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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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angewidert mit einem Tritt auf die Straße befördern würde, und so sollte es auch sein!
    Ich zog mich weiter aus und lächelte dabei leicht. Ich kann mich auf ein frühes Aufstehen verlassen. Monsieur Saburo schlief zwar bereits tief und fest, wobei ihm mein Mantel als Unterlage diente, doch Mademoiselle Dariole war noch nicht da, und ich rechnete auch nicht vor Sonnenaufgang mit ihr.
    Wenn sie nicht tot irgendwo im Straßengraben liegt, war mein letzter Gedanke, bevor ich einschlief.
    Wie erwartet wankte sie um vier Uhr morgens herein und war sichtlich enttäuscht, dass es mir nichts ausmachte, geweckt zu werden. Ich aß und ließ Monsieur Saburo mit einem Wams vor sich und einem Messer in der Hand auf dem Boden knien, während Mademoiselle Dariole zusammengerollt auf einem Strohsack lag, der offensichtlich als Bett für Diener diente. Sie schlief nicht. Ich hörte sie auf den Samurai einreden, als ich die Treppe hinunterging und auf die Straße hinaustrat. Ich strich die Hutfeder glatt und setzte den Hut auf.
    Die in der Nachricht angegebene Adresse führte mich dorthin, wo ich erwartet hatte: über Long-Southwark und eine Straße hinunter parallel zum Fluss. Wie ich nun sah, ging Fludds Haus von dem ummauerten Garten bis an den Fluss, wo ein Bach eine Wassermühle speiste, und ich hörte die Geräusche von Handwerksbetrieben.
    Als ich nach dem Eingang suchte, sah ich eine Gestalt am Fluss.
    Es war der Agent des Earl of Northumberland: John. Er nickte mir höflich zu, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an das große Tor, das – wie ich nun sah – auf einen Hof führte.
    Eisenbeschlagene Räder kreischten, als ich die Straße überquerte. Ich musste zurückweichen, als ein großer, von Ochsen gezogener Karren auf den Hof fuhr. Dank des frühmorgendlichen Taus wirbelten die Hufe der großen Tiere keinen Staub auf, doch ihr Atem bildete Wolken in der Luft.
    »Folgt mir, Master.« John löste sich von der Wand und ging hinein.
    Ich folgte ihm über den Hof hinter dem ummauerten Garten – dass die beiden Grundstücke zusammengehörten, war offensichtlich. Die freie Fläche hinter dem Tor war voller Packpferde. Große Bündel wurden auf die Transportgestelle gebunden, die man ihnen umgeschnallt hatte. Diener oder Arbeiter – bei den Engländern ist das schwer zu unterscheiden – rannten herum und be- oder entluden Tiere und Karren. Es herrschte mehr Chaos, als dass ich in meiner Verwirrung darüber nachdenken wollte. An der Tür einer Werkstatt wurden große Bündel geöffnet. Ich sah Stoff, aber nicht in Ballen; es sah mehr wie weggeworfene Kleidung aus. Stimmen hallten durch den Morgen, und kalter Wind wehte von der Themse heran.
    Doktor Robert Fludd, ganz in ein schwarzes Samtgewand gehüllt, drehte sich lächelnd zu mir um, die Wangen rot vom Wind. »Master Rochefort! Ich gratuliere Euch zu Eurer Pünktlichkeit!«
    Der knorrige Mathematiker mit Namen Hariot stand neben ihm. Er trug ein weiches Lederwams und eine venezianische Hose, eine Kleidung, die sowohl bei Hofe wie auch auf der Reise angemessen war. Befragungen von Dienern bei Hofe hatten genug Gerüchte über Thomas Hariot zutage gefördert, sodass ich inzwischen wusste, dass er bereits einmal den Atlantik in die Neue Welt überquert hatte. Über den dürren Hues und den kleinen, alten Warner hatte ich weniger herausgefunden.
    »Die Drei Weisen des ›Hexergrafen‹«, bemerkte ich, nickte ihnen zu und beobachtete sie, um zu sehen, ob dieser Spitzname sie ärgerte, doch nur John funkelte mich an.
    »Ihr seid kein Mann des Aberglaubens.« Fludd bemerkte das, als wäre es eine unabänderliche Tatsache. »Etwas Studium der hermeneutischen Kunst und Magie würde Euch dazu bringen, diese Drei Magi nicht so zu verachten.«
    Dem gedämpften Lachen von Hariot und Hues nach zu urteilen, vermutete ich, dass Fludd einen Scherz gemacht hatte. Ich runzelte die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich sah etwas aus den Augenwinkeln heraus und drehte den Kopf. Aemilia Lanier kam mit einem Stapel Papier zwischen den Packpferden hindurch auf uns zu – nein, nicht einfach nur mit Papier, wie ich erkannte, sondern mit Pamphleten, wie sie in St Paul's und auch sonst wo in der Stadt verkauft wurden.
    »Ich habe, was Ihr wollt, Doktor Fludd«, sagte ich. »Wo wollt Ihr die Angelegenheit diskutieren?«
    »Lasst uns den Arbeitern erst einmal aus dem Weg gehen.« Er führte uns auf die andere Seite des Hofs, wo eine verstärkte Ziegelmauer als

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