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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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kennen. Es ist durchaus möglich, dass er … dass er das, was zwischen mir und Maria di Medici vorgefallen ist, missdeutet hat und so zu dem Schluss gekommen ist, mich mittels Einschüchterung zum Gehorsam bewegen zu können.«
    Wieder dachte Dariole kurz nach und fragte dann: »Wollt Ihr damit sagen, er habe geglaubt, Euch mit Gewalt drohen zu können?«
    Sie hob die Augenbrauen.
    »Er kennt Euch nicht, stimmt's?« Sie grinste. »Nicht so wie ich.«
    »Dariole …«
    Ich nahm ihre rechte Hand, kniete mich so elegant, wie es die Umstände zuließen, nieder und küsste ihre nackten Finger, wie ich es bei jemandem von königlichem Blut tun würde.
    »Seine Berechnungen machen keinen Unterschied.« Ich blickte zu ihr hinauf. Selbst im Knien war sie nur wenige Zoll größer als ich. »Wenn man geschlagen wird, wird man geschlagen. Wenn man vergewaltigt wird, wird man vergewaltigt – Berechnungen hin oder her. Was zählt ist, dass seine Einschätzungen falsch sind: Ich bin nicht eingeschüchtert, und Ihr … Ihr seid nicht fügsam.«
    Nüchtern und ohne jeden Trotz oder verletzte Eitelkeit nickte Dariole.
    Ich wünschte mir nichts mehr, als aufzustehen und sie in den Arm zu nehmen, erkannte ich. Ich wollte sie umarmen, bis sich alle Ängste in Luft aufgelöst hatten.
    Aber sie würde die Umarmung eines Mannes jetzt wohl kaum willkommen heißen.
    Außerdem ist eine komische Figur, wie ich sie im Augenblick darstelle, wohl kaum als Trost geeignet.
    »Mademoiselle …« Ich blickte ihr in die Augen.
    Sie lächelte. Da war es wieder: dieses Zucken um ihre Mundwinkel, das den puren Schalk darstellte.
    Ob ihr eigentlich klar ist, in was für einem Dilemma ich stecke? Nein, sicher nicht …
    »Ich werde Fludds Verschwörung zunichte machen und seine Bande bis zum letzten Mann ausrotten«, erklärte ich in ruhigem Ton. »Und sollte dieser englische Earl mehr sein als nur ein dummes Opfer von Fludd, werde ich auch ihn zu Fall bringen. Robert Fludd selbst werde ich Euch überlassen. Solange die Umstände mich nicht zu etwas anderem zwingen, gehört er Euch, Dariole.« Ich ließ die Worte eine Weile in der Luft hängen, dann fügte ich hinzu: »Wie Ihr seht, bin ich bescheiden. Es macht mir nichts aus, dass ein anderer für mich Rache übt. So oder so wird er sterben.«
    Dariole kicherte leise, und ein hohler Schmerz breitete sich in meiner Brust aus.
    Weiß sie es?, fragte ich mich.
    Ihre kleinen, heißen Finger schlossen sich fest um meine Hand, und ich glaube nicht, dass sie es erkannte. Auf jeden Fall, dachte ich, ist ihr nicht klar, wie sehr ich ihr Vertrauen schätze – oder wie viel Angst das mir, Rochefort, einjagt.
    »Ich will Euch nicht aufziehen, Rochefort«, sagte Dariole. »Wir haben beide Angst vor Doktor Fludd, nicht wahr?«
    Dass sie sich mir, ihrem einstigen Feind gegenüber so ehrlich zeigte, verschlug mir den Atem. Ich dachte: Das reicht fast, um mich die Tränen vergießen zu lassen, die wohl zu meiner Rolle auf der Bühne gehören.
    »Ein Grund mehr, ihn zu töten«, bemerkte ich schließlich in ruhigem Ton. »Tote sind nicht mehr sonderlich beeindruckend.«
    »In der Tat, Messire.« Wieder entspannte sich ihr Gesichtsausdruck. »Ich finde sie weit weniger beeindruckend als Lebende.«
    Dass sie ein Schwert und einen Dolch dabei hatte, ließ sie selbst hier und jetzt unwillkürlich die Haltung eines Fechters annehmen. Einem Impuls folgend veränderte auch ich meine Position, kniete nicht mehr nur auf einem Knie, wie es höfische Art ist, sondern ließ mich auf beide nieder – eine unmissverständliche Geste der Unterwerfung.
    »Messire?«, sagte sie.
    »Ihr seht mich in Demut vor Euch knien, wenn auch vermutlich nicht aus den Gründen, die Ihr Euch vielleicht wünschen mögt.« Ich ergriff auch ihre andere Hand. »Aber dennoch in Demut.«
    Ich hielt ihre Hände, beugte meinen Kopf über sie und errötete ob der Erinnerung an unser Spiegelbild im Tümpel: junger Mann und groteske ältere Frau.
    Dass ich derart lüstern von einem Mannweib besessen war, das den katzenhaften Jünglingen am Hofe Heinrichs III. so sehr ähnelte, überraschte mich nicht. Das Verlangen in meinem Herzen, sie trösten und beschützen zu wollen – das überraschte mich. Und doch war das für Robert Fludd ganz offensichtlich gewesen.
    »Vergebt mir, Mademoiselle«, sagte ich.
    »Wofür?«
    »Hätte ich Euch meine … meine Besessenheit früher gestanden, hättet Ihr vielleicht gewusst, dass Euch Gefahr von meinen Feinden droht.« Nur

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