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1626 - Die Nymphe

1626 - Die Nymphe

Titel: 1626 - Die Nymphe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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überfielen sie wie ein Wasserfall.
    Martha Lee hörte schweigend zu. Dass auch sie emotional berührt war, sah man ihr an. Sie hatte die Lockerheit verloren, ihr Körper stand unter einer gewissen Spannung, und sie hatte sich leicht nach vorn gebeugt.
    Judy May redete weiter. Jetzt allerdings etwas stockender, bis ihre Stimme leiser wurde und schließlich ausklang. Noch einen abschließenden Satz fügte sie hinzu.
    »Jetzt wissen Sie alles.«
    »Ja, das stimmt.« Nach dieser Antwort griff Martha Lee zu ihrem Wasserglas und trank es fast leer. Den Blick hielt sie dabei auf ihre Besucherin gerichtet, als wollte sie herausfinden, ob sie die Wahrheit gesprochen hatte.
    »Werfen Sie mich jetzt raus?«, flüsterte Judy.
    »Nein, warum sollte ich?«
    »Weil Sie mir meine Erlebnisse vielleicht nicht abnehmen.«
    »Die du dir bestimmt nicht ausgedacht hast?«
    »So ist es. Ich habe die Nymphe gesehen und gehe jetzt davon aus, dass sie mir so etwas wie einen Auftrag erteilt hat. Ich bin ausersehen, um eine große Gefahr zu stoppen, die sich im Anmarsch befindet. Aber das kann ich nicht allein, ich brauche Hilfe.«
    Martha Lee nickte. Ihr Stirn hatte sie gerunzelt, und sie sagte: »Das hört sich an, als wolltest du den Auftrag annehmen.«
    »Dazu fühle ich mich sogar verpflichtet.«
    »Gut. Und jetzt bist du zu mir gekommen, um dir die Hilfe zu holen. Sehe ich das richtig?«
    »Ja.«
    »Danke, das war eine gute Antwort, an die sich sofort eine Frage anschließt. Hast du dir Gedanken darüber gemacht, wie ich dir helfen könnte?«
    Das habe ich!, dachte Judy. Sie traute sich jedoch noch nicht, ihre Überlegungen auszusprechen, was auch Martha bemerkte. Sie lächelte Judy an und sagte leise: »Bitte, tu dir keinen Zwang an. Wir sind hier unter uns. Niemand hört uns zu.«
    Judy hatte noch immer Probleme. Sie schaute auf ihre Hände. »Ihre Hilfe wäre mehr indirekt, Martha.«
    »Das bringt mich nicht weiter.«
    »Es gibt eine andere Person hier im Kloster.«
    Martha Lee nickte. »So? Hat diese Nymphe das gesagt?«
    »Ja. Ihr Name ist Melissa.« Endlich war es heraus, und Judy rechnete damit, dass die Chefin des Hauses sie aus dem Zimmer warf. Denn Melissa war hier so etwas wie ein Tabu.
    Das tat sie nicht. Sie lehnte sich zurück und schloss für einen Moment die Augen. Sehr lange dachte sie nach und vor ihrer Antwort ließ sie ein Seufzen hören.
    »Ich weiß selbst, dass Melissa etwas Besonderes ist. Sie war bei uns, aber sie war uns bis zu ihrem - sagen wir Tod -, immer etwas fremd. Sie hat sich mit Themen beschäftigt, die eigentlich nicht in unsere Welt passen, und sie hat sich auch sehr für den Tod interessiert, mit dem nicht alles vorbei war. Diese These vertreten gläubige Menschen, aber bei Melissa war das etwas anderes. Sie hat gemeint, dass ihr eine Aufgabe zugewiesen wurde, die sie erst nach dem Tod in Angriff nehmen kann. Wir haben ihr nicht so recht geglaubt, aber sie ließ sich nicht davon abbringen und hat mich kurz vor ihrem Tod noch gebeten, sie bitte nicht zu begraben. So fest glaubte sie an ihre Aufgabe.«
    »Und was haben Sie genau getan?«
    »Ich habe ihrem Wunsch entsprochen, das weißt du. Sie liegt im Keller und sieht noch so aus wie am Tage ihres Dahinscheidens. Es gibt bei ihr keine Spur von Verwesung, obwohl wir nichts dafür getan haben. Wer sie anschaut, muss einfach an eine schlafende Frau denken und käme nicht auf die Idee, eine Tote vor sich liegen zu haben.«
    »Haben Sie sich denn keine Gedanken darüber gemacht, wie dieses Phänomen zustande kam, Martha?«
    Die Frau lächelte knapp. »Doch, das habe ich. Sogar mehr als einmal, das kannst du mir glauben.« Sie hob die Schultern. »Aber wie das so ist, ich habe keine Erklärung dafür gefunden. Es ist ein Phänomen. Wir müssen es hinnehmen, was wir auch tun.«
    »Aber jetzt ist alles anders«, murmelte Judy nach einer Weile. »Ich soll Melissa als Helferin ansehen. Sie muss an meiner Seite stehen, das hat die Nymphe gesagt, und das glaube ich ihr auch. Aber wie ist das möglich? Und da gibt es nur eine Antwort: Ich muss zu ihr. Ich muss mir die tote Melissa anschauen.«
    Es war ihr nicht leicht gefallen, dies zu sagen, und sie war gespannt, wie ihr Gegenüber reagieren würde. Zunächst mal sagte die Frau nichts. Sie dachte nach und schaute dabei ins Leere. Bis sie leise sagte: »Das ist eine schwere Entscheidung.«
    »Das ist mir klar, Martha. Aber ich weiß beim besten Willen keinen anderen Weg.«
    Die Frau nickte. »Und du bist fest

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