1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist
Damm für die Wasser der Themse diente. Am anderen Ufer spiegelte sich die Sonne auf den schwarzen gotischen Spitzen von St Paul's.
»Nun, Master Rochefort«, sagte Fludd und rieb sich die Hände – zum Schutz vor der Kälte, wie ich glaubte. Er schaute mich mit blutunterlaufenen Augen an. »Wie soll es geschehen?«
Dass die Themse so nahe war, war gut. Sollte es hart auf hart kommen, würde ich Fludd mit einem Stoß meines Rapiers töten und ins Wasser springen können. Hier konnte ein guter Schwimmer den Fluss mit Leichtigkeit durchqueren. Zwar hatte vermutlich mindestens einer der ›Magi‹ eine Pistole dabei, aber die Hoffnung, mich auf größere Entfernung zu treffen, war so gering, dass allein schon der Versuch sinnlos war.
Ihr wisst es nicht, Monsieur Fludd, aber Ihr schuldet Minister Cecil verdammt viel.
Ich nickte flussabwärts in Richtung Tower, der sich langsam aus dem sich auflösenden Morgennebel schälte. »Ich nehme an, Euer Gönner wird sich nicht zu uns gesellen.«
Weitverbreitete, aber durchaus ernstzunehmende Gerüchte besagten, dass der Earl of Northumberland unter besseren Bedingungen im Tower lebte als die meisten Menschen, die noch nie ein Gefängnis von innen gesehen hatten: Seine Frau besuchte ihn regelmäßig. Seine Diener kümmerten sich um ihn, und er hatte die Bücher und Instrumente dabei, die ihm im ungebildeten Volk den Namen ›Hexergraf‹ eingebracht hatten.
»Wie ich sehe, überlässt er Euch das Risiko, Doktor Fludd.«
»Da gibt es kein Risiko. Alles ist berechnet.«
Fludd sprach, als wäre das nichts Besonderes. Er klang so ruhig und gleichmütig, dass ich erkannte, wie unmöglich es war, ihn von seiner Überzeugung abzubringen. Da hätte es auch nichts genutzt, ihm zu erklären, dass der Graf sich einfach aus der Affäre ziehen konnte, indem er sagte, er habe noch nie von einem Doktor Fludd gehört. Was sollte das Fludd schon kümmern? Schließlich war er sich des Erfolges ja ›sicher‹.
Es ist wie eine zweite Natur für mich, die Aufsplitterung einer Verschwörung zu betreiben, der ich mich zum Zwecke ihrer Zerstörung angeschlossen habe. Aber hier kann ich mir die Mühe wohl sparen. Wie auch immer, solches Gerede würde sie vielleicht dazu bewegen, Monsieur Rochefort noch rascher loszuwerden, und das wiederum kam mir gelegen …
Fludd sagte in freundschaftlichem Ton: »Es reicht für Euch zu wissen, dass der Earl uns unterstützt, Monsieur.«
»Oder zu wissen, dass er das zumindest sagt.«
Thomas Hariot hob das bärtige Kinn und unterbrach uns höflich. »Henry Percy steht auf unserer Seite. Er ist die Unterstützung, die wir brauchen, um den jungen Prinzen auf den Thron zu setzen und diesen Feigling, seinen Vater, zu ersetzen …«
»Er sitzt im Gefängnis«, warf ich ein. »Wie kann er Euch da helfen? Ihr seid allesamt Männer des Wortes und der Zahlen. Das ist wohl auch der Grund, warum Ihr und Euer ›Hexer‹ einen Mann der Tat braucht, um Eure Mordpläne umzusetzen.«
Ich spielte den in seinem Stolz verletzten Mann gut genug. Hariot versteifte sich sofort.
»Ihn einen ›Hexer‹ zu nennen, ist genauso angemessen, wie Euch einen ›Gentleman‹ zu rufe, Franzmann! Hierzulande wird jeder gebildete Mann ein Hexer genannt. Wenn Ihr ihn deshalb beleidigt …«
Robert Fludd lachte laut auf und hob die Hände. »Was habe ich dir gesagt, Tom?«
Hariot schnaufte. »Oh, du hattest Recht. Ich gestehe es ein. Ich habe Temperament genug für zwei, und dieser Franzmann ärgert mich.«
»Ihr sollt ja auch keine Brüder werde.« Fludds Lächeln wurde weicher. Er hob den Kopf, um mich anzuschauen. Ich hätte auf seine Heiterkeit gut verzichten können. Für den Plan, den ich vorschlagen wollte, wäre mir eine misstrauischere Atmosphäre gelegener gekommen als eine der Versöhnung.
Ich hob die Augenbrauen. »Braucht Ihr nun meine Hilfe, Doktor, oder habt Ihr nichts Besseres zu tun, als zu reden, wie Verschwörer es nun einmal gerne tun?«
Aemilia Lanier sagte kein Wort, lächelte aber. Sie hatte Tinte an den Fingern und verschmierte damit das weiße Papier der Pamphlete. Ich dachte: Ich würde meinen Plan lieber Fludd und seinen Spießgesellen allein darlegen. Auf die Frau kann ich verzichten.
Fludd sprach. »Wie plant Ihr, es zu tun, Master Rochefort?«
»Ah-ah-ah, nicht so schnell.« Ich hob die Hand. »Hört Euch erst einmal an, was ich hinterher zutun gedenke.«
Fludd neigte den Kopf zur Seite. Die Morgensonne verlieh seinem Gesicht Farbe. Ich vermochte
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