1614 - Morganas Werwolf-Party
durchaus als ein Trumpf in unseren Händen herausstellen.
Carlotta trat näher an mich heran. »Soll ich meinen eigenen Weg nehmen? Gewissermaßen als Rückendeckung aus der Luft?«
Das hörte sich gar nicht mal schlecht an. In dieser Situation war es nicht so günstig, denn wir hatten eine Zeugin, die nicht erfahren sollte, was mit Carlotta los war.
Das Vogelmädchen ahnte meine Bedenken und ging darauf ein. »Ich lasse euch vorgehen und starte erst, wenn ihr nicht mehr zu sehen seid. Ist das in Ordnung?«
Ich konnte mir vorstellen, unter welchem Druck sie stand. Wenn ich jetzt ablehnte, war Carlotta enttäuscht, und es war nicht vorauszusehen, wie sie sich dann verhalten würde. Deshalb stimmte ich zu.
»Also gut. Aber warte bitte, bis wir im Haus sind.«
»Keine Sorge, du kannst dich auf mich verlassen«, erwiderte sie und zog sich bereits zurück…
***
Maxine Wells hatte keine Chance gehabt, sich zu befreien. Und sie blieb auch gefesselt, als man sie in einen anderen Raum schaffte. Diesmal mussten sie ein paar Meter durch die freie Natur gehen, bevor sie vor dem eigentlichen Haus standen. Ihr Versteck zuvor war nur eine kleine Hütte gewesen.
Der größere Bau war alt, aber nicht verfallen. Allerdings gab es keine Fensterscheiben mehr, und die Natur hatte sich einiges an Gelände zurückgeholt, was früher für den Bau des Hauses gerodet worden war.
An den Mauern krochen von außen die Gewächse hoch.
Bei jedem Schritt klingelten leise die Kettenglieder. Rechts von ihr ging Henriette Cook. An der anderen Seite bewegte sich eine junge Frau mit fast weißen Haaren. Sie hatte ein rundes Puppengesicht, aber harte Augen mit einem gierigen Blick. Henriette hatte sie Ellen genannt. Auch sie trug ein Gewand, das sie leicht über den Kopf streifen konnte, wenn es sein musste.
Eine große Tür, die den Eingang darstellte, erwartete sie.
Maxine war keine ängstliche Frau, doch allmählich wurde ihr schon mulmig zumute.
Sie hatte auf John Sinclair gesetzt. Auch wenn er in Dundee war, war es ihm sicher nicht so schnell möglich gewesen, sie in dieser Einsamkeit zu finden. Und so sanken ihre Hoffnungen von Minute zu Minute.
Sie machte sich keine Gedanken darüber, wie viele Zimmer das Haus hatte, denn nach dem Eintreten wusste sie, dass sie in der kleinen Halle bleiben würden. Denn an diesem Ort war alles vorbereitet.
Es gab einen Mittelpunkt, und Maxine zuckte zusammen, als sie sah, dass es sich um eine Art Altar handelte. Man konnte ihn auch als einen Steintisch bezeichnen, der recht groß war. Ein Mensch fand darauf bequem seinen Platz, wenn er lag.
Die Platte war abgedeckt worden. Dort lag ein Tuch aus Samt, damit die Person, die sich dort hinlegen musste, nicht den kalten Stein berührte.
Es war nicht alles, was ihr auffiel. In einer gewissen Entfernung umstanden Stühle den Altar. Sie waren noch nicht besetzt, und Maxine zählte sie nicht nach.
Der Altar war also eine Bühne. Die Stühle waren für die Zuschauer bestimmt, und sie würde die Hauptperson in diesem Stück spielen, das stand fest. Wie das Drama enden würde, hatte Morgana Layton ihr deutlich vor Augen geführt.
Henriette Cook schob die Tierärztin bis dicht an diesen Steintisch heran.
Ellen blieb zurück. Nur ihr heftiges Luftholen war zu hören.
»Du weißt, was passieren wird, Maxine?«
Sie stellte sich dumm. »Nein, noch nicht.«
Henriette lächelte hinterlistig. »Du bist der Mittelpunkt. Ja, es ist dein und auch unser Fest. Verstehst du?«
»Ich will es nicht verstehen.«
Henriette lachte. »Was du willst, spielt keine Rolle mehr. Hier gelten andere Regeln.«
»Du meinst die der Layton?«
»Ja. Sie ist unsere Königin. Sie führt uns. Durch sie werden wir etwas ganz Neues erleben, verstehst du?«
»Ja, aber ich muss dich enttäuschen. Dieses Neue wird euch ins Verderben führen. Das weiß ich. Ihr solltet es euch überlegen. Noch seid ihr nicht mutiert, doch es kann nicht mehr lange dauern. Sie wird euch…«
Henriette unterbrach sie. »Nach dir, meine Teure. Wir dürfen zuschauen, wenn sich Morgana mit dir beschäftigt, denn sie hat uns für heute eine besondere Party versprochen, und die wird es auch geben, da bin ich mir sicher.«
Maxine war der triumphierende Klang in der Stimme nicht entgangen.
Sie nahm es hin, nickte und spürte zugleich den Druck an ihrem rechten Ellbogen.
»Du solltest schon mal gehen und dich hinlegen.«
»Ach, dann ist der Stein für mich?«
»Hast du etwas anderes gedacht? Du enttäuschst
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