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1638 - Leichenspur des Künstlers

1638 - Leichenspur des Künstlers

Titel: 1638 - Leichenspur des Künstlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Holz würde uns einen harten Widerstand entgegensetzen. Der einfachste Weg war durch das Fenster.
    Ich musste den Vorschlag gar nicht erst machen. Harry hatte die gleiche Idee wie ich. Er hatte bereits einen Stein aufgehoben, der so schwer war, dass er ihn mit beiden Händen halten musste.
    »Okay?«, fragte er nur.
    Ich nickte. Harry wuchtete seine Arme hoch. Er trat dicht an das Fenster heran, damit er nicht zu weit werfen musste. Für einen Moment verzerrte sich sein Gesicht, dann schleuderte er den Brocken auf das Fenster zu.
    Klirrend ging die Scheibe zu Bruch. Aus der Nachbarschaft wurden wir beobachtet, aber das war uns egal.
    Harry hatte den Stein geworfen, und ich nahm mir die Freiheit, als Erster in die Wohnung zu steigen. Es klappte recht gut, ich schnitt mich nirgendwo und kurze Zeit später sprang ich auf der anderen Seite zu Boden.
    Ich hatte vorgehabt, die Tür zu öffnen. Das musste ich jetzt hintanstellen, denn was ich nach knapp zwei Sekunden sah, war ungeheuerlich.
    Aber es war der Beweis, dass der Künstler wieder zugeschlagen hatte…
    ***
    Das Bild empfand ich als widerlich. Da konnte man nur von einer grausamen und perversen Performance sprechen. So etwas hatte ich in meinem Leben noch nie gesehen, und das sollte schon was heißen.
    Es war Lilly Lechner, und sie war mit einem Seil gefesselt, das lang genug war, um es um ihren Körper zu schlingen und das trotzdem noch von einem Haken an der Decke herabhängen konnte.
    Der Anblick schockierte mich so stark, dass mir leicht schwindlig wurde.
    Ich brauchte Zeit, um mich zu fangen. Von draußen her hörte ich Harrys Stimme, um die ich mich nicht kümmerte, denn ich ging nun dicht an die Frau heran.
    Jemand hatte ihr eine Rebe Weintrauben in den Mund gesteckt und ihr so die Luft abgeschnürt. Einige Früchte hatte sie zerbeißen können. Der Saft war aus dem Mund gelaufen und hatte seinen Weg in Richtung Kinn gefunden.
    Es war auch nicht zu sehen, ob Lilly noch lebte. Ich zerrte ihr die Trauben aus dem Mund und betrachtete ihren Körper.
    Dieses Schwein hatte ihn mit einem Messer traktiert und an den verschiedensten Stellen Schnittwunden hinterlassen. Das Blut war aus den Wunden geronnen und hatte auf dem Körper ein makabres Muster hinterlassen. Die Wunden nässten noch, und dabei kam mir ein Gedanke.
    Wenn sie blutete, lebte sie noch!
    Mein erster Griff galt der Halsschlagader. Ob sie atmete, wollte ich später feststellen - und hielt den Atem an, als ich das Zucken spürte.
    Verdammt, Lilly lebte!
    Was dann folgte, geschah wie im Traum. Ich wusste, dass ich alles richtig machte. Ich riss die Haustür auf, schrie nach einem Notarzt, und Harry reagierte sofort.
    Ich brauchte die beiden Männer nicht in das Haus zu lassen. Durch die offene Tür sahen sie, was geschehen war.
    Harry war totenblass.
    Herr Finke aber stand da, hatte die Hände vor sein Gesicht geschlagen und weinte.
    Lilly Lechner lebte. Nur das zählte im Moment, und ich hoffte, dass sie bald würde sprechen können, denn sie allein wusste, wer dieser mörderische Künstler war…
    ***
    Wir konnten nichts mehr tun. Mussten auch nicht eingreifen und überließen alles den Rettungskräften, die schon nach ein paar Minuten am Ort gewesen waren.
    Der Klang der Sirenen hatte die Nachbarschaft aufgeschreckt. Es gab kaum ein Fenster, das noch geschlossen war, und auch vor den Häusern standen die Bewohner.
    Herr Finke wusste, wo das Krankenhaus lag, in das Lilly Lechner gebracht worden war. Wir hatten nicht mehr mit ihr reden können. Sie war in einen tiefen Schacht der Bewusstlosigkeit gefallen. In der Klinik würde man sich um sie kümmern, und dort wollten Harry Stahl und ich auch hin. Es war ungemein wichtig, dass wir mit Lilly sprachen. Nur sie konnte uns sagen, wer der Killer war.
    Und der würde sicherlich bald erfahren, dass seine neuste Performance misslungen war. Keiner von uns wusste, was sich in seinem verquerten Gehirn abspielte, aber es war durchaus möglich, dass er durchdrehte.
    Ich durfte gar nicht daran denken, was diese junge Frau durchgemacht hatte. Sie hätte ersticken können, aber ihr Schutzengel war ihr ganz nahe gewesen.
    Auch der Hoteldirektor hatte sich wieder gefangen. Schon ein wenig nervös fragte er: »Ist es schlimm, wenn ich Sie jetzt allein lasse? Ich würde gern zum Krankenhaus fahren, aber ich muss mich um meinen Job kümmern. Wir haben am Abend eine Gesellschaft. Dabei erwartet man mich. Außerdem muss ich noch einiges richten.«
    Harry Stahl winkte ab.

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