich … Das heißt …« Ich bemerkte, dass ich stotterte, und hielt inne.
»Ich kann Männer töten«, sagte Dariole. »Wisst Ihr das nicht, Messire? Und ich habe weder Schweißausbrüche deswegen, noch beschert es mir schlechte Träume, nicht im Mindesten. Was das betrifft, bin ich ein Mann. Und ist es das, was dieser Junge bei einer Frau suchen wird?«
Ich sehnte mich geradezu schmerzhaft danach, ihr die Hose hinunterzuziehen und in ihr Fleisch zu tauchen, ihr so viel Freude zu bereiten, dass sie weinen und lächeln zugleich würde. Und dieser Junge sollte stolz darauf sein, Euch heiraten zu dürfen!
Schließlich brachte ich doch ein paar Worte heraus.
»Ich habe geglaubt, dass wir, wenn wir uns schließlich trennen würden … Ich habe angenommen, dass Ihr einen jungen Mann treffen würdet, der Euch heiratet, sich um Euch kümmert …«
Sie warf mir einen Blick zu.
Ich bin nicht dumm, wenn es um die Signale geht, die eine Frau einem Mann gibt. Da waren die Frauen entgegenkommender Höflinge gewesen, abwesender Edelherren und Soldaten, da waren die Kurtisanen. Ich bin kein Mönch. Dariole funkelte mich an. Es war offensichtlich, dass sie nichts von diesem hypothetischen Edelmann hören wollte.
Es gab nur eine Möglichkeit der Wiedergutmachung: sie hier und jetzt hinunterzudrücken und sie auf dem kalten Zellenboden zu lieben. Doch das war einfach nicht der richtige Ort dafür, und ehrlich gesagt war ich auch nicht der richtige Mann.
»Später würdet Ihr es bereuen, einem … einem vorübergehenden Verlangen nachgegeben zu haben, Mademoiselle.«
Ich wischte mir mit der Hand übers Gesicht und gewann wieder einen Teil meiner Fassung zurück. Dariole schaute mich weiterhin
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