1638 - Leichenspur des Künstlers
gefunden, eine Frage zu stellen, vor der sie sich die ganze Zeit über gefürchtet hatte.
»Was hast du mit mir vor?«
Der Künstler trat einen kleinen Schritt zurück. So deutete er seine Überraschung an und auch durch das leise Lachen.
»Wieso fragst du das?«
»Weil ich eine Antwort haben will«, flüsterte sie.
»Ja, ja, verstehe. Du willst eine Antwort haben, aber denke nach. Wen hat man hier in der Nähe gefunden? Wer lag im Teich? Eine nackte Frauenleiche, zu einem Kunstwerk gemacht. Es war mein drittes. Du wirst mein viertes sein, und das unter den Augen der Polizei, die ich wie Trottel aussehen lasse.«
»Ich soll sterben, nicht?«
»Ja, das sollst du.« Seine Antwort war so locker erfolgt, als hätte er etwas völlig Normales bestätigt und nicht den Tod eines Menschen.
Lilly konnte nichts mehr sagen. Sie hatte die Antwort ja gehört, aber sie war so geschockt, dass ihr keine Antwort einfiel. Zwar öffnete sie den Mund, doch es blieb beim Zittern der Lippen, während sie weiterhin von ihrem Mörder beobachtet wurde.
Er kannte kein Mitleid, auch dann nicht, als Tränen aus Lillys Augen rannen. Er hatte sich einmal zu etwas entschlossen, und das würde er durchziehen.
»Dann zieh dich aus!«
Ein schlichter Befehl, der es in sich hatte. Lilly zuckte zusammen, und sie hoffte, sich verhört zu haben.
»Bitte, was ist?«, schluchzte sie.
»Ausziehen.«
»Warum?«
»Weil ich es so will. Alle meine Opfer waren nackt. Das gehört zu meiner Kunst. Verstehst du?«
»Nein, ich…«
Er schlug ihr gegen die Schulter. »Ausziehen, verdammt!«
Lilly wusste, dass ihr nichts anderes übrig blieb. Sie begann damit, ihre Bluse zu öffnen, und merkte, dass sie am ganzen Körper zitterte. Die Knöpfe glitten immer wieder von ihren feuchten Fingerspitzen weg, was dem Killer nicht gefiel.
Er streckte seine linke Hand aus, bekam den dünnen Stoff unter dem Hals zu packen und riss ihn entzwei.
»So macht man das!«
Lilly duckte sich. Sie erwartete weitere Schläge, aber der Mann ließ sie in Ruhe. Er schaute zu, wie sie den Rock abstreifte, dann die dünnen Nylons von den Beinen zog, wobei sie ihre Schuhe schon zuvor weggeschleudert hatte. »Na, geht doch!«
Lilly nickte. Sie hoffte, dass er sie in Ruhe ließ, weil sie alles getan hatte, was er wollte. Möglicherweise wollte er sie auch nur vergewaltigen, doch den Eindruck machte er nicht.
»Jetzt den BH!«
»Ja, ja, sofort.« Wieder zitterten ihre Finger. So bekam sie den Verschluss nicht so schnell auf.
Der Künstler riss ihr den BH aus der Hand und schleuderte ihn zur Seite.
Dann konzentrierte er sich wieder auf sein Opfer, aber dessen flehender Blick erweichte ihn nicht.
»Steh auf!«
Für einen winzigen Moment schloss sie die Augen. Es hatte ihm gereicht. Den Slip musste sie nicht abstreifen. Dafür stemmte sie die Hände auf die beiden Sessellehnen.
Als sie stand, schwankte sie leicht, was auch der Künstler sah. Schnell hielt er sie fest.
»Schwach, Süße?«
»Ja.«
»Keine Sorge, ich helfe dir.« Er hatte seiner Stimme einen anderen Klang gegeben. Und es waren keine leeren Worte, die er von sich gegeben hatte. Fürsorglich geleitete er sie bis zum Durchgang hin, wo er sie losließ.
»Stell dich darunter!«, befahl er.
»Und dann?«
»Tu, was ich sage.« Er schob Lilly selbst in die für ihn richtige Position.
Dort musste sie stehen bleiben. Sie war bis auf den Slip nackt. Sie fühlte sich gedemütigt. Den Kopf hielt sie gesenkt, der Blick war schamhaft nach unten gerichtet. Sie wollte nicht sehen, was dieses Schwein machte.
Sekunden gab er ihr, darüber nachzudenken, dann fing er mit seiner Performance an.
Die beiden Strickhälften waren lang genug, um die Fesseln so anlegen zu können, wie er wollte. Er umwickelte ihren Körper damit. Lilly spürte das kratzige Material auf ihrer nackten Haut und wurde wie ein Paket verschnürt.
Ab und zu schaute der Künstler hoch zu diesem Lampenhaken. Er war zufrieden. Nichts gab nach. Kein Putz rieselte von der Decke herab. Die Bühne war wieder perfekt.
Zuletzt wickelte er die beiden Seilenden um ihren Hals. Oder mehr darunter, er wollte sie nicht ersticken.
Der Künstler trat zurück. Er bewunderte sein Werk.
»Das ist gut«, lobte er sich selbst. »Ich bin begeistert. Diesmal ist es nicht die freie Natur, aber auch so ist es fantastisch.«
»Reicht das nicht?«, keuchte sie. »Ich habe doch getan, was du wolltest.«
»Das weiß ich. Aber so werde ich mich nicht von dir verabschieden. All
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