1637 - Der Spuk, der Nebel und wir
ausgeschaltet, ohne bewusstlos zu werden. Die Sterne vor meinen Augen verschwanden auch wieder, und mit einem Schrei sorgte ich dafür, dass ich mich zusammenriss und mich sogar hochstemmte.
Will Mallmann war noch da. Ich sah ihn, aber ich sah auch seinen Rücken, und ich sah, wohin er lief. Mit einer wuchtigen Bewegung fegte er den störenden Tisch zur Seite. Jetzt hatte er freie Bahn, um den Spiegel zu erreichen.
Auf ihn rannte er zu, warf sich nach vorn und stürzte sich mit aller Kraft gegen ihn. Es gab keine Fläche, die zerbrach. Ich hörte kein Splittern, nur so etwas wie einen dumpf klingenden Laut, als hätte jemand gegen ein Stück Teig geschlagen.
Mallmann hechtete hinein und war im nächsten Augenblick verschwunden.
So hatte die Ratte das sinkende Schiff verlassen…
***
Es war, wie es war. Ich konnte nichts daran ändern. Ich wollte auch nicht über irgendwelche Fehler nachdenken. Das Schicksal ließ sich eben nicht berechnen, das hatte ich hier leider wieder einmal erkennen müssen.
Ich kniete am Boden. Im meinem Kopf breitete sich ein dumpfes Gefühl aus. Es war einfach vernichtend zu wissen, dass Mallmann erneut entkommen war. Er hatte wirklich seine letzte Chance genutzt und mir das Nachsehen gegeben.
Ich rappelte mich auf. Da der Tisch in meine Nähe geschoben worden war, hielt ich mich an der Kante fest, um auf die Beine zu gelangen. In meinem Innern kochte es.
Ich starrte den Spiegel an, der ein transzendentales Tor war, und sah nichts von Mallmann. Vor mir lag die viereckige Fläche, in der sich niemand spiegeln konnte, weil sie nicht blank war, sondern aussah wie grauer glatter Stein.
Die Wut kochte auch weiterhin in mir. Es half nichts, wenn ich mich selbst einen Narren schalt. Mit dieser Niederlage musste ich fertig werden.
Einen kleinen Trost hatte ich. Die Vampirwelt würde es nie mehr so geben, wie Dracula II sie erschaffen hatte. Auf dem absoluten Höhepunkt war sie vernichtet worden. Oder beinahe vernichtet. Mallmann aber konnte wieder von vorn beginnen.
Ich würde den gleichen Weg nehmen wie er, musste mich allerdings beeilen, denn der Spuk würde mit seiner Vernichtung nicht auf halbem Weg aufhören.
Ich drehte mich um. Da die Tür noch offen stand, fiel mein Blick hinaus in die absolute Schwärze, in der nur die beiden roten Punkte zu sehen waren.
Ich ging bis zur Schwelle vor, weil ich glaubte, dass der Spuk mit mir Kontakt aufnehmen wollte. Ich kam mir dabei wie ein Verlierer vor, und als ich die ersten Worte des Dämons hörte, steigerte sich dieses Gefühl noch.
»Ich habe mein Vorhaben erfüllt!«, grollte es mir entgegen, »und seine gesamte Welt schon so gut wie vernichtet. Den Rest werde ich auch noch schaffen. Aber was ist mit dir?«
In mir stieg so etwas wie Bitternis hoch, denn mit dieser Frage hatte er mich voll erwischt.
»Ja, es stimmt. Mallmann ist mir entkommen. Ich habe mal wieder versagt. Aber es ist auch nicht leicht, ihn aufzuhalten.« Ich hob die Schultern an. »Möglicherweise muss ich mit diesem Teilerfolg zufrieden sein.«
»Es sieht so aus.«
»Die Welt hier hast du zerstört. Mein Kampf gegen Mallmann allerdings geht weiter.«
Aus dem Finstern grollte mir wieder die Stimme entgegen.
»Das weiß ich. Und ich muss dir sagen, dass ich meine Pflicht getan habe. Ich werde dir nicht mehr zur Seite stehen. Ich habe es auch nur getan, weil mich seine Welt störte. Ich wollte nicht, dass er immer mächtiger wurde und sein Reich ausdehnte. Es gibt genug Gegner, die auch ich zu bekämpfen habe oder in Schach halten muss. Von Dracula II will ich nichts mehr wissen. Er soll seinen eigenen Weg gehen, aber ohne seine Welt.«
Ich spürte den rauen Belag in meiner Kehle, bevor ich sagte: »Du hast die Welt vernichtet. Du hast sie verschlungen. Sie ist aufgegangen in deiner Schwärze.«
»So musste es sein. Ich habe sie gefressen, wenn es dir lieber ist. Du kannst davon ausgehen, dass sie nicht mehr existiert. Bis auf einen kleinen Rest.«
»Und da befinden wir uns?«
»So ist es. Hierher hat sich Dracula II immer zurückgezogen. Auch diese Hütte wird es bald nicht mehr geben und somit auch kein Tor mehr, durch das jemand in deine Welt reisen kann.«
»Und was passiert mit mir?«
Aus dem Dunkel dröhnte mir das Lachen entgegen. »Du wirst überleben, John Sinclair. Du wirst noch gebraucht. Ich hoffe, dass du mich weiterhin mit den Seelen der Dämonen fütterst. Das ist es, was ich will. Ich habe dir nur die Chance gegeben, dabei zu sein, wenn die
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