1632 - Botschaft aus der Raumzeitfalte
vorzuweisen haben", stieß er hervor. „Soviel hat Atlan auch schon gewußt. Macht als nächstes eine möglichst eingehende Strangeness-Analyse. Ich will, zum Donnerwetter, endlich wissen, was für ein Geheimnis sich hinter dem verdammten Ding verbirgt."
Mit diesen Worten, die er so heftig sprach, wie man es von ihm noch nie gehört hatte, stürmte er zur Tür hinaus.
*
Die Bestimrnung der Strangeness erforderte einen wesentlich größeren Aufwand an Gerät und Versuchsvorbereitung als die Strukturanalyse. Es vergingen mehr als zwei Stunden, bis Boris und der Blue mit den eigentlichen Messungen beginnen konnten. Inzwischen ging es in der Zeitzone Terrania auf Mitternacht. Die zwei Wissenschaftler bekamen davon nichts mit. Das Labor, in dem sie arbeiteten, besaß keine Fenster.
Die Programmsteuerung schaltete die Geräte ein. Mit Hilfe kurzwelliger hyperenergetischer Strahlung drangen sie in die Materie des Pyramidenprismas ein und riefen Reaktionen auf molekularer, nuklearer und subnuklearer Ebene hervor, die von den Nachweisgeräten sorgfaltig aufgezeichnet wurden. Aus den registrierten Werten ließen sich die wichtigsten Naturkonstanten errechnen, und diese wiederum dienten zur Bestimmung der Strangeness. Das alles lief automatisch ab. Wie beim vorigen Versuch wurden die Meßergebnisse auch diesmal in Form von Zahlen- und Symbolketten auf einer Bildfläche angezeigt. Aber die Strangeness war eine überaus komplexe Größe. Es gelang Boris nicht, anhand der abgebildeten Werte zu erkennen, wie es sich mit der Strangeness des Pyramidenprismas verhielt. „Da stimmt etwas nicht", sagte er ungehalten. „Ich weiß, daß das Phänomen Strangeness von uns noch immer nicht ganz verstanden wird. Wir tun uns schwer, wenn wir Strangeness messen.
Aber bisher ist immer noch etwas halbwegs Kohärentes dabei herausgekommen. Dieses Durcheinander hier verstehe ich überhaupt nicht. Die Werte streuen, als hätten wir sie wahllos aus einem Hut gezogen."
„Wir wurden vorhin uhterbrochen", sagte Xii-Gien-Qek uriverrnittelt. „Wir sprachen von den Glückseligkeiten. Es gibt viele von ihnen. Aber der dritten eifere ich besonders nach."
„Hör mir auf mit deiner tellerköpfigen Lebensphilosophie", beschwerte sich Boris. Angesichts so vieler Mißerfolge war er sichtlich schlechter Laune. „Komm mir lieber mit einem brauchbaren Gedanken."
„Genau das habe ich vor", zirpte der Blue. „Was hältst du zum Beispiel von der Goshmoschen Strahlungskonstanten?"
Boris sah ihn verwirrt an. „Was soll ich davon halten?" fragte er. „Die dazugehörige Theorie wurde von einem Wissenschaftler namens Goshmo-Khan vor ungefahr vierzehnhundert Jahren entwickelt."
„Kennst du die Formel?"
„Sie ist ziemlich einfach, aber auswendig habe ich sie nicht gelernt", gab Boris zu. „Wenn ich sie brauche, muß ich nachsehen."
„Aber du weißt, auf welche Weise die Lichtgeschwindigkeit in die Gleichung eingeht, nicht wahr?"
„Sie steht im Nenner, in der dritten Potenz."
„Richtig", lobte Xii-Gien-Qek. „Wenn du bei einer Bestimmung der Strängeness feststellst, daß die Lichtgeschwindigkeit in dem fremden - na, sagen wir: Kontinuum, aus dem dein Testobjekt stammt, um ein paar Hundertstelprozent größer ist als im Standarduniversum, dann erwartest du zu Recht, daß die Goshmosche Strahlungskonstante einen geringeren Wert aufweist. Stimmst du mit mir überein?"
„Das sind doch triviale Kinkerlitzchen", brummte Boris Siankow. „Natürlich ist es so. Es kann ja gar nicht..."
„Langsam, mein Freund", fiel ihm der Blue ins Wort. „Was würdest du sagen, zu welchem Schluß kämest du, wenn bei deiner Strangeness-Bestimmung sowohl die Lichtgeschwindigkeit als auch die Goshmosche Konstante einen höheren Wert hätten?"
„Das gibt's gar nicht!" brauste Boris auf. „Darf ich deine Aufmerksamkeit auf jene Bildfläche dort lenken?" Xii-Gien-Qek sprach gelassen, mit der Geduld eines Lehrers, der einen besonders begriffsstutzigen Schüler auf den Pfad der Erkenntnis bugsieren will. „Natürlich herrscht dort ein heilloses Durcheinander an Zahlen und Symbolen. Aber wenn du dir die Mühe machst, erkennst du, was bei der Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit und der Goshmoschen Konstante herausgekommen ist."
Boris' Blick glitt über das große Videofeld. Er fand die beiden Einträge: Lichtgeschwindigkeit: +0,04 %Goshmosche Strahlungskonstante: +0,01 %„Das gibt's nicht!" wiederholte Boris. Diesmal schrie er es. „Doch, es gibt es",
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