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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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blind in den nächstbesten Kampf stürmt – zumal dieser Jüngling ja auch noch ein Mädchen ist. Messire, wenn ich den Brief schreibe und ihn Euch unversiegelt gebe, um ihn später in Eurer Gegenwart zu versiegeln, würdet Ihr dann einwilligen, ihn an den Hof zu bringen?«
    Saburo musste sich in England geradezu schrecklich isoliert vorkommen. Seine Kameraden waren tot, und jeder Engländer, der ihn sah, würde ihn vermutlich für eine Missgeburt halten oder einen Narren nach Art der Zwerge am spanischen Königshof. In diesem Land würde er keinen Jesuiten finden, dem Nihon vertraut war. Das erklärte womöglich auch sein grimmiges Gesicht. Ich dachte darüber nach, wie ich die Angelegenheit so regeln konnte, dass es uns beiden zugute kam.
    »Ich habe keine gute Verhandlungsposition«, begann ich und lächelte schwach. »Selbst ein Hauptmann der hashagar , der kein Spion ist, kann eines voraussehen: Mit Euch als Freund statt als Feind verbessert sich meine Position drastisch. Ich habe allen Grund, Euch dankbar dafür zu sein, dass Ihr in Frankreich an unserer Seite gekämpft habt. Ihr wiederum habt allen Grund dankbar dafür zu sein, dass wir Euch das Leben gerettet haben. Auch wenn wir einander nicht mehr vertrauen, als es bei vernünftigen Männern üblich ist, können wir im Augenblick als Verbündete agieren. Deshalb ist es im Moment sehr wahrscheinlich, dass ich Euch an den englischen Hof helfen werde, egal ob Ihr mir meine Bitte nun erfüllt oder nicht.«
    »Ich werde Euren Brief nehmen.«
    Hätte er ein europäisches Gesicht besessen, hätte ich in ihm nach seinen Motiven suchen können. Ich hätte gewusst, ob er froh war, dass ich ihm diese Entscheidungsmöglichkeit eingeräumt hatte, sodass sein Stolz keinen Schaden nahm.
    Er hob den Blick.
    Eine schmale Gestalt stieß gegen die Bank und den Tisch und warf sich neben den Samurai.
    Mademoiselle Dariole war voller Straßenstaub und hatte wunde Füße, was vermutlich daher rührte, dass sie sämtliche Speisehäuser zwischen Falcon Stairs und London Bridge abgesucht hatte. Ich hatte dieses Etablissement nicht nur gewählt, weil es nahe an den Bärenarenen lag, sondern auch weil es nicht sonderlich auffällig oder stark besucht war.
    »Ganz ruhig«, sagte ich in fröhlichem Tonfall. »Ihr hättet uns auch gar nicht finden können …«
    Dariole warf mir einen Blick zu, der ein Bleiglasfenster zum Schmelzen gebracht hätte, und legte die Stiefel auf den Tisch. »Ich find's nett hier!«
    Ihre Reitstiefel waren staubig. Plötzlich musste ich lachen, als ich erkannte, dass wir alle drei nicht mit dem Rücken zur Tür sitzen wollten – nicht Duellant, nicht Hauptmann der Infanterie, nicht Spion.
    Wie drei Krähen auf einem, Zaun.
    Dariole wischte sich über die Stirn, leerte Saburos noch fast vollen Becher Bier und sagte: »Ich habe eine Unterkunft gefunden. Das hat mich weniger Zeit gekostet, als Euch zu finden. Weshalb seid ihr beiden so ernst?«
    Der Nihonese stieß wieder einmal ein Grunzen aus, das ich nicht zu interpretieren vermochte. Bevor ich ihn unter dem Tisch treten konnte – auch wenn ihn das wohl nicht davon abgehalten hätte, meine Geheimnisse zu verraten –, meldete er sich zu Wort.
    »Ich habe Roshfu-san gesagt, dass er ein schlimmer Mann ist. Er tut seine Ehrenpflicht nicht, und die Ehre verlangt, dass er augenblicklich seppuku begeht, da er eine Gefahr für seinen Herrn darstellt.«
    Saburo deutete auf mein Rapier.
    »Damit. Oder mit einem Dolch wie eine Frau. Tötet Euch selbst, Roshfu. Das ist das Beste, was Ihr tun könnt.«
    »Mich töten …?« Ich konnte weder meine Augenbrauen noch meine Stimme davon abhalten, sich zu heben.
    Dariole grölte.
    Soweit ich es beurteilen konnte, meinte Saburo es todernst. »Ihr seid eine Gefahr für den Herrn, dem Ihr die Treue geschworen habt. Wenn Ihr tot seid, wer kann dann noch die Verbindung zwischen Euch, ihm und dem Mord beweisen? Niemand! Das ist, was ich sage. Nehmt Euch ehrenhaft das Leben. So jetzt wie möglich!«
    »›So schnell wie möglich‹«, korrigierte ich ihn instinktiv. Ich wusste nicht, woran ich war. Er hatte hervorragend von Mademoiselle Darioles Frage abgelenkt, und doch schien er es vollkommen ernst zu meinen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Diese Lösung ist mir ein wenig zu drastisch, als dass ich darüber nachdenken will, Messire! Und außerdem, auch wenn das Messire de Sully entlasten würde, würde es ihm nicht helfen, seine alte Stellung wiederzuerlangen, sollte er noch

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