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1638 - Leichenspur des Künstlers

1638 - Leichenspur des Künstlers

Titel: 1638 - Leichenspur des Künstlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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war unmöglich. Sie hatte keinem etwas getan, und jetzt sollte sie…
    Plötzlich gingen ihre Gedanken in eine ganz andere Richtung.
    Sie war in die Klauen des Killers geraten! Dieses perversen und abnormen Künstlers, vor dem sich so viele Mensehen fürchteten und der schon drei Opfer auf dem Gewissen hatte. Sie sollte das vierte sein und zudem umgebracht werden von einem Menschen, den sie kannte und dem sie niemals so etwas zugetraut hätte.
    Er kam zu ihr, blickte sich um und zerrte sie so schwungvoll hoch, dass ihr beinahe schwindlig wurde. Alles drehte sich vor ihren Augen, aber was sie da erlebte, war kein Spaß auf einem Jahrmarkt. Ihr Schwindel verstärkte sich noch, als der Künstler sie losließ und wegschleuderte.
    Diesmal war er gnädig gewesen. Sie prallte nicht wieder auf den Boden, sondern fiel in einen alten Sessel, der recht schwer war und durch den Aufprall kaum zur Seite rutschte.
    »Bleib da hocken und rühr dich nicht!«
    Der Befehl war wie durch Watte gedämpft an Lillys Ohren gedrungen.
    Sie erlebte in ihrem Kopf ein Durcheinander und dachte sekundenlang, dass sich ihr Leben völlig verändern würde, falls sie überlebte.
    Schwer holte sie Luft. Die klare Sicht war ihr genommen worden, und in ihrem Kopf pochte es weiter.
    Der Künstler hatte sie nicht verlassen. Lilly hörte ihn, denn er bewies durch das Pfeifen einer Melodie seine gute Laune. Zudem war er mit etwas beschäftigt, was sie nicht sah. Erst als Lilly den Kopf nach rechts drehte, bekam sie mit, was er tat.
    Er hatte sich gebückt, und sie erinnerte sich daran, dass er eine Tasche bei sich gehabt hatte.
    Die stand auf einem Stuhl, war geöffnet worden, und er wühlte darin herum Dabei drehte er sich leicht, und so sah Lilly nicht, was er hervorgeholt hatte.
    Mit einer schnellen Bewegung schleuderte er ein Seil in die Höhe. Über dem Durchgang befand sich ein fester Haken in der Decke und diente wahrscheinlich zum Aufhängen einer Lampe. Er hatte die Form eines Fragezeichens. Bei einem Fleischer hatte Lilly diese Haken schon gesehen, und sie durchschoss der Gedanke, dass sie womöglich dort aufgehängt werden sollte.
    Schrei doch! Schrei!
    Es war der gedankliche Versuch, und dabei blieb es auch. Sie war einfach nicht in der Lage, einen Schrei abzugeben. Die Angst presste ihr die Kehle zu.
    Ihr wurde immer mehr bewusst, dass ihr Leben bald vorbei sein würde.
    Der Künstler war mit seiner Arbeit fertig. Er hatte das lange Seil einfach nur über den Haken gehängt. Es hing nach unten und berührte mit beiden Enden den Boden, wo es sich noch zusammenringelte.
    Jedenfalls war es lang genug, um mehrmals um einen menschlichen Körper geschlungen zu werden.
    Der Mann trat an sein Opfer heran. Vor Lilly blieb er stehen und richtete seinen Blick auf sie. Er sagte kein Wort, schaute sie an und lächelte.
    Lilly fand endlich die Kraft, sich bemerkbar zu machen. Sie musste zweimal ansetzen, dann erst konnte sie reden und brachte die Frage flüsternd hervor.
    »Das ist doch nicht dein Ernst, oder?«
    Er kicherte. »Wieso nicht?«
    »Bist du der Killer, den alle suchen?«
    »Klar.« Mit einer lässigen Bewegung hob er den Arm und kratzte sich am Hals. »Führt nicht jeder Mensch zwei Leben, Süße? Das eine, das man offen preisgibt, und dann das zweite, das im Verborgenen liegt und sich dort austoben kann.«
    Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Das sind dann die geheimen Wünsche und Vorstellungen, die du hast und die ich ebenfalls habe. Das ist so. Daran kannst du nichts ändern. Ich will das auch nicht ändern. Ich bin stolz auf meine andere Seite. Ich habe diese zweite Existenz zu meiner ersten gemacht. Verrückt, nicht? Aber auch genial. So kann ich meinen großen Vorbildern nacheifern. Das habe ich mir schon immer gewünscht.«
    »Du bist nicht mehr normal.«
    »Sag das nicht!«, fuhr er sie an. »Keiner kann von einem anderen behaupten, nicht mehr normal zu sein. Das ist einzig und allein eine Ansichtssache.«
    Lilly konnte nicht fassen, was sie da gehört hatte.
    »Meine Vorbilder«, flüsterte er weiter. »Ich glaube, ich bin dabei, sie zu übertreffen, und das vor den Augen der Bullen und eines bestimmten Bullen sogar. Besser hat es für mich gar nicht laufen können. Ich bin sicher, dass die Welt bald von mir sprechen wird. Nicht nur hier an diesem Ort, nein, die ganze Welt soll sehen, zu was ich fähig bin. Und sie wird es auch sehen.«
    Lilly Lechner hatte sich zwar nicht erholen können, aber sie hatte endlich die Kraft

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