162 - Ein Bildnis, das die Hölle schuf
Veranlassung gab. Sie gehorchte fast immer aufs Wort, wie ein gut dressierter Hund, weil sie Angst vor ihrem Mann hatte.
War es ratsam, bei ihm zu bleiben, mit ihm gemeinsame Sache zu machen? Hätte es denn eine Möglichkeit gegeben, ihn zu verlassen? Im Moment sah Edna keine, und sie war auch noch sehr unschlüssig. »Ich höre«, sagte sie schließlich.
»Mein Unfall… Er hat mein Leben, hat mich selbst verändert.«
»Das ist mir aufgefallen, ich bin schließlich seit fünf Jahren mit dir verheiratet.«
»Ich habe dir von dieser roten Kugel erzählt, du hast mir nicht geglaubt, daß sie schuld an meinem Unfall war. Es war nicht bloß eine Kugel, Edna, es war ein Geschoß aus der Hölle. Es durchschlug nicht nur die Windschutzscheibe, sondern auch meine Stirn. Sieh mich nicht so ungläubig an. Genauso ist es gewesen. Die Hölle veranlaßte mich, den Gneel zu malen. Ich bin der Geburtshelfer eines Dämons, ein Hexenmeister des Pinsels. Ich habe fürs erste den Gneel geschaffen, und nun soll er sich bewähren. Wenn die Hölle mit ihm zufrieden ist, werde ich weitere Ungeheuer malen, und ich werde sie alle beleben. Dazu brauche ich lediglich das Blut eines Menschen,«
Ednas Kehle wurde eng. »Hast du für deinen ersten Gneel auch das… das Blut eines Menschen gebraucht?« fragte sie mit belegter Stimme.
James Purviance nickte finster, »Ich habe einen Nachtwächter getötet und dem Gneel sein Blut gebracht, in dieser Thermoskanne, die du gefunden hast.«
Edna schauderte. »Du… du hast einen Mord verübt?«
Der Monster-Maler grinste frostig. »Und ich werde weitere Morde begehen - für all die anderen Monster, die ich zu schaffen gedenke. Mein erster Gneel lebt. Ich stehe mit ihm in ständiger Verbindung, weiß, was er tut. Er hat das Bild schon lange verlassen und bewahrt uns vor Scott Arons Zorn. Der Bastard schickte zwei Männer los, doch der Gneel hat sie fertiggemacht - und nun steht Aron ohne seine Privatarmee da. Schutzlos. Ich könnte dem Gneel auch befehlen, ihn umzubringen, aber vielleicht ist er nun bereit, mit uns gemeinsame Sache zu machen. Wir werden ihn zu gegebener Zeit unter Druck setzen. Er wird mit allem einverstanden sein, wenn er nur sein Leben behalten darf.«
Ungläubig starrte Edna ihren Mann an. Die Geschehnisse waren ihr entglitten, ohne daß sie es bemerkt hatte, und nun entwickelten sie sich rasant in eine Richtung, die ihr nicht behagte. Eiskalt und ohne jede Reue hatte ihr James einen Mord gestanden, dem viele weitere folgen sollten. Als Werkzeug der Hölle sah er sich, und der Gneel, dieses scheußliche Wesen vom Bild, sollte in der Stadt umherlaufen und Menschen umbringen.
James Purviance lachte teuflisch. »Scott Aron hat noch nicht einmal richtig ausgeholt, da schlagen wir schon zurück, und unsere Faust trifft ihn schmerzhaft. Eine graue, harte Faust. Die Faust des Gneels!«
Ich bin die Komplizin eines Mörders! ging es Edna durch den glühendheißen Kopf. Das habe ich nicht gewollt. Ich habe nur einen Gangster bestohlen. Was daraus wurde, habe ich in keiner Weise beabsichtigt.
Purviance streichelte ihr goldenes Haar. Sie mußte sich zwingen, stillzuhalten. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und davongerannt, weit, weit fort, damit James sie nie mehr fand. Aus ihrem Mann war eine grausame, herzlose Bestie geworden. Wie lange würde sie in seiner Nähe sicher sein? Wie lange würde es dauern, bis er sich auch gegen sie wandte, wenn er Blut brauchte, um einen Gneel zu beleben?
Das Geschäft mit Scott Aron interessierte sie auf einmal nicht mehr. Sie war sehr bescheiden geworden, hätte sich damit begnügt, ihr Leben behalten zu dürfen.
»Wir sind unschlagbar, Edna«, behauptete der Monster-Maler. »Wir können alles erreichen. Es wird kein Problem sein, Scott Aron in die Knie zu zwingen. Mit seiner Hilfe werden wir eine Menge Geld machen, und wenn wir keine Verwendung mehr für ihn haben, soll sich der Gneel um ihn kümmern.«
Noch ein Mord! durchfuhr es Edna. Sie befand sich auf einer rasanten Talfahrt. Konnte sie noch abspringen, oder war das bereits tödlich? Ihr blieb nichts anderes übrig, als ungeduldig auf eine Chance zu warten, und sie hoffte, sie zu erkennen, wenn sie da war.
»Du hattest die Idee mit Hannahs Bar«, sagte James. »Wir werden sie übernehmen.«
»Wozu? Wenn wir uns mit Aron einigen, brauchen wir die Bar nicht.«
»Ich will sie aber haben, deshalb werden wir mit dem Alten ein geschäftliches Gespräch führen. Komm!«
***
Wieder war ich
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