1612 - Der letzte Flug der LIATRIS SPICATA
anderen Konkurs anmelden, so lange, bis alle höheren Wirtschaftsfunktionen des Galaktikums erloschen sind."
Julian Tifflor schüttelte verwirrt den Kopf. „Meinst du nicht, daß du ein bißchen übertreibst?" sagte er zweifelnd. „Nur weil die Wirtschaft nicht mehr so richtig funktioniert, wird das Galaktikum nicht sterben."
„Das nicht, das gebe ich zu", antwortete Adams gelassen. „Aber es wird, bildlich gesprochen, das Bewußtsein verlieren und alle höheren Gehirnfunktionen. Was das bedeutet, mag sich jeder einzelne für sich ausrechnen."
10.
„Wird es schnell gehen?"
„Wahrscheinlich", murmelte Escobar Valdez; er war hinübergerobbt zu Davina Taigaram. Seite an Seite lehnten sie, auf dem Boden sitzend, an einem Instrumentenpult. Wo es in der früheren Zentrale gestanden hatte, wußte Valdez nicht mehr. Es war auch gleichgültig geworden.
Er hatte die Leichen aus der Zentrale geschafft, eine scheußliche Arbeit, nicht nur, weil inzwischen die Leichenstarre eingesetzt hatte. Einige der Männer hatten im Sterben furchtbare Verletzungen davongetragen, Valdez hatte ihre Körper zum Teil in Einzelteilen bergen müssen. In der Zentrale lag ein Geruch nach vergossenem Blut, der von Stunde zu Stunde schlimmer wurde.
Valdez selbst fühlte sich klebrig und beschmutzt, aber es gab keine Möglichkeit, sich zu reinigen.
Natürlich würde es nicht schnell gehen - es sei denn, es trat ein größeres Leck auf, durch das die restliche Atemluft in kurzer Zeit entwich. Valdez hatte Männer an explosiver Dekompression sterben sehen - es war ein scheußlicher, qualvoller und elender Tod, und die zwei bis drei Minuten, die vergehen konnten, bevor einem das Bewußtsein endlich schwand, waren bestimmt sehr unangenehm und voller Schmerzen.
Tapfer log Valdez weiter. „Also, erstens wird es natürlich nicht passieren, weil man uns bergen wird..."
„Wird man das?"
„Bestimmt", log Valdez; es war erstaunlich. Wenn er noch eine halbe Stunde auf diese Weise weiter optimistischen Unsinn schwadronierte, würde er den Unfug am Ende selbst glauben. „Du wirst sehen, du wirst von Gucky persönlich gerettet werden. Von dem berühmten Mausbiber, und dann kannst du später unseren Töchtern ..."
„... Söhnen!"
„Töchter! Ein bißchen werde ich dabei ja auch wohl mitzureden haben. Du kannst ihnen dann erzählen, wie der berühmte Gucky dich auf seinen Armen gehalten hat."
Davina lachte leise. „Ausgerechnet Gucky", sagte sie. „Wenn einem sonst kein Ausweg mehr einfällt, muß immer der Mausbiber herhalten. Soweit ich weiß, ist Gucky gar nicht im Sonnensystem."
„Glaube mir, er wird uns retten. Es wird >plopp< machen ..."
„Plopp?"
„Ja, es macht immer >plopp<, wenn Gucky irgendwo auftaucht oder verschwindet. Das liegt an der Luft, die er verdrängt. Aber das mußt du doch wissen. Jeder weiß es. Es steht in jedem Kinderbuch."
Was er da erzählte, war natürlich an den Haaren herbeigezogen. „Ich habe des längeren keine Kinderbücher mehr gelesen", murmelte Davina. „Das wird sich ändern", versprach Escobar Valdez. „Schließlich wirst du in ein paar Monaten Mutter werden."
„Vielleicht", antwortete Davina müde. „Und du Vater. Das wird ein Spaß werden."
Escobar wäre auf den lockeren Plauderton gern weiter eingegangen, aber er schaffte es einen Augenblick lang nicht.
Monate? Was für eine Zeitspanne. Monate. Ein paar Stunden noch, dann war der Sauerstoff verbraucht, den es im Inneren der LIATRIS SPICATA noch gab. Oder nur ein paar Minuten?
War die Luft nicht schon schlechter geworden, muffiger, abgestandener? Fiel nicht schon jetzt jeder Atemzug schwerer und schwerer? „Was ist, Escobar?"
„Ich", begann Valdez; er lächelte in das Dunkel hinein. Seltsam, das Leben fiel entschieden einfacher, wenn man sich selbst und den anderen nicht mehr soviel vorzumachen versuchte. Das Sterben, wie es schien, auch. „Ach, ich hatte nur einen kleinen Anfall von Todesangst."
Davina griff nach seiner Hand. „Ich bin bei dir", sagte sie. „Weißt du eigentlich, daß ich nur deinetwegen auf dieser verdammten Rostlaube angeheuert habe? Nur wegen dir. Ich fand deinen Schnurrbart so toll und die Art, wie du ihn immer geradegestrichen hast, so ganz männlich stolz."
Escobar lachte unterdrückt. „Jetzt sieht er aus, als hätten Motten daran herumgefressen", murmelte er.
Sich im Dunkeln zu küssen war eine Arbeit, die Präzision und Ablauf erforderte, stellte er fest, jedenfalls dann, wenn die Dunkelheit
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