1637 - Der Spuk, der Nebel und wir
den Füßen, abgesehen von meinem Kreuz. Das war nicht eben ein Kampfanzug, mit dem ich hätte losziehen können.
Die Untätigkeit meines Kreuzes bereitete mir schon Probleme. Als wäre es manipuliert worden.
Die Tür schloss ich diesmal nicht ab und blieb in der dunklen kleinen Diele stehen. Nachdem ich diesen kleinen Spaziergang hinter mich gebracht hatte, fühlte ich mich besser. In meinem Kopf arbeitete es wieder. Der erste Schock war vorbei, und in mir hatte sich auch kein Gefühl der Angst ausgebreitet.
Die Finsternis würde nicht bleiben. Sie war nur ein Vorbote. Etwas musste noch passieren.
Es war schon passiert!
Ich hatte mich umgedreht und konnte ins Wohnzimmer schauen. Da war die Schwärze zwar ebenfalls noch so absolut dicht, aber ich sah auch etwas anderes.
Etwa in Augenhöhe leuchteten zwei rote Punkte wie unheimliche Augen.
Was andere Menschen zum Schreien gebracht hätte, das sorgte bei mir für eine Entspannung. Ich wusste endlich, woran ich war, und ich schalt mich einen Narren, dass ich nicht schon früher auf die Lösung gekommen war.
Wahrscheinlich hatte ich zu lange mit der Überraschung kämpfen müssen. Jetzt war alles klar, die beiden roten Augen hatten mir den Beweis gebracht.
Ich wusste, wem ich das alles zu verdanken hatte und wer mich hier besucht hatte.
Es war der Spuk!
***
Nach dieser Erkenntnis wusste ich nicht, ob ich mich freuen oder fürchten sollte.
Der Spuk war ein Dämon.
Und er war ein Feind von mir.
Aber er stand mir auf eine gewisse Weise neutral gegenüber, denn ich war es, der schon unzählige Dämonen getötet hatte. Deren Seelen verschwanden nicht in der Unendlichkeit, sie bekamen einen besonderen Platz, und der war das Reich des Spuks. Er fing die Seelen der getöteten Dämonen auf. Er konnte sein Reich sogar vergrößern, und der Spuk war jemand, den man als Schwärze, als die absolute Lichtlosigkeit einstufen musste.
Er war die absolute Finsternis.
Gegen sie kam auch mein Kreuz nicht an. Diese Finsternis war kalt und mächtig, als hätte er sie aus dem All geholt, um seine eigene Welt zu formen.
Wo er lebte, wo er regierte, ich wusste es nicht. Vielleicht irgendwo im Nirgendwo. Es gab keine Grenzen, sein Reich war da und vergrößerte sich mit jeder Dämonenseele, die er bekam.
Ich hatte lange nichts mehr mit ihm zu tun gehabt. Wahrscheinlich hatte das meine Überlegungen etwas behindert, denn ich hätte früher darauf kommen können und müssen, dass er es war, der mir die absolute Dunkelheit geschickt hatte.
Jetzt, wo ich Bescheid wusste, war sie mir egal. Der Spuk war zwar nicht mein Freund, aber er war auch nicht erschienen, um mich zu vernichten.
Er brauchte mich zudem. Und er war auch so etwas wie ein Wächter, ein Aufpasser. Er achtete sehr darauf, dass andere Dämonen nicht zu mächtig wurden, wobei er selbst auch nicht allmächtig war, denn gegen Luzif er, das absolut Böse, konnte er nicht bestehen.
Hier schon.
Und ich wusste, dass er mich sah.
Ich trat in die Schwärze hinein, bis ich mein Wohnzimmer erreicht hatte.
Dort hielt ich in seiner lichtlosen Welt an und konzentrierte mich auf die roten Augen. Es sah zwar aus, als würden sie vor mir schweben, aber in dieser Finsternis war es unmöglich, Entfernungen zu schätzen. Schon gar nicht bei einem amorphen Wesen wie dem Spuk.
Ich wurde natürlich beobachtet und breitete meine Arme aus. Möglichst locker sprach ich den Spuk an.
»Hättest du dich nicht zuvor anmelden können, dass du mich besuchen willst?«
Ich erhielt eine Antwort. Sie war zunächst völlig unverständlich. Sie bestand nur aus Geräuschen. Es war so etwas wie ein leises Grollen, das ich nicht eben als positiv empfand. Aber das Grollen veränderte sich, und ich hörte plötzlich die Stimme des mächtigen Dämons.
»Das musst du schon mir überlassen…«
Er hatte gesprochen, aber eine normale Stimme war es auch nicht gewesen. Das Grollen war wie eine Hintergrundmusik geblieben, dazwischen hatte ich die Worte verstehen können, auch wenn sie nur geflüstert gewesen waren.
»Schon gut. Du bist im Moment der Boss. Du bist hier und hast meine Wohnung übernommen. Aber du kannst dir sicher vorstellen, dass ich scharf darauf bin, den Grund zu erfahren. Also: Was willst du?«
»Dich!«
Diesmal musste ich lachen. »Das ist wohl kein Problem mehr. Ich stehe ja in oder vor dir.«
»Das ist nicht alles.«
»Hatte ich mir schon gedacht. Aber sag mir jetzt nicht, dass du Probleme hast und ich dir helfen soll. Da würde
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