1613 - Blut-Rivale
Loretta, die ihr Schwert gezogen hatte und die scharfe Klinge gegen die rechte Halsseite des Mädchens drückte.
»Komm ruhig näher, Sinclair. Ab jetzt beginnt für mich der große Spaß…«
***
Ja, da hatte sie ein wahres Wort gesprochen. Für sie war es Spaß, für mich bitterer Ernst, und ich bekam erneut bestätigt, dass sich mein Kreuz nicht geirrt hatte.
Der eine Raum war recht groß. Loretta hatte die Mitte in Besitz genommen.
Sie sah so aus, wie ich sie kannte.
Das braunrote Haar hatte sie nach oben gekämmt. Ihr Körper war durch die dunkle Kleidung eingeschnürt, und das Oberteil konnte man auch als Korsage bezeichnen. Die Beine waren nicht zu sehen, weil sie unter einem Rock verschwanden, aber das alles war nebensächlich.
Wichtiger war das Schwert und natürlich das Kind, das sich nicht rührte.
Die Kleine war noch jung, aber genau in dem Alter, in dem sie auch wusste, was passiert. Als Kleinkind hätte sie möglicherweise laut geschrien, weil sie nichts begriff. Auch weil sie den Druck der Klinge an ihrem Hals spürte.
Das Gesicht wirkte völlig leblos. Der kleine Mund stand offen, aber es drang kein Schrei aus ihm hervor. Die geweiteten Augen sahen aus wie zwei kleine Räder.
Ich schätzte das Kind auf ungefähr neun oder zehn Jahre. Bekleidet war die junge Geisel mit einer dunklen Jeans und einem hellen Strickpullover. Die blonden Haare bildeten ein Wirrwarr auf dem Kopf.
Es kostete mich schon Überwindung, ein Lächeln zu zeigen. Das galt der Kleinen und nicht Loretta.
»Wie heißt du denn?«
»Sie heißt Jenny, Sinclair.«
»Ein schöner Name. Dir wird nichts passieren, Jenny.«
Dass Loretta die Antwort gegeben hatte, störte mich nicht. Ich sprach das Mädchen weiterhin an.
»Es wird nicht mehr lange dauern, dann kannst du wieder gehen, das verspreche ich dir.«
Die Blutsaugerin lachte leise. »He, du nimmst deinen Mund verdammt voll. Hast du mich vergessen?«
»Bestimmt nicht.«
»Ich bestimme, was hier abläuft und was nicht. Alles andere kannst du vergessen.«
»Ja, ich weiß.«
»Wunderbar, dann sind wir uns ja einig. Ich lasse die Kleine frei, aber nicht ohne Bedingung.«
»Kann ich mir denken. Was willst du?«
»Einen Austausch. Jenny gegen Ethan Hunter. Das ist alles, und es wird bestimmt kein Problem für dich sein. Hol mir Hunter, dann übergebe ich dir die Kleine.«
Dass es so laufen würde, war mir klar, seit ich das Zimmer betreten hatte. Ich wusste auch, dass Loretta keine Gnade kannte. Um ihren Plan auszuführen, würde sie nicht davor zurückschrecken, die kleine Jenny zu töten.
Meiner Ansicht nach stand das Kind unter einem Schock, und das war für Jenny gut.
»Du hast nicht viel Zeit, um nachzudenken, Sinclair. Ich will nur Ethan Hunter.«
»Und dann?«
Sie schüttelte den Kopf. »Was dann geschieht, ist nicht mehr deine Sache. Hunter will Mallmann und mich, er soll uns auch bekommen, aber auf unsere Art.«
»Ja, das dachte ich mir.«
»Dann hol ihn!«
Es war ihr letztes Wort, da kannte ich mich aus. Typen wie sie gingen über Leichen und wenn es Kinderleichen waren. Sich jetzt schon querzustellen, hatte keinen Sinn.
»Ich gehe.«
»Gut. Aber lass dir nicht zu viel Zeit.«
»Keine Sorge.«
Meine Knie waren weich, als ich das kurze Stück zurückging und die Tür nicht hinter mir schloss. Ich wusste nicht genau, wie ich mich in diesem Fall verhalten sollte und was richtig war. Eines stand jedoch fest. Jenny musste gerettet werden.
Ethan Hunter und Suko standen auf der Schwelle der offenen Wohnungstür. Als sie mich erblickten und dabei in mein Gesicht schauten, sahen sie mir an, dass etwas passiert war, denn ein so perfekter Schauspieler war ich nicht.
»Und?«, flüsterte Suko nur.
»Wir haben verloren.«
»Was meinst du?«
»Loretta ist da.«
»Was?«, keuchte Ethan Hunter. Er wollte vorstürmen und griff bereits nach seiner Waffe, und erneut hielt ich ihn zurück, damit ich eine Erklärung abgeben konnte.
»Sie ist nicht allein. Loretta hat sich eine Geisel geholt. Ein etwa zehnjährige Mädchen.« Ich nickte. »Ja, so sehen leider die Tatsachen aus. Und sie wird nicht zögern, das Kind zu töten, wenn wir nicht tun, was sie will.«
Ich musste nichts mehr sagen.
»Sie will mich?«, flüsterte Ethan Hunter.
»So ist es. Erst wenn sie dich hat, wird sie die kleine Jenny freilassen.«
Der Agent schloss für einen Moment die Augen. Er flüsterte einige Flüche vor sich hin, aber sein Siegeswillen war nicht gebrochen, das vernahmen wir
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