1612 - Der Vampir-Töter
nieder, als wären sie zwei Metzger, die eine Fleischbeschau vor sich hatten.
Irgendwie war es auch sein Glück, dass er sie nicht so klar und deutlich sah. Die beiden Gesichter waren zu widerlichen Fratzen geworden. Auch dass der Glatzkopf Alwin hektisch mit den Schultern zuckte, entging ihm nicht. Er konnte es wohl kaum erwarten, denn auch weiterhin drangen schmatzende Geräusche aus seinem Mund.
Es bereitete ihm zwar Mühe, einige Worte zu sagen, aber er dachte daran, dass es immer gut war, in derartigen Situationen Zeit zu schinden. Das hatte ihn das Leben gelehrt. Ethan ärgerte sich nur, dass er nicht normal sprechen konnte. Was er hervorbrachte, war von einem Kratzen unterlegt und nur schlecht zu verstehen.
»He, was soll das? Was ist los mit euch? Ich meine, die Dinge liegen klar auf der Hand. Ich wollte euch erledigen, den Job kennt ihr. Meine Kanone habe ich nicht mehr. Und jetzt habt ihr die Chance, mir eine Kugel ins Herz oder in den Kopf zu schießen. Los, ich warte darauf. Ihr kennt das Geschäft doch.«
Lieber eine schnelle Kugel, die ihm den Tod brachte, als in einer Existenz zu leben, die in Wirklichkeit keine mehr war, dachte er. Denn Hunter hatte längst akzeptiert, dass er es mit echten Blutsaugern zu tun hatte, auch wenn ihm das nicht in den Kopf wollte und sich sein Verstand noch immer dagegen wehrte. Aber es war nun mal so.
Die Vampire hatten ihn gehört. Sie starrten ihn weiterhin an und schüttelten die Köpfe. Dabei lachten sie. Sie leckten mit den Zungen über ihre Lippen. Ob sie diese anfeuchteten, war nicht zu erkennen, aber diese Gesten ließen keinen Zweifel daran, dass sie ihr Vorhaben nicht aufgegeben hatten.
»Blut«, flüsterte Alwin und kicherte dabei, »es ist dein Blut, das wir haben wollen. Und wir werden dich bis zum letzten Tropfen leer saugen. Wir werden warten, bis du einer von uns geworden bist, denn dann können wir gemeinsam losziehen. Du wirst dich schnell in deiner neuen Existenz zurechtfinden. Du kannst deinen Job behalten, aber du wirst zu einem Phantom der Nacht werden und auf die Reise durch die Dunkelheit gehen.«
Ja, das war ein Versprechen. Jedes Wort hatte Ethan Hunter verstanden. Es dauerte allerdings eine Weile, bis er begriffen hatte, was da auf ihn zukam.
Dieser Alwin hatte es ihm so brutal vor Augen geführt, dass er tief erschrak und ihm das Blut dabei in den Kopf stieg.
Noch immer fühlte er sich matt. Es war ihm nicht möglich, die beiden Killer zu überwältigen. Sie sahen nur nach außen hin aus wie Menschen.
Tatsächlich waren sie etwas ganz anderes. Gestalten, die es eigentlich nicht geben durfte. Hier war alles auf den Kopf gestellt.
Alwin konnte sich nicht länger beherrschen.
Nicht nur sein Oberkörper zuckte vor, auch seine Hände griffen nach Hunter. Sie krallten sich in seinen Schultern fest und zerrten ihn hoch.
Wäre Ethan Hunter in Normalform gewesen, dann wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, um sich zu wehren. Daran war leider nicht zu denken. Er fühlte sich noch immer völlig schlapp und ausgelaugt. Man hätte ihn auch für eine Puppe halten können, die auf die Hilfe anderer angewiesen war.
Er saß. Am Rücken wurde er abgestützt und festgehalten, sodass er nicht umkippen konnte. In seinem Kopf bewegte sich einiges, aber es war nichts, was ihn auf eine Idee gebracht hätte, wie er sich aus dieser Situation befreien konnte.
»Du zuerst, Alwin.«
»Gern.«
»Aber trinke ihn nicht leer.«
»Nein, nein, Coor, keine Sorge. Ich lasse dir genügend übrig.«
»Dann los!«
Ethan Hunter hatte jedes Wort verstanden. Er wusste, dass es dabei um ihn ging. Dies zu begreifen fiel ihm allerdings noch immer schwer.
Ersaß.
Coor hatte seine Hände gegen Hunters Rücken gestemmt, damit er nicht umkippte. Die beiden Blutsauger wollten ihn in einer bestimmten Haltung haben, um so besser an ihn heranzukommen.
Alwin hatte versprochen, den Anfang zu machen, und daran hielt er sich auch. Noch stand er normal vor seinem Opfer. Ein letzter Blick von oben, dann ging er in die Knie und landete dicht vor Hunter auf der Matratze.
Er starrte ihn an. Er bewegte den Mund, als wollte er ihn für den Biss geschmeidig machen. Erneut war dabei das Schmatzen zu hören. Dann schnellte die rechte Hand vor, und die Finger wühlten sich in Hunters Haar. Es war nicht besonders lang, aber lang genug, um den Kopf nach rechts zu zerren, damit die linke Halsseite frei lag.
Es ist wie im Film!, dachte Ethan Hunter. Verdammt, das kann doch nicht wahr
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