1627 - Panik
unseren Chef schützen oder ihn wieder in die Normalität zurückholen. Doch das ließ sich nicht durch Worte erledigen, denn was er da erlebte, war ein Angriff finsterster Mächte, auch wenn sie nicht zu sehen waren, zumindest nicht für uns.
Das Kreuz musste helfen!
Ich zerrte die Kette über meinen Kopf. Suko war bereits aufgesprungen.
Sein Stuhl war umgekippt und lag hinter ihm am Boden. Aber er wartete, denn er sah, dass ich mein Kreuz hervorgeholt hatte.
Ich lief auf Sir James zu.
Genau da hörten wir den Schrei, der so grauenhaft war, dass man hätte meinen können, es wäre der letzte im Leben des Superintendenten gewesen. Der Schrei hallte noch nach, als sich Sir James zur Seite drehte und vom Stuhl kippte.
Das sahen wir beide, und Suko sprang dorthin, um ihn aufzufangen. Er schaffte es nicht ganz, konnte aber einen harten Aufprall verhindern.
Suko saß auf dem Boden. Er hielt Sir James wie ein kleines Kind fest, und kindartige Laute drangen auch aus dem Mund unseres Chefs. Es war ein Wimmern, das nicht nur Suko einen Schauer über den Rücken trieb.
Ich ließ mich neben den beiden auf die Knie fallen. Suko war ruhig, nicht so unser Chef. Er atmete, aber er japste dabei, als würde die Panik seine Atemstöße diktieren.
Es war eine schlimme Situation. Suko und ich waren zwar nicht selbst betroffen, aber unseren Chef in einem derartigen Zustand zu erleben, das hätten wir uns nicht mal in unseren wirrsten Träumen ausgemalt.
Er lag auf dem Rücken. Er musste noch immer diese scheußlichen Panikattacken erleben, denn er wollte seine Beine anziehen, um die Haltung eines Fötus einzunehmen.
Ich schaute auf mein Kreuz. Es hatte sich auch jetzt nicht erwärmt, und ich befürchtete, dass es der falsche Weg war, um Sir James zu befreien.
Ich sah in sein Gesicht. Die Brille hatte er endgültig verloren. Seine verzerrten Züge kamen mir mehr als fremd vor, und Suko schien es ähnlich zu ergehen.
»Versuch es, John!«
Klar, es gab keine andere Möglichkeit. Ich hatte nur noch darüber nachgedacht, wohin ich das Kreuz legen sollte. Ich entschied mich gegen das Gesicht, außerdem bot die Brust des Superintendenten mehr Platz.
Darauf legte ich das Kreuz!
Ja, es gab eine Reaktion. Und es war gut, dass Suko in meiner Nähe kniete. So konnte er Sir James an beiden Schultern festhalten, was auch nötig war.
Sir James’ Körper bäumte sich auf. Schaum stand vor seinen Lippen. Er sprühte beinahe bis zu mir. Für einen Moment hatte ich den Eindruck, es hier mit einem Besessenen zu tun zu haben, wobei ich die Rolle des Exorzisten übernommen hatte.
Es vergingen nicht mal drei Sekunden, da sackte Sir James wieder zusammen. Starr blieb er liegen. Und auch ruhig. Nichts bewegte sich mehr an ihm.
Er machte auf uns den Eindruck, als würde er schlafen. Das war gut.
Suko schaute mich an. Auf seinen Lippen sah ich ein Lächeln und ich hörte ihn flüstern: »Ich glaube, wir haben es geschafft, John.«
»Ja, das denke ich auch…«
***
Wir hatten unseren Chef nicht am Boden liegen gelassen und ihn auf seinen Schreibtischstuhl gesetzt, wo er auch Halt fand, denn er war dabei, wieder zu sich zu kommen. Die Kraft meines Kreuzes hatte dafür gesorgt und das vertrieben, was ihn so geängstigt hatte.
Seine Schreie hatte niemand gehört. Da war es schon von Vorteil, dass die Bürotür schalldicht war. Auch die Brille hatten wir gefunden. Sie hatte unter dem Schreibtisch gelegen und war nicht zerbrochen. Jetzt konnte er sie sehen, wenn er vor sich auf den Schreibtisch schaute.
Zu begreifen war das, was mit ihm geschehen war, noch immer nicht für uns. Wäre es jemand anderer gewesen, hätten wir die Sache mit mehr Objektivität betrachten können. Aber dieser Mann war kein irgendwelcher Miller oder Smith, nein, es ging um unseren Chef, Sir James, einen Souverän, wie es ihn nur selten gab.
Was hatte ihn in diesen Zustand hineingetrieben? Es mussten die gleichen Mächte gewesen sein, die auch bei Albert Finch zugeschlagen hatten. Er und Sir James.
Und wer noch?
Dieser Gedanke kam mir automatisch. Ich wollte nicht glauben, dass es nur bei diesen beiden Attacken blieb. Da lief etwas Großes an. Und warum hatte es gerade zwei Polizisten erwischt? Konnte es sein, dass die andere Seite, wer immer sie auch war, es ausgerechnet auf Polizisten abgesehen hatte?
Ich schloss nichts aus, und auch Suko verfolgte ähnliche Gedanken, wie er mir sagte.
Im Büro befand sich ein kleiner Kühlschrank. Ich entnahm ihm eine Flasche
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