1633 - Dienerin des Bösen
immer zwei Stufen hinter ihm, und es war wirklich nicht leicht, diese welligen und manchmal ziemlich glatten Dinger hinaufzusteigen.
Ich hörte Godwin hin und wieder murmeln. Obwohl ich nichts verstand, klang seine Stimme so, als wollte er ein Versprechen abgeben. Da lag ich sicherlich richtig.
Hinter der letzten Stufe begann die Mauer. Allerdings bot ein kleines Podest vor der Tür genug Platz, dass wir beide nebeneinander stehen konnten.
Dass eine Tür vorhanden war, konnten wir nicht unbedingt als normal ansehen. Das Kloster war sehr alt. Da hielt auch die beste Außentür nicht, besonders wenn sie aus Holz bestand so wie diese hier. Sie war im Laufe der Jahre ausgebleicht, sah aber noch recht stabil aus.
Gemeinsam schauten wir uns das schwere Eisenschloss an und auch den dicken Griff.
Etwas fiel uns beiden sofort auf. Der Schloss war nicht völlig verrostet, und das Gleiche konnten wir auch vom Griff behaupten. Wir mussten davon ausgehen, dass er des Öfteren angefasst worden war und nicht der Regen den Rost abgewischt hatte.
»Wir sind hier richtig, John«, flüsterte der Templer. »Das spüre ich. Wir werden Sophie finden, wir holen sie hier raus, und wenn es das Letzte ist, was ich in meinem Leben tue. Und ich weiß auch, dass dieses Kloster nicht leer ist. Auch wenn wir nichts gehört oder gesehen haben, hier ist nicht alles so, wie es scheint.«
»Die Nonnen werden nicht mehr leben«, fasste ich zusammen. »Stellt sich die Frage, wer sie abgelöst hat.«
»Ich weiß es nicht. Aber glaubst du, dass sich die Menschen vor einem leeren Gebäude gefürchtet hätten?«
»Im Prinzip nicht.«
»Eben.«
Ich überließ es ihm, die schwere Tür zu öffnen.
Godwin atmete scharf, als er beide Hände auf die große Klinke legte.
Sie ließ sich bewegen. Das sahen wir schon als einen ersten Erfolg an.
Und Godwin drückte sie bis zum Anschlag nach unten, dann schaute er mich an und nickte.
»Es war recht leicht.«
»Mach weiter.«
Der Templer legte sich wieder ins Zeug. Er konnte die Tür nicht aufziehen, und so versuchte er es in die andere Richtung. Er drückte mit der Schulter dagegen und beide sahen wir, dass sich die Tür tatsächlich langsam bewegte. Ich half Godwin.
Wir hörten das Scharren, das Ächzen alter Angeln, aber es klappte.
Auch wenn wir uns schwer taten, die Tür ließ sich nach innen drücken.
Wir hatten damit gerechnet, in die Dunkelheit zu treten oder zumindest in ein dämmriges Halbdunkel. Das war zwar auch in dieser hallenartigen Umgebung vorhanden, weil durch die Fenster nur noch schwaches Tageslicht drang, aber es gab noch andere Lichtquellen, und die waren bestimmt nicht von Geistern geschaffen worden.
An verschiedenen Stellen der Halle verteilt standen Kerzen. Da tanzten die Flammen an den Dochten und bewegten sich zuckend im kaum spürbaren Wind. Die Kerzen steckten in alten Ständern. Manche davon hatten drei Arme. Die Schalen waren so groß, dass sie recht dicke Kerzen aufnehmen konnten.
Sie würden recht lange brennen, das war keine Frage. Uns interessierte mehr, wer sie angezündet hatte, und das war ein Problem, denn außer uns gab es niemanden, der sich hier aufhielt.
Wir hatten es nicht nötig, aber in einer derartigen Umgebung bewegt man sich automatisch viel leiser und vorsichtiger als gewöhnlich. Wir schauten uns um, aber wir waren und blieben allein.
Er war eine große Halle. Ein Mittelpunkt, auf dessen Steinboden eine graue Staubschicht wie ein Teppich lag. Aber nicht unberührt, wie man hätte annehmen können. Überall waren Fußabdrücke zu sehen, und ich glaubte nicht, dass sich hier nur eine Person bewegt hatte.
Godwin fasste mit einem Satz zusammen, was auch ich dachte. »Das Kloster ist noch bewohnt.«
»Richtig. Fragt sich nur, von wem.«
Der Templer stemmte seine Hände in die Hüften. »Glaubst du, dass mich das im Augenblick interessiert? Ich will nur wissen, wo ich Sophie finden kann.«
»Keine Sorge, das schaffen wir. Ich gehe davon aus, dass es auch Zugänge zu anderen Bereichen gibt.«
Sie waren noch nicht zu sehen, da es zu viel schattige Stellen gab, die vom Schein der Kerzen nicht erreicht wurden. Hier sah alles normal aus, aber es war nichts normal, das spürte ich deutlich, und als ich zwei Schritte weiter in den Hintergrund der Halle ging, da blieb ich urplötzlich stehen.
Das war Godwin aufgefallen. »Was ist los? Was hast du?«
»Wir sind hier genau richtig.«
»Okay. Und was macht dich so sicher?«
»Mein Kreuz. Es hat sich
Weitere Kostenlose Bücher