1626 - Die Nymphe
Frankreich und auch Deutschland.«
»Ist Ihnen denn bekannt, wie groß die Anzahl der Frauen ist, die dort leben?«
»Nein, das weiß ich leider nicht. Vielleicht ein halbes Dutzend, aber das ist eine Schätzung.«
»Namen kennen Sie ebenfalls nicht?«
»Nein, auf keinen Fall.«
»Dann bedanke ich mich sehr für Ihre Auskünfte, Mr. Hapthorne.«
»Keine Ursache. Es war mir ein Vergnügen.« Er schnaufte wieder und sagte: »Verzeihen Sie mir meine Neugierde, Mr. Sinclair, aber welcher Wind treibt Sie denn dorthin? Ich denke, dass Sie nicht nur Erkundigungen über das Haus einziehen wollten.«
»Das ist richtig, Mr. Hapthorne.« Die Wahrheit konnte ich ihm nicht sagen. Ich gab ihm trotzdem eine Antwort. »Es geht um eine Frau, die angeblich in diesem Kloster ihren neuen Lebenssinn gefunden hat. Von ihr brauche ich Auskünfte, die sich auf einen früheren Fall beziehen. Das ist alles. Ich wollte nur nicht lange herumsuchen und habe ja in Ihnen einen guten Informanten gefunden.«
»Oh, danke, Mr. Sinclair. Sollte es Ihre Zeit erlauben, dann besuchen Sie mich bitte mal. Wir könnten zusammen einen Drink nehmen.«
»Wunderbar, ich werde es nicht vergessen.«
»Dann viel Erfolg.«
»Danke.«
»Keine Ursache.« Das Gespräch war vorbei, und ich atmete erst mal tief durch. Da hatte ich Glück gehabt, denn ich glaubte fest daran, dass das von Hapthorne erwähnte Haus mit dem Kloster identisch war. Zudem waren mir Beginenhöfe nicht fremd. In der Vergangenheit hatte ich schon damit zu tun gehabt. Jetzt musste ich nur noch herausfinden, ob die dort lebenden Frauen tatsächlich so fromm waren, wie ihr Name sagte.
Es war Samstag. Wochenende. Da unternahmen Paare oder Familien viel gemeinsam, und als mir dieser Gedanke kam, dachte ich darüber nach, ob ich Suko informieren sollte.
Ich lebte als Single. Er hatte Shao als Partnerin. Im Job war er ebenso eingespannt wie ich. Da freuten er und Shao sich auf eine gemeinsame Zeit. Die sollten sie auch weiterhin haben. Es war ein Fall, der mich direkt anging. Sollte es hart auf hart kommen, würde ich meinen Freund und Kollegen anrufen.
Der Ort Hunton war ein Fixpunkt. Wenn ich ihn aufsuchte, würde ich auch das Kloster finden. Und da war ich gespannt, wie man dort auf den Namen Melissa reagieren würde…
***
Auch den Rest der Nacht würde Judy May niemals vergessen. Sie fühlte sich am nächsten Morgen wie gerädert. Zudem wusste sie nicht mal, ob sie geschlafen hatte oder nicht. Normal wach war sie nicht gewesen, aber in einen Tief schlaf war sie auch nicht gefallen. So hatte sie zwischen Wachsein und Schlafen dahingedämmert.
Als sie aufstand und aus dem Fester schaute, sah der Tag nicht so aus, als würde er sich strahlend schön entwickeln, denn am Himmel hingen graue Wolkenbänder, die mehr auf Regenschauer hinwiesen.
Es war Judy egal. Dieser Tag würde ganz anders verlaufen, als sie es sich vorgestellt hatte. Das Blumengeschäft in der Etage unter ihr würde sie am diesem Samstag geschlossen halten, denn es gab Wichtigeres für sie zu tun.
Als sie ins Bad ging, hatte sie das Gefühl, Blei in den Knochen zu haben.
Sie bekam ihre Füße nur schwer vom Boden hoch und musste sich zusammenreißen, um den kurzen Weg zu schaffen.
Judy duschte sehr lange, auch heiß, bis sie das Gefühl hatte, einen Teil der Müdigkeit aus ihrem Körper getrieben zu haben. Erst dann fühlte sie sich einigermaßen.
In der kleinen Küche kochte sie Kaffee, zog sich dann an und dachte über den Tag nach.
Sie würde sich auf den Weg machen und das Kloster aufsuchen, das zwar kein richtiges Kloster war, aber von allen Menschen so genannt wurde.
Das war ihr Ziel. Es hörte sich alles so einfach an, aber ob es tatsächlich problemlos ablaufen würde, da hatte sie schon ihre Bedenken. Aber sie hatte keine andere Wahl.
Judy saß am Tisch, trank ihren Kaffee, aß ein paar Kekse, schaute zum Fenster raus, ohne wirklich etwas zu sehen, und dachte nicht nur an das, was vor ihr liegen könnte, sondern auch an die Begegnung mit der Nymphe.
Noch jetzt schauderte sie, wenn sie daran dachte. Das war unglaublich gewesen. Selbst für sie, die von den alten Legenden und Sagen immer fasziniert gewesen war. Ein Bild, das sie eigentlich hätte abstoßen müssen. Seltsamerweise fühlte sie sich von der Erscheinung angezogen. Es würde ihr auch nichts ausmachen, ihr noch mal gegenüberzutreten.
Das war das eine Phänomen. Es gab noch ein zweites. Es hörte auf den Namen Melissa.
Die war etwas
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