1611 - Jäger der Nacht
Kirche.
Und doch tat sich etwas. Einige von ihnen bewegten sich und drehten ihre Köpfe. Sie schauten in eine bestimmte Richtung.
»John, da passiert etwas…«
»Das denke ich auch.«
Es gab keinen großen Baumbestand auf dem Gelände, sodass unsere Sicht recht frei war. Im Hintergrund auf der gegenüberliegenden Seite entdeckten wir eine Bewegung, und die hatte nichts mit den Katzen zu tun.
Da kam jemand!
Leider war nicht genau zu erkennen, um wen es sich dabei handelte.
Von der Größe her konnte es ein Mensch sein, sicher waren wir nicht.
Die Gestalt - und das konnten wir sehen - bewegte sich sehr geschmeidig, und sie glitt zwischen den Gräbern hinweg, bis sie einen bestimmten Punkt erreicht hatte.
Es war einer der größten und auch breitesten Grabsteine. Irgendwie fiel er aus dem Rahmen, aber für die Gestalt war es der perfekte Platz wie der Hochsitz für einen Jäger.
Sehr sicher kletterte die Gestalt auf das graue Monument und blieb dort hocken.
Ob sie uns entdeckt hatte, wussten wir nicht. Aber wir hatten sie gesehen, und wir bekamen große Augen.
»Das ist ein Hammer«, flüsterte ich und schüttelte dabei den Kopf.
Suko stimmte mir zu. »Es ist nicht unbedingt ein Mensch.«
»Und was ist es deiner Meinung dann?«
»Ein Mittelding. Halb Mensch und halb Katze…«
***
Mit dieser Aussage hatte Suko ins Schwarze getroffen. Auch ich sah die Gestalt so. Wie sie sich bewegt hatte, war phänomenal. Das traute man keinem Menschen zu, sie aber hatte damit keine Probleme. Vielleicht hätte man sie noch als eine Artistin bezeichnen können, dann aber wäre sie verkleidet gewesen und hätte ein Kostüm getragen, das aus einem dunklen und leicht schillernden hautengen Stoff bestand.
Bei ihr schien das nicht der Fall zu sein. Wir sahen den Kopf, den Körper und wussten, dass es eine Frau war, zu der auch das lange Haar passte, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war. Den Kopf hielt sie gedreht, sodass sie in unsere Richtung schaute. Und trotz der relativen Helligkeit sahen wir die gelbe Farbe in den Augen, was nicht auf ein menschliches Organ hindeutete.
Suko bewegte sich von mir weg und hielt dort an, wo die ersten Gräber begannen. Er schaute genauer hin, wahrscheinlich hatte er etwas entdeckt, und tatsächlich hob er den rechten Arm, um mich in seine Nähe zu winken.
Er sagte es mir, als ich neben ihm stand.
»Wenn mich meine Augen nicht täuschen, dann hat diese Person einen Schwanz.«
»Was?«
»Ja. Schau genau hin. Sie sitzt nicht auf ihm, er liegt etwas zur Seite und hängt am Grabstein herab.«
Sekunden später sah ich es auch. Und jetzt war mir klar, dass wir es mit einer Mutation zu tun hatten.
»Ja, halb Mensch und halb Katze.« Ich blies die Luft aus. Auf meinem Rücken hatte sich eine zweite Haut gebildet. »Ich denke, wir sollten uns das Geschöpf mal aus der Nähe anschauen.«
»Okay.« Suko zeigte ein scharfes Grinsen. »Nur vermute ich mal, dass die Katzen etwas dagegen haben.«
»Wir werden es herausfinden.«
Wohl war mir nicht zumute, als wir uns auf sie zu bewegten.
Suko blieb etwas hinter mir, er deckte mir den Rücken, und ich suchte den direkten Weg zu dieser Mutation. Sie rührte sich nicht und schien auf uns zu warten.
Je näher ich kam, umso deutlicher sah ich sie. Kein Fellhaar bewegte sich im Wind. Ihre zweite Haut schien glatt poliert zu sein, und sie hatte tatsächlich eine violette Farbe, was erst bei genauerem Hinsehen auffiel.
Ich fühlte mich alles andere als wohl zwischen den glotzenden und starrenden Katzen. Aber auch daran gewöhnte ich mich. Für mich war jetzt nur wichtig, wie die andere Seite reagierte. Zudem besaß ich noch immer mein Kreuz und vertraute in diesem Fall voll und ganz auf das Allsehende Auge.
Die übrigen Katzen hielten uns unter Kontrolle. Manchmal drehten sie die Köpfe, um uns besser mit ihren Blicken folgen zu können. Es blieb bei diesen Bewegungen. Danach wirkten sie wieder wie eingefroren.
Für die Umgebung hatte ich keinen Blick. Ich hätte ebenso gut über eine normale Straße gehen können. Es gab für mich nur diese unnatürliche Schöpfung, die mich erwartete, denn sie schaute mich direkt an.
Hatte sie Pfoten oder Hände?
Das sah ich nicht, weil die Beine eingewinkelt waren. Ich konnte es mir allerdings vorstellen.
Sie sprach mich an. Es waren keine Worte, die sie mir entgegenschleuderte, sondern das, was man von einer Katze erwarten konnte. Ein starkes und böse klingendes Fauchen.
Ich verstand die
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