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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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mit den Verschwörern stand. Aemilia Lanier beobachtete mich mit so strahlend hellen Augen, dass sie förmlich zu glühen schienen.
    Ich ließ ihnen keine Zeit, um nachzudenken.
    »Ihr habt gesagt, ich müsse den Schlag führen, doch da irrt Ihr Euch. Prinz Heinrich muss die Tat vollbringen, da er bei dem Maskenspiel an der Seite des Königs und der Tänzer sein wird – nur er kann es tun. Ich werde seinen Rückzug decken, sobald Alarm gegeben wird, und ihn dann irgendwo gefesselt und geknebelt ›finden‹, sodass ihn keine Schuld am Tode seines Vaters trifft.«
    Ich hob die Hand, um jedem Kommentar zuvorzukommen.
    »Vorher müssen wir uns einen Diener schnappen, töten und ihn in ein Kostüm stecken, das dem des Prinzen gleicht. Wenn James erstochen ist, werde ich in gespielter Wut, diesen ›Mörder‹ erschlagen und ihn so zum Schweigen bringen. Ein Wahnsinniger hat also den Prinzen gespielt, und der König ist tot. In der Zwischenzeit werdet Ihr hier in den Londoner Theatern ein Stück aufführen lassen, das erklärt, was für ein guter König der Prinz sein wird, und so die Bürger erfreuen. Schlussendlich könnt Ihr dann ›Lang lebe König Heinrich IX.‹ rufen und ihn beruhigt krönen!«
    Ich beendete meine Ausführung mit einer höfischen Verbeugung und wartete darauf, dass mir der Himmel auf den Kopf fiel. Ich war bereit, sofort blankzuziehen, auch wenn man mir das nicht ansah, und ich hielt den Blick vor allem auf Hariot und John gerichtet.
    Einen größeren Sack mit Dummheiten konnte ich gar nicht öffnen! Das waren all die lächerlichsten Teile der verschiedenen Theaterstücke, die ich in der vergangenen Woche gesehen hatte, gemischt mit einem bunten Allerlei von Unmöglichkeiten! Jetzt sagt mir schon, was für ein Depp ich bin. Ich warte auf den großen Knall!
    Robert Fludd sprach ruhig. »Für das Maskenspiel … Wie wäre es mit einer großen Höhle? Würde das reichen?«
    Hues murmelte irgendetwas und schwieg dann auf einen Wink von Hariot hin. Ich sah, wie die beiden sich anlächelten. Sie schienen eine geradezu gewaltige Erleichterung zu verspüren.
    »Ich kenne eine im Westen«, fuhr Robert Fludd fort, »in der Nähe einer meiner Besitzungen. In den Hügeln dort werden Hirsche und Rehe gejagt, und da gibt es auch eine Höhle, die die Einheimischen ›Wookey‹ nennen – eine sehr große Höhle. Das ist das ideale Umfeld, Monsieur Rochefort. Ein Fest in der Höhle bei Fackelschein, dann das Maskenspiel und schließlich das bedauernswerte Opfer James Stuart.«
    Ich starrte ihn an.
    Enthusiastische Gesichter schauten mich an. Fludd klopfte mir auf die Schulter. »Ich konnte es Euch nicht sagen, Monsieur Rochefort. Es musste Euch selbst einfallen.«
    »Aber …«, sagte ich.
    Aemilia Lanier kam mit ihrer Altstimme Hues und Hariot zuvor. »Das Maskenspiel ist schon halb geschrieben, Monsieur Rochefort. Ihr müsst allerdings noch einmal alles mit mir durchgehen.«
    Offen verwirrt sagte ich: »Maskenspiel? Ihr habt ein Maskenspiel geschrieben?«
    »Ja. Ich vermochte aber nicht zu sagen, was im Einzelnen verlangt wird. Die Hälfte ist jedoch schon fertig und der Rest rasch erledigt.« Sie lächelte mich mit ungewohnter Freundlichkeit an. »Das Maskenspiel heißt: Der Konstrukteur der Schatten. Und ich habe auch schon einen Titel für das Stück in London: Die Viper und ihre Brut.«
    »Aber … ein Theater …« Ich dachte: Das könnt ihr doch nicht ernst meinen!
    Fludd nahm mich am Arm. »Habt Ihr etwa geglaubt, ich hätte nicht auch diese Zukunft berechnet? Natürlich wusste ich, mit was für einem Plan Ihr kommen würdet. Ich habe Euch doch gesagt, dass Ihr unsere Erlösung seid – der Mann, der den König töten wird. Wer genau den Schlag führen wird, werden wir später überlegen. Lasst mich Euch ins Haus bringen und Euch eine Karte von Somerset zeigen, damit Ihr sehen könnt, wo diese Jagdgründe liegen und wo die Hügel und die Höhle.«
    Ich schwieg. Vor lauter Staunen war ich ohnehin nicht fähig zu reden.
    Fludd lächelte. »Auf meinem Gut dort gibt es eine Papiermühle. Ich habe sie vor vielen Jahren gekauft, als ich zum ersten Mal berechnet habe, wo James Stuart sterben wird. Sie stellte sich als äußerst nützliche Investition für mich heraus. Seht Ihr die Kleider und Lumpen dort? Die gehen nach Wookey, um dort zu Papier verarbeitet zu werden. Später am heutigen Tag solltet Ihr mit den Wagen nach Somerset fahren. Ihr werdet Euch die Umgebung sicher erst einmal ansehen wollen,

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